Aktuelle Veranstaltungen
Kirschessigfliegen gehören zu der Familie der Fruchtfliegen (Drosophila), und sind eine landwirtschaftliche Plage. Sie haben sich in den letzten zehn Jahren vom Südosten Asiens nach Europa und Nordamerika ausgebreitet. Während viele Fruchtfliegenarten matschige und bereits leicht faulende Früchte für ihre Eiablage aussuchen, bevorzugt die Kirschessigfliege D. suzukii hingegen reife Früchte. Auf Grund des resultierenden Larvenfraß und Infektionen an der Einstichstelle verfaulen diese dann aber schnell. Dadurch richten die Kirschessigfliegen in der Landwirtschaft bei Früchten wie Kirschen, Himbeeren, Pfirsichen, Trauben oder Erdbeeren verheerende Schäden an.
Unterschiedliche Vorlieben beim Eiablageplatz
Für die Eiablage nutzen alle Fruchtfliegenweibchen ihren Legestachel, um die Haut der Früchte zu durchdringen. Ein Team aus Münchner Biologen (LMU und TU) um Nicolas Gompel und Ilona Grunwald Kadow hat mit franzöischen Kollegen untersucht, warum Kirschessigfliegen sich in ihrem Verhalten von ihren nahen Verwandten unterscheiden. Ihre Ergebnisse auf der Basis von genetischen und verhaltensbiologischen Experimenten haben sie im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht.
Die Forscher gingen davon aus, dass evolutionäre Veränderungen den beobachteten Unterschieden zu Grunde liegen. Sie untersuchten dazu, wie drei nahe Verwandte – die Fruchtfliegenarten Drosophila melanogaster, D. biarmipes und D. suzukii, ihren bevorzugten Eiablageplatz auswählen.
Fliege kann reife Früchte „schmecken“
Im Vergleich zu ihren Verwandten besitzen D. suzukii einen vergrößerten und gezahnten Legestachel, mit dem sie auch die straffe Haut reifer Früchte durchstechen können. Zudem scheinen diese Fliegen gezielt reife Früchte für die Eiablage auszuwählen. „Aus unseren Ergebnissen schließen wir, dass sich im Verlauf der Evolution der Wahrnehmungsapparat von D. suzukii zunehmend verändert hat, sodass die Fliegen eine Vorliebe für die typischen Eigenschaften reifer Früchte entwickelten“, sagt Gompel.
Denn mit ihren Versuchen konnten die Forscher zeigen, dass sowohl die Festigkeit des Obstes als auch sein chemischer Duft-Cocktail, der für das jeweilige Reifestadium typisch ist, bei der Auswahl des Ablageplatzes eine Rolle spielen. Mit anderen Worten fühlen, riechen und „schmecken“ die Fliegen also ihre bevorzugte Eiablagestelle heraus.
Genetische Ursachen für Anatomie und Verhalten ermitteln
D. melanogaster legt die Eier bekanntermaßen in faulende und etwas matschige Früchte, während D. suzukii die straffe Haut reifer Früchte bevorzugt. D. biarmipes hingegen liegt genau dazwischen. Diese Fliegen sind zwar nicht so fixiert auf faulendes Obst wie D. melanogaster, können ihre Eier aber aufgrund der Anatomie ihres Legestachels nur in weiche oder beschädigte Früchte legen. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass sich Verhalten und Stachelanatomie zusammen weiterentwickelt haben. Allerdings vermutet Gompel, dass der vergrößerte Legestachel eine sekundäre Errungenschaft darstellt. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler nun auch den genetischen Grundlagen der veränderten Wahrnehmung auf den Grund gehen. „Möglicherweise beruhen sie auf Modifikationen in Genen, die für Rezeptoren der Sinneswahrnehmung codieren“, sagt Gompel. „Wir wollen auch erforschen, wie sich diese Modifikationen auf die beteiligten Nervenzellen auswirken.“
jmr
Damit Urzeitpflanzen aus dem Wasser auf das Land übersiedeln konnten, mussten sie eine Schutzschicht entwickeln, die sie vor der Austrocknung schützt. Diese wachsartige Oberfläche, die sogenannte Kutikula, entwickelte sich bei Pflanzen vor mehr als 450 Millionen Jahren und ermöglichte es ihnen, sich auch auf dem Land auszubreiten und komplexe Ökosysteme auszubilden.
