Biobasierte Chemikalien aus altem Speiseöl
Forschende am Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock haben einen Katalysator entwickelt, der aus altem Speiseöl die für die chemische Industrie wichtigen Amine in einem Schritt synthetisieren kann.
Ob Holzreste, Weizenstroh, Molkereste oder Mikroalgen: Bei der Herstellung wichtiger Chemikalien werden immer öfter fossile Rohstoffe durch biobasierte Roh- und Reststoffe ersetzt. Vor allem die Nutzung industrieller Rest- und Abfallstoffe bietet ein enormes Potenzial, um Ressourcen im Kreislauf zu führen und damit die Umwelt zu schonen. Eine vielversprechende Rohstoffquelle ist altes Speiseöl, das in Gewerbeküchen und Restaurants in großen Mengen anfällt. Bisher wird das gebrauchte Altöl vorwiegend zu Biokraftstoffen verarbeitet. Nun haben Forschende vom Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) in Rostock einen Weg gefunden, um aus altem Frittieröl neue biobasierte Chemikalien herzustellen.
Amine aus altem Speiseöl synthetisiert
„Unser Ziel ist es, gebrauchtes Speiseöl als nützliches chemisches Ausgangsmaterial zur Herstellung wertvoller Produkte zu erschließen. Amine waren eine naheliegende Wahl“, sagt Fairoosa Poovan, Doktorandin vom LIKAT.
Amine sind organische Verbindungen, die vom Ammoniak abgeleitet sind. Diese sogenannten Derivate werden in der organischen Chemie als Ausgangsstoff zu Herstellung verschiedener Produkte wie Arznei-, Wasch- und Reinigungs- oder Desinfektionsmittel.
Kobalt-basierter Katalysator entwickelt
In der Forschungsgruppe von Matthias Beller am LIKAT entwickelte Fairoosa Poovan einen Kobalt-basierten Katalysator, der gebrauchtes Speiseöl effizient in primäre Fettsäurenamine umwandeln kann. Ziel war es, einen Katalysator zu entwickeln, der diese primären Amine aus Bioabfällen kostengünstig und effizient herstellen kann. Bisher erfolgt die Herstellung von Fettsäureaminen über den sogenannten Nitrilweg in drei Schritten. Dafür sind nicht nur „harte Reaktionsbedingungen“ wie hohe Temperaturen erforderlich. Am Ende entsteht ein Produktgemisch aus verschiedenen Aminen, die sich strukturell sehr ähneln und daher nur schwer zu trennen sind.
Biobasierte Amine in einem Schritt produziert
Der am LIKAT entwickelte Katalysator kann hingegen die Amine aus altem Speiseöl bei moderaten Temperaturen und in nur einem Schritt synthetisieren. Das primäre Amin werde aufgrund der hohen Effizienz des Katalysators mit „hervorragender Selektivität“ und zudem kosteneffizient durch den Einsatz von Kobalt als unedles Metall produziert, berichtet die Forscherin. In Laborversuchen wurde hierfür handelsübliches Sonnenblumenöl verwendet.
„Es war unser Ziel, den Prozess so einfach wie möglich zu halten und ein Ein-Topf-System zu entwickeln, mit dem wir alle Substanzen samt Katalysator als Lösung in einem Gefäß kombinieren. Dies verbessert die Ressourcen-, Atom- und Reaktionseffizienz signifikant“, sagt Fairoosa.
Sonnenblumenöl besteht, wie auch andere Speiseöle, aus verschiedenen Fettsäurekomponenten, die unterschiedlich lange Ketten von 16 bis 18 Kohlenstoffatomen besitzen. Poovan zufolge ist es wichtig, das Verhältnis der verschiedenen Fettsäuren im gebrauchten Speiseöl zu kennen, um Reaktion sowie Funktion und Effizienz des Katalysators beurteilen zu können.
Kohlenstoff im Kreislauf nutzen
Mithilfe des neuen Katalysators können demnach nicht nur Rohstoffe im Kreislauf geführt werden. Durch die Weiternutzung des Abfallstoffs wird auch verhindert, dass der im alten Speiseöl enthaltene atomare Kohlenstoff bei der Herstellung von Biospirit verbrannt wird und in die Umwelt gelangt. Den Forschenden zufolge kann der gleiche Prozess auch für das Upcycling von Kunststoffen verwendet werden.
bb