Chemiepreis für nachhaltige Arzneiproduktion

Chemiepreis für nachhaltige Arzneiproduktion

Der Potsdamer Biochemiker Peter Seeberger ist für die Herstellung eines nachhaltigen und kostengünstigen Malariawirkstoffs mit dem internationalen Preis für grüne Chemie ausgezeichnet worden.

Biochemiker Peter H. Seeberger in seinem Potsdamer Labor
Der Biochemiker Peter Seebeger hat ein Verfahren entwickelt, mit dem der Malariawirkstoff Artemisinin schnell, nachhaltig und kostengünstig im Labor hergestellt werden kann.

An den Folgen der Malaria sterben jährlich noch immer etwa 650.000 Menschen – vor allem Kinder unter fünf Jahren. Obwohl es wirksame Medikamente gegen die Infektionskrankheit gibt, können sich viele diese Arzneimittel nicht leisten. Das könnte sich jedoch bald ändern. Ein Team um den Biochemiker Peter H. Seeberger vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam hat ein chemisches Verfahren entwickelt, das die Herstellung des wichtigsten Malariawirkstoffes Artemisinin nicht nur nachhaltig, sondern auch preisgünstig macht. Für diese Erfindung wurde der Potsdamer Forscher soeben mit dem „ACS Award for Affordable Green Chemistry“ der American Chemical Society (ACS) ausgezeichnet. Mit dem Preis werden seit 2007 herausragende wissenschaftliche Entdeckungen auf dem Gebiet der grünen Chemie geehrt.

Schneller als die Natur

Artemisinin ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der bisher aufwendig aus den Blättern des einjährigen Beifußes gewonnen werden musste. Seeberger und sein Team nutzen stattdessen als Ausgangsstoff gehäckselte Pflanzenreste. Auch der Katalysator kommt direkt aus der Natur. Mithilfe des pflanzeneigenen Chlorophylls wurde der Reaktionsprozess um ein Vielfaches beschleunigt, da auch die Aufreinigung entfällt. In Kombination mit Sauerstoff und Licht gelang es dem Team, den Wirkstoff Artemisinin im Labor in weniger als 15 Minuten herzustellen. In der Natur braucht die Beifußpflanze dafür drei Wochen.

Medikamente nachhaltig und preisgünstig herstellen

„Das von uns entwickelte chemische Verfahren ist umweltfreundlich und so effizient, dass wir viel konzentrierter als die Natur arbeiten können, die wir hier nachahmen“, sagt Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme am Potsdamer MPI. „Auf diese Weise können erschwingliche Malariamedikamente hergestellt werden und gleichzeitig eröffnet unser Verfahren neue Möglichkeiten, auch andere Arzneistoffe nachhaltig und trotzdem preiswerter als bisher herstellen zu können.“ An der Entwicklung des grünen Produktionsverfahrens waren zudem der Chemiker Kerry Gilmore von der University of Connecticut beteiligt, der bis vor kurzem Gruppenleiter am Potsdamer MPI war, sowie der Direktor vom MPI für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg, Andreas Seidel-Morgenstern.

Mittlerweile wird die Produktion des Malariawirkstoffes über das von Seeberger und Gilmore gegründete Spin-off ArtemiFlow mit Sitz in den USA vorangetrieben. Der Wirkstoff Artemisinin wird weltweit nicht nur zur Behandlung von Infektionen mit dem Erreger der Malaria tropica eingesetzt, sondern auch zur Krebsbehandlung genutzt.

bb