Deutsch-französisches Forscherteam
Ralf Reski von der Universität Freiburg und Danièle Werck-Reichhart vom Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) Institut für Pflanzenmolekularbiologie (IBMP) in Straßburg leiteten das Forschungsteam, das seine Ergebnisse im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht hat. Darin beschreiben sie den biochemischen Reaktionsweg, der bei Moosen für die Entwicklung der Kutikula verantwortlich ist.
Die Forscher untersuchten die Entstehung der Kutikula an der Moospflanze Physcomitrella patens, welche Reski bereits vor 30 Jahren zu einem weltweit anerkannten Modellorganismus etabliert hat. Das Besondere an Moosen ist, dass bei ihnen kein Lignin vorkommt. Das Biopolymer Lignin, sowie Cutin und Suberin werden jedoch von den evolutionär jüngeren Samenpflanzen verwendet, um ihre Schutzschicht herzustellen. Vor allem das Lignin führt zu einer Verholzung der Zellwände und ermöglicht es Bäumen, hoch zu wachsen. Bisher war allerdings nicht bekannt, welcher biochemische Reaktionsweg bei Moosen zur Ausbildung der Kutikula führt.
Ein gemeinsamer Vorfahre von Moosen und Samenpflanzen
Im Detail zeigen die Ergebnisse, dass das Enzym CYP98 aus der Familie der Cytochrome P450 eine entscheidende Rolle für die Kutikulaentwicklung spielt: Während es in Samenpflanzen die Produktion von Lignin einleitet, ist es im Moos zuständig für die Ausbildung einer Kutikula, die zu einem großen Teil aus Phenolen besteht. Schalten die Forscher das für die Synthese des Enzyms maßgebliche Gen ab, entwickelt das Moos keine Kutikula. Dadurch ist die Pflanze weder gegen äußere Einflüsse geschützt, noch kann sie komplexe Organe ausbilden. Ein wichtiger Bestandteil des Phenolstoffwechsels ist Kaffeesäure. Wenn Forscher die betroffenen Moose mit Kaffeesäure versorgten, konnten sie den Gendefekt kompensieren.
Die Schlussfolgerung: die Entwicklung der Kutikula bei den Moosen ging der Evolution von Lignin, Cutin und Suberin in Samenpflanzen zeitlich voraus. Somit wurde die Kutikula also vermutlich das erste mal von Ur-Landpflanzen, den gemeinsamen Vorfahren von Moosen und Samenpflanzen, gebildet. Diese Ur-Landpflanzen, konnten auf Grund der Kutikula das Wasser verlassenen, auf Steinen wachsen und so die Grundlage für alle heutigen Ökosysteme auf den Kontinenten schaffen. Neben der Bedeutung für die Pflanzenevolution erhofft sich Reski weitere Vorteile durch die neuen Erkenntnisse: „Zudem ermöglichen sie eine neue biotechnologische Strategie, Biopolymere in Pflanzen herzustellen – abseits der wissenschaftlich gut untersuchten Produktion von Lignin bei Bäumen.“
Moose als Überlebenskünstler
Außerdem strebt Reski unter der Federführung der Universität Freiburg und des zusammen mit dem Korea Polar Research Institute (KOPRI/Südkorea) und mit dem Koreaner Hyoungseok Lee weiterführende Kooperationsprojekte an. In ihrem nächsten Forschungsprojekt untersuchen sie das Genom eines antarktischen Vertreters der Moosart Sanionia uncinata, und vergleichen es mit dem Genom des Modellmooses Physcomitrella patens, das nicht in der Antarktis wachsen kann. Reski erwarten von dieser Kooperation neue Erkenntnisse über die Anpassung der Pflanzen an raue Umweltbedingungen. Denn obwohl die Antarktis mehr als 100 Moosarten beheimatet, ist bisher noch nicht bekannt wie Pflanzen unter solch widrigen Witterungs- und Boden-Bedingungen überhaupt überleben können. „Wir werden in dem Moos nach noch unbekannten Signalmechanismen suchen, die sich seit Millionen von Jahren entwickelt haben, um das Leben in entlegenen und unwirtlichen Orten zu ermöglichen.“
