Konservierte Meerestiere als Zeitzeugen

Konservierte Meerestiere als Zeitzeugen

Forscher wollen mithilfe historischer Sammlungen untersuchen, wie sich die Tierwelt in Nord- und Ostsee in den letzten 170 Jahren verändert hat.

Sammlungen von Universitäten sind eine einzigartige Quelle, um Forschungsfragen zu beantworten oder ganz neue zu stellen.
Sammlungen von Universitäten sind eine einzigartige Quelle, um Forschungsfragen zu beantworten oder ganz neue zu stellen.

Seeigel, Korallen oder Krebse leben seit Ewigkeiten in Nord- und Ostsee. Einige der uralten Exemplare kann man heute noch in Museen bestaunen. Getrocknet oder konserviert in Gläsern mit Alkohol sind sie zwar nicht jedermanns Sache. Für die Forschung sind sie jedoch ein Schatz, dessen Geheimnis dank moderner Technologien nach und nach gelüftet werden kann. Hier setzt ein neues vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Verbundprojekt an.

Blick in die Vergangenheit

Unter der Leitung des Zoologischen Museums der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) wollen Wissenschaftler in den kommenden drei Jahren untersuchen, wie sich die Tierwelt in Nord- und Ostsee durch menschliche Einflüsse oder Klimabedingungen verändert hat. Im Fokus stehen dabei populationsgenetische Unterschiede sowie funktionelle Anpassungen der letzten 170 Jahre. „Während heute gezielt für bestimmte Forschungsfragen gesammelt wird, sind historische Sammlungen in der Regel besonders breit angelegt und bieten eine Vielzahl von Erforschungsmöglichkeiten“, erklärt Verbundprojektleiter und Chef des Zoologischen Museums, Dirk Brandis.

Grundlage hierfür sind gleich drei historische Sammlungen mariner Organismen. Während das Zoologische Museums in Kiel mit Objekten aus Ost- und Nordsee von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg aufwarten kann, bringt  das Forschungsinstitut Senckenberg Frankfurt a.M. als Projektpartner Exemplare ab 1945 ein. Weitere Funde  werden vom Verbund der deutschen Nord- und Ostseesammlungen (NORe e.V.) für die Untersuchung bereitgestellt. Am Verbundprojekt ist unter anderem auch das Deutsche Primatenzentrum in Göttingen beteiligt.

Veränderungen in der DNA erkennen

Etwa 8.000 bis 10.000 historische Meerestiere stehen im Projekt zur Verfügung. In den nächsten Jahren sollen sie systematisch erfasst und mittels DNA-Analyse und Magnetresonanztomographie (MRT) analysiert werden. „Durch Methoden wie das MRT können wir Veränderungen in den inneren Organen erkennen oder Mageninhalte sichtbar machen. Daraus lässt sich zum Beispiel auf ein geändertes Fortpflanzungs- oder Ernährungsverhalten schließen, das oft durch einen Wandel in der Umwelt erklärbar ist“, sagt Brandis.

Die Forscher hoffen so, nicht nur offene Fragen beantworten, sondern neue Fragen für die Zukunft formulieren zu können. „Wir schauen damit in eine Zeit zurück, die wir bisher vor allem theoretisch erfasst haben. Dank der speziellen genetischen Analyse, die DNA aus historischen oder subfossilen Objekten gewinnt, können wir Organismen aus einer anderen Zeit fast so untersuchen, als hätten wir sie gerade erst aus der Förde gefischt“, sagt Brandis.

bb