Ohne Schmierstoffe funktioniert keine Anlage und läuft kein Motor. Vor allem die metallverarbeitende Branche ist auf die fettigen oder öligen Mittel angewiesen. Die Mehrheit der Schmierstoffe besteht allerdings aus Mineralölen fossilen Ursprungs. Doch auch Bio-Schmiermittel aus Sonnenblumen- oder Rapspflanzen drängen auf den Markt. Sie können durchaus mit dem erdölbasierten Konkurrenten mithalten. Noch sind sie jedoch Nischenprodukte. Das Problem: Bio-Schmierstoffe sind meist teurer. Außerdem geht der Lebensmittelindustrie durch die Nutzung der Pflanzenfrüchte zur Schmierstoffproduktion ein wertvoller Rohstoff verloren.
Konkurrenzlos zur Ernährungswirtschaft sind dagegen Altfette, wie sie in Gaststätten und Imbissbuden täglich in großen Mengen anfallen. Im Rahmen der europäischen ERA-Net-Förderinitiative EuroTransBio haben Forscher der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin gemeinsam mit dem Schmierstoffhersteller Greibo Chemie GmbH nach einem Weg zur Herstellung von Schmierstoffen aus Abfallfetten gesucht. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über drei Jahre mit 175.000 Euro gefördert. „Unser Ziel war es, bestimmte mineralölbasierte Produkte durch Recyclingprodukte aus Altfett zu ersetzen und Schmierstoffe zu gestalten, die biologisch abbaubar sind aber auch den CO2-Ausstoß verbessern und hautverträglicher sind“, erklärt Projektleiter Christian Adam.
Frittenfette gewinnen Reinheitstest
Im Projekt experimentierten die Forscher mit Frittenfett. „Frittenfett ist ein Abfallstoff, der kostengünstig ist und mit dem man sonst wenig anfangen kann. Auf Grund der pflanzlichen Stoffe sind die Schmierstoffe auch biologisch abbaubar“, so Adam weiter. Nicht nur als natürlicher Abfallstoff überzeugte der Stoff. Bei der Untersuchung verschiedener Abfallfette, darunter auch Fischöl, zeigten sich hier nur minimale Verunreinigungen wie durch kurzkettige Fettsäuren, die bei der Veresterung nur schwer abgetrennt und zu unerwünschten Nebenprodukten führen und so die Qualität der Schmierstoffe beeinträchtigen können.
Hefeenzym meistert Hydrolyse und Veresterung
Um die Frittenfette zu verestern, musste aus dem pflanzlichen Fett zunächst das unbrauchbare Glycerin mittels Hydrolyse abgetrennt werden, um so langkettige Fettsäuren herzustellen, die mit Alkohol zu Ester umgesetzt werden können. Für diesen anspruchsvollen Prozess bedienten sich die Forscher eines Multitalents. Das Hefeenzym Candida antarctica Lipase A (CAL-A) hatte das seltene Potenzial, sowohl die Hydrolyse als auch die Veresterung zu meistern. „Hier konnte man mit großen Wasseranteilen arbeiten, die das Glycerin aufnehmen und dabei gleichzeitig Fett zu Ester umsetzen“, erklärt Adam.
Reaktor zur Herstellung von Schmierstoffen aus Altfett
Öltropfengröße beeinflusst Fettsäureausbeute
Zudem untersuchten die Forscher die Wirkung des Enzyms bei der Hydrolyse als auch bei der Veresterung ausgiebig. Dafür wurden jeweils Frittenfett und Enzym in einen Rührreaktor zusammengebracht und die optimalen Prozessbedingungen ermittelt. „Dazu waren viele Experimente nötig. Wir mussten abwägen, wie man den Prozess so optimal wie möglich gestalten kann und so wenig wie möglich Stoffe hat, die stören“, erklärt Adam. Neben Temperatur, pH-Wert und Verweildauer war die Scherrate mit Einfluss auf die Größe der Öltropfen ein bedeutender Faktor. Diese wird von der Geschwindigkeit des Rührers bestimmt. „Hier war es wichtig, dass ein hoher Energieeintrag über den Rührer hineingelangt, um ganz kleine Tröpfchen zu haben.“ Im Ergebnis zeigte sich: Je kleiner die Öltröpfchen, um so höher war die Ausbeute an Fettsäuren.
Anleitung zur altfettbasierten Schmierstoffherstellung
Unterm Strich konnten die Forscher die optimalen Parameter für den enzymatischen Prozess bestimmen und im Großmaßstab erfolgreich testen. „Wir haben jetzt einen Datensatz erzeugt, mit dem man nachvollziehen kann, wie man solche Prozesse fährt und was man für Produkte erreichen kann“, fasst Adam zusammen. Die altfettbasierten Schmierstoffe wären damit sowohl für Hydraulik- und Motorenöle, aber auch Verlust-, Kühl- und Kettensägen-
schmierstoffe geeignet.
Dennoch: Trotz erfolgreicher Tests in Großanlagen beim Projektpartner Greibo Chemie bleibt das Konzept bis auf weiteres in der Schublade. Der Grund: Die Herstellungskosten für Fettsäureester aus biobasierten Ausgangstoffen sind mit 3 bis 5 Euro pro Kilogramm dreimal höher als mineralölbasierte Produkte. Materialforscher Christian Adam ist dennoch zuversichtlich: „Wenn die Mineralölpreise wieder ansteigen, kann das schnell wirtschaftlich werden. Außerdem ist der enzymatische Prozess übertragbar – und keineswegs nur auf Frittenfette beschränkt.“
Autorin: Beatrix Boldt