jmr
Den Kohlendioxid-Ausstoß zu drosseln ist eines der zentralen Ziele, die auch die Bundesregierung mit ihrer Klimapolitik und der aufgelegten Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt. Trotz aller Bemühungen, stiegen die Emissionen nach einer Studie des Umweltbundesamtes 2016 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 4 Millionen Tonnen auf rund 906 Millionen Tonnen an. Energiewirtschaft und chemische Industrie gelten noch immer als Hauptverursacher des Klimagases. Im Kopernikus-Projekt P2X fördert die Bundesregierung daher vielversprechende Ansätze, den Klimakiller Nummer eins sinnvoll als Rohstoff oder Baustein für innovative Produkte in der Chemie- und Energiewirtschaft zu nutzen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Vorhaben im Rahmen der Förderinitiative „Chemische Prozesse und stoffliche Nutzung von CO2“ mit 30 Mio. Euro. Weitere 8,3 Mio. Euro werden von Industriepartnern beigesteuert. „Mit unserer Maßnahme tragen wir dazu bei, langfristig einen Strukturwandel unserer Industrie einzuleiten – weg vom Öl und hin zu einer grünen Wirtschaft", sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka bei der Eröffnung der 3. Statuskonferenz der Förderinitiative Anfang April in Berlin.
Mit Strom CO2 in Kohlstoffverbindungen verwandeln
Experten sind sich einig: CO2 könnte als Quelle für Kohlenstoff die teure und endliche Ressource Erdöl zum Großteil bei der Herstellung von Chemikalien und Kunststoffen ersetzen. Im Kopernikus-Projekt P2X werden daher die Kompetenzen aus Energiewirtschaft und chemischer Industrie auf dem Feld der sogenannten „Co-Elektrolyse“ gebündelt. Dabei wird Kohlendioxid mithilfe regenerativ erzeugten Stroms zu Kohlenstoff verwandelt. Mit der RWTH Aachen, dem Forschungszentrum Jülich und der Dechema sind insgesamt 17 Forschungseinrichtungen, 26 Industrieunternehmen sowie drei zivilgesellschaftliche Organisationen an dem visionären Projekt beteiligt. Erste Ergebnisse der dabei zur Anwendung kommenden sogenannten Power-to-X-Technologie stellten die Forscher kürzlich im Fachjournal „Angewandte Chemie“ vor.
Die Schwerpunktprogramme (SPP) der DFG sind so etwas wie ein Seismogramm für die derzeit wohl spannendsten Zukunftsfelder in der akademischen Grundlagenforschung. Die SPPs zeichnen sich durch eine stark interdisziplinär geprägte Forschung, aktuelle Fragestellungen sowie die Anwendung innovativer Methoden aus. Die Beschäftigung mit originellen Themen wird durch ortsübergreifende Zusammenarbeit erreicht. Neben der Forschungsnachwuchsförderung ist auch die Geschlechtergleichstellung ein zentrales Auswahlkriterium der SPPs. Inklusive der neuen Schwerpunktprogramme (SPP) werden derzeit 97 SPPs von der DFG gefördert.
100 Millionen Euro für 17 Netzwerke
In der aktuellen Auswahlrunde wurden 66 Anträge eingereicht, aus denen jetzt 17 von den Gutachtergremien ausgewählt wurden. Diese nehmen 2018 ihre Arbeit auf und werden für den ersten Förderzeitraum von drei Jahren mit insgesamt 100 Mio. Euro gefördert. Meist werden die Projekte im Anschluss für weitere drei Jahre gefördert. Die SPPs selber stellen dabei jeweils ein Oberthema dar, zu dem in den nächsten Monaten Einzelanträge ausgeschrieben werden. Die daraufhin eingehenden Förderanträge werden anschließend mit Blick auf ihre wissenschaftliche Qualität und den potenziellen Erkenntnissgewinn bezüglich des Oberthemas streng begutachtet.
