Strom aus Abwasser
Uwe SchröderBeruf:
Chemiker
Position:
Professor für Nachhaltige Chemie und Energieforschung, Geschäftsführender Leiter des Institutes für Ökologische und Nachhaltige Chemie an der TU Braunschweig
Beruf:
Chemiker
Position:
Professor für Nachhaltige Chemie und Energieforschung, Geschäftsführender Leiter des Institutes für Ökologische und Nachhaltige Chemie an der TU Braunschweig
Der Chemiker Uwe Schröder von der TU Braunschweig forscht daran, wie Bakterien aus Abwasser Strom erzeugen.
Immer mehr Menschen auf dem Planeten bedeutet auch immer mehr Abfall und nicht zuletzt immer mehr Abwasser. Dessen herkömmliche Aufbereitung in Kläranlagen ist energetisch aufwendig und teuer. Nun gibt es einen neuen Ansatz, bei dem Bakterien im Fokus stehen. Diese Mikroorganismen können nämlich nicht nur Abwasser reinigen, sondern gleichzeitig auch Strom erzeugen. Experten des CUTEC Umweltwelttechnik Forschungszentrums der Technischen Universität Clausthal testen die neue Technologie der Bio-Brennstoffzelle bereits im Einsatz einer Kläranlage in Goslar im Harz. Damit konnte das Team in der Kategorie Forschung beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2018 punkten.
Aufbauen konnten die Wissenschaftler unter anderem auf einer 3-Mio-Euro-Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für das Projekt "BioBZ" im Rahmen der Maßnahme „Zukunftsfähige Technologien und Konzepte für eine energieeffiziente und ressourcenschonende Wasserwirtschaft” (ERWAS). Dass Bakterien überhaupt als Stromlieferant in Frage kommen, daran hat Uwe Schröder keinen unerheblichen Anteil. Der Chemiker an der TU Braunschweig will die bakteriellen Mechanismen verstehen, die das neue Verfahren ermöglichen und kooperiert schon seit langem mit den Ingenieurs-Kollegen in Clausthal. Gemeinsam wollen sie die Basis dafür schaffen, die Bio-Brensstoffzelle möglichst effizient in der Industrie zu nutzen.
Wie kam es zu der Idee, mit Bakterien aus Abwasser Strom zu gewinnen?
Bereits in den sechziger Jahren wurde im Auftrag der NASA Forschung zur Energierückgewinnung aus menschlichen Abfällen und Fäkalien während eines Raumfluges durch biologische Brennstoffzellen betrieben.
Bakterien bauen in der Umwelt und im Abwasser permanent organische Stoffe ab – das ist Teil des Kohlenstoffkreislaufes unserer Erde. Aus diesem Umstand leitete sich die Idee ab, diese bakterielle Aktivität für eine Energie(-rück)gewinnung aus Abfallströmen wie Abwasser nutzbar zu machen. Der zweite Schritt war, die Bakterien dazu zu bringen, Elektronen zu produzieren und auf eine Elektrode zu übertragen.
Was mussten Sie bei der Planung der Anlage und der Bio-Brennstoffzellen beachten?
Ich bin vom Hause aus Grundlagenforscher. Das heißt, wir arbeiten mit relativ kleinen Mengen daran, zu verstehen, wie Bakterien Strom erzeugen. Basierend darauf entwickeln wir neue Elektrodenmaterialien, um diese Stromerzeugung so effizient wie möglich werden zu lassen.
Beim Übergang zu einer großen Anlage, beispielsweise in einem Klärwerk, stehen ganz andere Fragen im Mittelpunkt: Wie muss ein entsprechender Reaktor aussehen, der effektiv arbeitet und sich gut in die bestehende Struktur übertragen lässt? Wie reagieren die Bakterien auf sich ändernde Umweltbedingungen wie schwankende Temperaturen und unterschiedliche Frachten? Diese Fragen lassen sich nur Hand in Hand und in Kooperation mit Ingenieuren realisieren.
Der Wirkungsgrad und somit die Reinigungskraft der Bakterien scheint momentan noch begrenzt – wie kann dieser in naher Zukunft erhöht werden?
Zum einen sind die Reaktoren, also die Brennstoffzellen, mit ihren Komponenten und Geometrien überhaupt noch nicht ausgereizt. Da sehen wir noch eine Menge Entwicklungspotential. Beispielsweise arbeiten wir im Moment in dem vom BMBF geförderten Projekt „ElektroPapier“ an der Entwicklung leistungsfähiger, skalierbarer und preiswerter Elektroden auf der Basis von Papier.
Auch kann die Art, wie wir die nötigen stromliefernden Bakterien, die übrigens direkt aus dem Abwasser stammen, auf den Elektroden anwachsen lassen, weiter verbessert werden. Das hilft ebenfalls, die Effizienz der Brennstoffzellen zu verbessern.
Könnten dann in Zukunft dieselben Bakterien gleichzeitig sowohl zur Energiegewinnung als auch zur Trinkwasseraufbereitung eingesetzt werden?
Warum nicht? Was hier sicherlich eine Rolle spielen könnte, wäre das Vermögen einer mikrobiellen Brennstoffzelle, neben der „normalen“ organischen Fracht auch sogenannte Mikroschadstoffe abzubauen – das sind unter anderem pharmazeutische Rückstände wie Antibiotika und andere Arzneistoffe. Dieses Potenzial untersuchen wir ebenfalls an unserem Institut.
Welche Projekte stehen als nächstes an?
Es gibt viele Ideen, die von sehr grundlegenden Fragestellungen über die Natur und Herkunft der stromproduzierenden Bakterien, der weiteren systematischen Entwicklung leistungsfähiger Elektroden bis hin zum möglichen Einsatz der Technologie, beispielsweise zur Behandlung von Industrieabwässern, reichen. Das sind in vielen Fällen sehr interdisziplinäre Projekte, die nur durch das Zusammenwirken verschiedener Natur- und Ingenieurwissenschaften erfolgreich sein können.
Außerdem hoffen wir natürlich auch, dass der Deutsche Nachhaltigkeitspreis 2018, der unserem Verbundprojekt BioBZ kürzlich verliehen wurde, dieser Technologie auf dem Weg zur weitreichenden industriellen Anwendung ein paar Türen öffnet!
Interview: Judith Reichel