Artenschutz ist oft auch Klimaschutz

Artenschutz ist oft auch Klimaschutz

Zwei Drittel der Biodiversitätsziele, die die Vereinten Nationen im Herbst beschließen wollen, verlangsamen zugleich die Klimaerwärmung.

Reisterrassen
Die Reisterrassen der Philippinen verdanken ihre Existenz einer kontinuierlichen Wasserversorgung durch die darüberliegenden Wälder.

Klimawandel und Artensterben gelten als die beiden größten globalen Krisen der Gegenwart. Dass sich beide Probleme oftmals mit den gleichen Maßnahmen bekämpfen lassen, zeigt nun eine internationale Studie im Fachjournal „Global Change Biology“. Darin zeigen Fachleute, dass immerhin 14 der 21 Artenschutzziele, die die Vereinten Nationen voraussichtlich auf der UN-Artenschutzkonferenz im Herbst 2022 in Kunming verabschieden werden, gleichzeitig die Klimaerwärmung stark verlangsamen.

Nur gesunde Ökosysteme helfen beim Klimaschutz

Klima- und Artenschutz sollten daher noch mehr zusammengedacht werden, empfiehlt Hans-Otto Pörtner, Co-Autor der Studie und Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut (AWI): „Das Klimaproblem wird mittlerweile schon verstanden. Allerdings wird das Biodiversitätsproblem als ein komplett separates Problem behandelt – auch, wenn es um Lösungsansätze geht.“ Hinzu komme das Risiko, dass die Natur als Vehikel diskutiert werde, um die Klimaproblematik zu lösen, was sehr problematisch sei: „Die Fähigkeit der Ökosysteme, den Klimawandel zu bremsen, wird dabei überschätzt, zudem beschädigt der Klimawandel diese Fähigkeit.“ Erst wenn es gelänge, die Emissionen aus fossilen Energieträgern drastisch zu reduzieren, könne uns die Natur dabei helfen, das Klima zu stabilisieren.

Zu den doppelt wirksamen Zielen zählt beispielsweise die Absicht, ein Fünftel aller degradierten Ökosysteme wiederherzustellen. Über die Biomasse darin würde in der Folge eine Menge Kohlenstoff gebunden, der sonst als Kohlendioxid die Atmosphäre aufheizen würde. Ähnliches gilt, wenn Wälder aus Artenschutzgründen nicht abgeholzt werden und so das in ihnen gespeicherte CO2 nicht freigesetzt wird. Und auch mehr Grün- und Wasserflächen in Städten beleben zum einen die Artenvielfalt, zum anderen stärken sie sowohl den Klimaschutz als auch die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.

Großes Potenzial, aber auch Zielkonflikte

In zwölf Fallbeispielen zeigt die Studie, wie in unterschiedlichen Regionen der Welt Klimaschutz und Artenschutz Hand in Hand gehen können. Die Fachleute nennen aber auch Beispiele, wo es zu Zielkonflikten kommt. Das gilt etwa für das Ziel, die europäischen Kulturlandschaften zu erhalten. Selbst wenn die dort stark verbreiteten landwirtschaftlichen Flächen nachhaltig und artenfreundlich genutzt werden, können sie weit weniger zum Klimaschutz beitragen als stark bewaldete Landschaften.

„Dass wir den Klimawandel stoppen müssen, ist Konsens, das darf aber nicht auf Kosten der Natur gehen. Deshalb müssen wir Methoden finden, wie wir den Klimawandel bremsen und Anpassungsmaßnahmen umsetzen können, ohne dass Artenvielfalt verlorengeht“, resümiert Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ. Das gehe oft nur über Kompromisse. Eine gute Grundlage dafür legt der Bericht, den im Juni 2021 Weltklimarat und Weltbiodiversitätsrat gemeinsam ausgearbeitet haben. Darin haben die Fachleute das aktuelle Wissen zu Biodiversität und Klimawandel zusammengetragen sowie Handlungsoptionen definiert und priorisiert.

bl