Drei der im Rahmen der Lebenswissenschaften geförderten SPPs sind für die Bioökonomie besonders relevant: Sie reichen von der Erforschung des Genomscheren-Systems CRISPR-Cas über die Forschung der Rhizosphäre bis hin zur Entschlüsselung des Mikrobioms von Pflanzen.
Weiteren Funktionen von CRISPR-Cas auf der Spur
Entdeckt wurde die Genschere CRISPR-Cas als bakterielle Abwehrmethode gegen Viren. Inzwischen wird sie vor allem in der Pflanzenforschung als vielseitiges Genome-Editing-Tool eingesetzt. Doch das CRISPR-Cas System ist nicht nur bei der Virenabwehr aktiv, sondern beispielsweise auch bei der DNA-Reparatur und der kollektiven Verhaltenssteuerung. Deshalb sollen mit dem neuen SPP die verschiedenen Funktionen, in die CRISPR-Cas involviert ist, sowie deren biologisches Potenzial genauer untersucht werden. Die Koordination dieses SPPs liegt bei Anita Marchfelder von der Universität Ulm. Im Koordinationsteam mitwirken wird auch die Max-Planck-Forscherin Emmanuelle Charpentier aus Berlin. Die Französin gilt als die Entdeckerin des für die Molekularbiologie revolutionären Präzisionswerkzeugs. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Charpentier bald eine eigene Max-Planck-Forschungsstelle leiten wird. In dem Schwerpunktprogramm sollen auch ethisch-moralische Fragen behandelt werden. Außerdem sollen geeignete Kommunikationsstrategien entwickelt werden, um das komplexe Thema sachgemäß und verständlich in die gesellschaftliche Diskussion zu bringen.
Das pflanzliche Mikrobiom entschlüsseln
Das Mikrobiom, präziser Mikrobiota genannt, umfasst die mikrobielle Gemeinschaft eines bestimmten Lebensraums. Im Falle eines pflanzlichen Mikrobioms geht es um alle Mikroorganismen, die eine Pflanze besiedeln. Die Entstehung und das Zusammenspiel des Mikrobioms ist vor allem für die Nutzpflanzenforschung von großem Interesse. Die Koordination des SPPs "Dekonstruktion und Rekonstruktion der pflanzlichen Mikrobiota (DECRyPT)" übernimmt Alga Zuccaro von der Universität zu Köln liegen. Von 2011 bis 2016 leitete sie ihre eigene Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg und seit 2014 ist sie Professorin am Botanischen Institut der Universität Köln.
Lebensraum Wurzel auf den Grund gehen
Als Rhizosphäre wird der unmittelbar durch eine Wurzel beeinflusste Raum im Erdboden bezeichnet. Dabei werden sowohl biologische, also auch chemische und physikalische Einflüsse mit eingeschlossen. In diesem Bereich finden hochkomplexe Interaktionen zwischen der Pflanzenwurzel und etlichen Mikroorganismen statt. Für die Gesundheit der Pflanze und somit die für die Ertragsgröße ist die Rhizosphäre von großer Bedeutung. Deswegen hat es sich das SPP "Räumlich-zeitliche Organisation der Rhizosphäre – der Schlüssel zum Verständnis von Rhizosphärenfunktionen" zum Ziel gemacht, das komplexe System der Rhizosphärenfunktion zu verstehen. Doris Vetterlein vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) wird das Netzwerk koordinieren. AM UFZ leitet Vetterlein seit 2009 die Arbeitsgruppe „Soil-Plant-Interactions“, und seit 2013 ist sie außerdem Professorin an der Universität Halle-Wittenberg.
jmr/pg
Das kalte Wetter vor allem in der zweiten Aprilhälfte besorgt zur Zeit viele Obstbauern in Deutschland – sie fürchten Ernteeinbußen durch Frostschäden an den Blüten und Trieben. Auch die Weinstöcke in den deutschen Anbaugebieten sind von den extremen Wetterkapriolen betroffen. Ein internationales und multidisziplinares Forscherteam mit deutscher Beteiligung vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht deswegen, welche Anbauregionen vom Klimawandel und Wetterextremen besonders betroffen sind, und wie sich die Weinbaugebiete in Zukunft verändern werden.
