Biobasierte Amine in einem Reaktionsschritt

Biobasierte Amine in einem Reaktionsschritt

Ein neuer Katalysator eröffnet das Potenzial einer Bioraffinerie für stickstoffhaltige Bulk-Chemikalien.

Luftbild eines rotbraun-weißen quaderförmigen Gebäudes mit Innenhof
Am LIKAT wurde ein neues Verfahren entwickelt, um biobasierte Amin-Verbindungen herzustellen.

Erdöl, Erdgas und Kohle müssen innerhalb von maximal zwei Jahrzehnten durch klimaneutrale Alternativen ersetzt werden. Das gilt nicht nur für die energetische Nutzung, die derzeit besonders viel Aufmerksamkeit erhält, sondern auch für die stoffliche Verwendung. Denn die meisten Chemikalien werden heute aus Erdöl oder Erdgas erzeugt. Immer mehr Basischemikalien können jedoch schon jetzt aus biobasierten Rohstoffen und damit nahezu klimaneutral gewonnen werden. Einem Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT) um Kathrin Junge ist es nun gelungen, die Plattformchemikalie Furfural zu Aminen umzusetzen.

Amine aus biogenen Reststoffen

Amine sind stickstoffhaltige Verbindungen, die vielen Chemikalien ihre Funktion verleihen, darunter Medikamente, Agrochemikalien, aber auch Verbindungen für die Energietechnik und die Materialwissenschaften. Der Markt für Amine wächst derzeit um rund acht Prozent pro Jahr, doch die Synthese dieser Verbindungen beruht noch immer überwiegend auf fossilen Rohstoffen.

Der am LIKAT arbeitende Humboldt-Stipendiat Haifeng Qi hat nun ein Verfahren entwickelt, das auf der Plattformchemikalie Furfural aufsetzt. Furfural kann vollständig aus biogenen Reststoffen hergestellt werden. Zusammen mit Ammoniak und Wasserstoff lässt sich aus Furfural Piperidin herstellen, ein Amin, das zu Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Lösungsmitteln weiterverarbeitet wird. Auch andere Amine können ausgehend von Furfural produziert werden: „Wenn man zum Beispiel das Produkt Piperidin weiter erhitzt und gleichzeitig die Zufuhr von Wasserstoff und Ammoniak abschaltet, entsteht ein weiteres Amin namens Pyridin“, berichtet Qi.

Ein Reaktionsschritt, 97 % Ausbeute

Das Besondere an Qis Verfahren ist jedoch der Katalysator, der es ermöglicht, die Reaktion zum Amin in nur einem Schritt durchzuführen, wo bislang fünf oder sechs Reaktionsschritte erforderlich waren. In umfangreichen Analysen gelang es, diese Besonderheit des Katalysators zu erklären: „Gruppen von Kobalt-Atomen fanden sich in Nanopartikeln zusammen, an deren Oberfläche sich das Ruthenium lagerte, und zwar in Form einzelner Atome“, berichtet Junge. Qi ergänzt: „Genau diese einatomige Struktur, wie wir sie nennen, machte den Effekt. Und sie ist ziemlich stabil.“

Doch der Katalysator verkürzt nicht nur den Herstellungsprozess, er hat auch eine enorm hohe Selektivität, die Ausbeuten von bis zu 97 % ermöglicht. Dadurch kann die sonst erforderliche Aufreinigung der Amine entfallen.

Mögliche Basis für Bioraffinerien

„Ein solcher Stoffkreislauf der Amin-Produktion auf der Basis von Biomasse ist kaum bekannt“, betont LIKAT-Direktor Matthias Beller, der von deutscher Seite die Arbeit Qis betreute. Das könne die Basis einer „Bioraffinerie der Zukunft“ sein. Details zum Katalysator und den Amin-Reaktionen haben die Forschenden unlängst im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

bl