Mit chemischem Trick zur Malaria-Arznei

Mit chemischem Trick zur Malaria-Arznei

Durch die raffinierte Nutzung von Pflanzenabfällen haben Max-Planck-Forscher den Anti-Malaria-Wirkstoff Artemisinin hergestellt. Die Gewinnung der Arznei wird so deutlich günstiger.

Artemisinin (weiße Kristalle) lässt sich mit dem neu entwickelten Verfahren jetzt kostengünstiger, effizienter und umweltfreundlicher herstellen.
Artemisinin (weiße Kristalle) lässt sich mit dem neu entwickelten Verfahren jetzt kostengünstiger, effizienter und umweltfreundlicher herstellen.

Noch immer sterben jährlich etwa 650.000 Menschen an Malaria. Vor allem Kinder sind betroffen, obwohl die Krankheit mittlerweile gut zu behandeln ist. Doch die Medikamente sind teuer und daher für viele Infizierte unerschwinglich. Das könnte sich bald ändern. Max-Planck-Forschern aus Magdeburg und Potsdam ist es gelungen, den aufwendigen und kostspieligen Produktionsprozess für den wichtigsten Anti-Malaria-Wirkstoff Artemisinin noch effektiver, kostengünstiger und umweltschonender zu machen. Das Besondere: Sie nutzen Substanzen aus Pflanzenabfällen für die Herstellung von Artemisinin. „Unser Durchbruch bei der Produktion schafft die Möglichkeit, Millionen von Menschenleben zu retten. Da sich jetzt die Kosten für Anti-Malaria-Medikamente deutlich senken lassen, können viel mehr an Malaria Erkrankte davon profitieren", sagt Peter Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung.

Chlorophyll als Katalysator genutzt

Bereits 2012 sorgten die Potsdamer Max-Planck-Forscher weltweit für Aufsehen, als sie erstmals zeigten, wie der Wirkstoff durch ein photochemisches Verfahren leichter herzustellen ist. Bis dato wurden Extrakte aus einer krautigen Pflanze, dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua), gewonnen. Nunmehr erzeugte das Team den Wirkstoff aus einer Vorläufersubstanz - der in der Pflanze enthaltenen, aber bislang ungenutzten Artemisininsäure. Dafür entwickelten die Forscher einen sogenannten kontinuierlichen Durchflussreaktor, der relativ simpel aufgebaut ist. Im Fachjournal „Angewandte Chemie“ berichten die Forscher um Kerry Gilmore vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung nun, wie sie dieses Verfahren noch einmal deutlich verbessern konnten. Der Clou: Um die Artemisininsäure umzuwandeln, setzten sie das pflanzeneigene Chlorophyll als Katalysator für die chemische Umsetzung ein. Bisher waren dafür teure und umweltschädliche Fotoaktivatoren notwendig.

Schneller und effektiver zum Malaria-Wirkstoff

Mithilfe des pflanzlichen Katalysators kann der Ausgangsstoff nun direkt, ohne teure Aufreinigung, und somit schneller zur Herstellung von Artemisinin genutzt werden. Wofür die Pflanze drei Wochen braucht, gelang den Forschern in weniger als 15 Minuten. Auch ist die Methode so effektiv, dass sich damit das 50 bis 100-fache der natürlichen Konzentrationen an Artemisininsäure verarbeiten lasse, wie die Wissenschaftler berichten. Für Seeberger stellt das neue Verfahren daher einen „konzeptionellen Sprung in der Naturstoffsynthese dar“. „Er bietet die Chance, nicht nur die Herstellung von Malariamedikamenten zu revolutionieren, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten für andere Arzneistoffe, die ähnlich hergestellt werden.“

Start-up baut Produktion in den USA auf

Mittlerweile wird das neue Herstellungsverfahren in dem von Seeberger und Gilmore gegründeten Spin-off-Unternehmen ArtemiFlow großtechnisch umgesetzt. Erste Gespräche mit möglichen Partnern wie die Bill & Melinda Gates Foundation hat das im US-Bundesstaat Kentucky ansässige Start-up bereits geführt.

bb