Weinanbau weltweit von Wetter bedroht
Weltweit gibt es kein Weinbaugebiet, das nicht von Extremwetter oder Naturkatastrophen bedroht ist. Die daraus resultierenden Ernteeinbußen der Weinindustrie liegen bei jährlich mehr als 10 Mrd. US-Dollar. James Daniell vom KIT hat zusammen mit australischen und englischen Kollegen aus diversen Disziplinen, sowie dem Karlsruher Unternehmen Risklayer GmbH einen globalen Risikoindex für Weinregionen erstellt – ihre Studie erfasst mehr als 7500 Weinbaugebiete in 131 Ländern. Auf der Website „WineRisk“ fassen die Forscher die Ergebnisse der Studie zusammen und stellen mögliche Lösungen für die Weinregionen vor. Für seine Arbeit wurde Daniell auf der diesjährigen Jahresversammlung der European Geosciences Union (EGU) in Wien zudem mit dem „Early Career Scientist Award in Natural Hazards for 2017“ ausgezeichnet.
Getreide ist ein Grundnahrungsmittel für Mensch und Tier. Es gibt unzählige Sorten die überall auf der Welt landwirtschaftlich angebaut und weiterverarbeitet werden. Weltweit führt dabei der Anbau von Mais und Reis, während in Deutschland der Weizenanbau an erster Stelle steht. Denn obwohl Müslis und Brötchen mit Hafer- und Gerstenflocken durchaus gern verzehrt werden, stellen sie nur einen geringen Teil des Getreideanbaus und der Weiterverarbeitung in der Nahrungsmittelindustrie. Dabei haben Gerste und Hafer durch ihren hohen Gehalt an Beta-Glucan das Potenzial, zur Prävention ernährungsbedingter Krankheiten wie Diabetes, Darmkrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen beizutragen. Ernährungswissenschaftler der Universität Jena untersuchen deshalb genau dieses gesundheitsfördernde Potenzial in geröstetem Hafer und Gerste.
Neuland bei der Getreideröstung
Zu den wichtigsten gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen von Gerste und Hafer gehört das Beta-Glucan, ein langkettiges Polysaccharid. Dieser Ballaststoff gelangt unverdaut in den Dickdarm und wird dort durch Bakterien fermentiert, wobei kurzkettige Fettsäuren entstehen. Die bei der Fermentation entstehenden Stoffe haben positive Effekte auf die Darmgesundheit. Allerdings ist noch völlig unbekannt, was bei der Röstung mit den positiven Eigenschaften der Körner geschieht, und ob diese möglicherweise verloren gehen. Die Wissenschaftlerinnen Wiebke Schlörmann und Christine Dawczynski fassen die Schwierigkeit des Projekts zusammen: „Beim Rösten sollen die Eigenschaften verbessert werden, ohne dass wir Verluste bei den Inhaltsstoffen haben."
Jenaer Forscher schließen sich mit Industriepartnern zusammen
Das Forschungsprojekt, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) für zunächst zwei Jahre mit 350.000 Euro gefördert wird, steht unter der Leitung der Ernährungswissenschaftler Michael Glei und Stefan Lorkowski von der Universität Jena. Glei beschreibt ihr Vorhaben: „Wir wollen Röstbedingungen für diese Getreide etablieren, die zu sensorisch hochwertigen Produkten führen."
Zu diesem Zweck haben sie mehrere kleine und mittelständische Unternehmen als Partner gewonnen, einschließlich eines führenden Herstellers für Röstmaschinen, sowie verschiedenen Mühlen und Bäckereien. Erste Pilotstudien lieferten bereits gute Ergebnisse. Im Rahmen dieses Projektes wird außerdem eine Studie durchgeführt, die die Kurz- und Langzeiteffekte einer Ernährung mit hohem Anteil an Gerste- und Haferprodukten untersucht.
jmr
Die Entwicklung von Nutzpflanzen, die künftigen Anforderungen gewachsen sind, verlangt nach innovativen Forschungsansätzen. Die wachsende Weltbevölkerung und der Klimawandel lassen Forscher mit Hochdruck nach Möglichkeiten suchen, um die Ernährung der Menschen abzusichern. Das Wissen um die Genomsequenz bedeutender Nutzpflanzen ist eine wichtige Basis für die Züchtung neuer Sorten, mit denen sich auch bei schwankender Witterung stabile Ernten einfahren lassen und die gegen Krankheiten und Schädlinge gewappnet sind.
Getreidegenom im Fokus der Forschung
Die Gerste Hordeum vulgare ist nach dem Weizen hierzulande das zweitwichtigste Getreide. Sie steht seit Jahren im Fokus der Förderung der Pflanzengenomforschung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Im Rahmen des in der Initiative „PLANT 2030“ geförderten Verbundprojektes „TRITEX“ stand die Hochdurchsatz-Sequenzierung der Gerste und weiterer mit ihr verwandter Getreide-Genome. Das Vorhaben unter der Leitung von Nils Stein vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben wurde von 2011 bis 2015 mit insgesamt 3 Mio. Euro gefördert.
Gemeinsam mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum München konnte das Team um Stein dabei auf die Ergebnisse vorangegangener Projekte aufbauen. Vor allem die Vorarbeiten des Projektes GABI-BARLEX lieferten den Forschern bereits eine erste Version einer „physikalischen Karte“.
Physikalische Karte der Gerste erweitern
Wenn Molekularbiologen von einer physikalischen Karte sprechen, meinen sie damit eine Art Genortsverzeichnis – für dessen Erstellung das gesamte Erbgut in tausende kleiner Abschnitte gerastert wird und diese gemäß ihrer „Koordinaten“ auf einer Chromosomenkarte angeordnet werden. Keine einfache Aufgabe: denn das Genom der Gerste erstreckt sich auf über sieben Chromosomen mit einer Gesamtlänge von 5 Milliarden Basenpaaren (5,1 Gbp) – das ist fast doppelt so groß wie beim Menschen.
„Eines der Hauptziele des Tritex-Projektes war es, die bereits vorhandene physikalische Karte des Gerste-Genoms in höherer Auflösung zu erhalten“, erläutert Stein. „Außerdem wollten wir eine zweite Version dieser Karte entwickeln, in der sich Informationen über die genomweite Diversität verschiedener Gerstevarianten herauslesen lassen.“
Genom handhabbar machen
Die physikalische Karte dient nicht nur einer groben Orientierung. Sie ist ein Hilfsmittel, um das Genom handhabbar zu machen und es überhaupt sequenzieren zu können. Dazu wird das komplette Erbgut zunächst in kleine Portionen aufgeteilt. Dafür wird die DNA aus der Pflanze isoliert und mit speziellen Enzymen in einzelne Pakete zerlegt. Diese DNA-Stücke werden in sogenannten BAC-Klonen abgelegt. So entsteht eine riesige Sammlung von BAC-Klonen, in die zunächst Ordnung gebracht werden muss. Dazu wird die DNA jedes BAC-Klons sequenziert. „So können wir die einzelnen BAC-Klone miteinander vergleichen und vorhersagen, welche davon sich überlappen“.
9.000 Puzzleteilen zusammensetzen
Die Gen-Karte der Gerste, die den Forschern zu Projektstart 2011 vorlag, bestand aus insgesamt 9.000 Puzzleteilen. Im Tritex-Projekt galt es, diese einzelnen Puzzlestücke lückenlos in der richtigen Reihenfolge anzuordnen. Zur Hilfe kamen den Forschern dabei sogenannte molekulare Marker, charakteristische Sequenzunterschiede, die sich leicht erkennen lassen. Hierfür mussten jedoch ausreichend Sequenzdaten generiert werden, um das komplexe Genom der Gerste abzubilden.
Technischer Forschritt beflügelt Genom-Sequenzierung
An dieser Stelle kam den Tritex-Forschern der technische Fortschritt zur Hilfe. „Viele molekulare Marker konnten wir bereits in einer internationalen Zusammenarbeit mit Partnern in Schottland und den USA identifizieren. Wir konnten deshalb direkt mit der Sequenzierung des Gerstegenoms beginnen“, berichtet Stein. Das ursprüngliche Projektziel, die hochdichte genetische Verankerung der physikalischen Karte, wurde somit schneller erreicht und gab dem Projekt eine neue Ausrichtung.
Das Gerste-Chromosom 3H war im Rahmen eines anderen Projektes bereits von Stein und seinen Kollegen entschlüsselt worden. Nun konnte sich das Tritex-Team voll und ganz der Sequenzierung der anderen Chromosomen widmen, um das Gerste-Genom zu vervollständigen. Auch hier kamen den Pflanzenmolekularbiologen neue Techniken und die bestehenden internationalen Kontakte zugute. „Das Tritex-Projekt erlaubte es uns, zwei weitere Chromosomen der Gerste, 1H und 4H, vollständig zu sequenzieren. Wir hatten also fast die Hälfte des Gersten-Genoms zur Sequenzierung in eigenen Händen“, sagt Stein. Das sei ein wichtiger internationaler Meilenstein gewesen. „So konnten wir im Rahmen des International Barley Genome Sequencing Consortium (IBSC) weitere Partner zur Sequenzierung der verbliebenen Chromosomen gewinnen.“
Neue Sequenziermethode etabliet
Die verbleibenden vier Chromosomen wurden mit Unterstützung von Forschern aus Schottland, England, Australien, Dänemark, USA und China sequenziert. Im Ergebnis konnten nicht nur alle sieben Gerstechromosomen, sondern auch jene Bereiche, die bis dato noch keinen Chromosomen zugeordnet werden konnten, vollständig sequenziert werden. Aber nicht nur das. „Wir konnten mit der Chromosome-Conformation-Capture-Sequenzierung (Hi-C) eine neue Methode für Gerste etablieren, um Zuordnungssequenzen auf der Basis der 3D-Architektur des Genoms zu gewinnen. Diese Methode hat in Tritex die Weichen für die vollständige Sequenzierung gestellt.“ Mithilfe der Hi-C-Methode war es überhaupt erst möglich, die DNA Sequenzen in der physikalischen Karte linear anzuordnen. Das Team um Nils Stein lieferte damit den Beweis, dass die bis dahin vornehmlich in der Humangenetik angewandte Technologie auch für so große Genome wie das der Gerste geeignet ist. Die Ergebnisse hat das internationale Konsortium im April 2017 im Fachjournal "Nature" veröffentlicht.
Werkzeug für die Pflanzenzüchtung
„Die Genomsequenz und die Positionierung der einzelnen Gene liefert jetzt wichtige Informationen, die ein Züchter nutzen kann, um bestimmte Eigenschaften gezielt züchterisch zu bearbeiten“, sagt Stein. Durch die Resequenzierung von 90 Elitegersten-Genotypen aus dem Sommer- und Wintergersten-Genpool konnte das International Barley Genome Sequencing Consortium beispielsweise zeigen, dass sich beide Genpools in ihrer Genomzusammensetzung sehr stark unterscheiden. Zusätzlich lieferte das Tritex-Team mit der Erstellung der physikalischen Karte für das Weizenchromosom 6A einen wichtigen Baustein zur Sequenzierung des Weizengenoms. Trotz des Erfolgs: Noch sind die Informationen zum Gerste-Genom nicht 100-prozentig komplett. In einem neuem ebenfalls vom BMBF geförderten Projekt SHAPE wollen die Gaterslebener Pflanzenforscher daher von drei stark unterschiedlichen Genotypen der Gerste Genomsequenzen erstellen, um so die Information zum Gersten-Genom als Werkzeug für die Pflanzenzüchtung weiter zu perfektionieren.
Autorin: Beatrix Boldt
The development of agricultural crops that can meet the requirements of the future is demanding innovative approaches to research. Climate change and the growing world population are motivating researchers to look for new ways of safeguarding human nutrition. Here, knowledge about the genomic sequence of important agricultural crops represents a crucial basis for breeding new varieties that provide stable harvest yields even in varying weather conditions, and which are equipped to combat diseases and pests.
Crop genome in the research spotlight
Second only to wheat, the barley variety Hordeum vulgare is the most important cereal crop in Germany. In recent years, it has also been a focus of funding from the German Federal Ministry for Education and Research (BMBF) in the area of plant genome research. This has centred on the ‘TRITEX’ joint project, which was funded within the framework of the ‘PLANT 2030’ initiative and is pursuing the high-throughput sequencing of barley and other related crop genomes. The project is headed by Nils Stein from the Leibniz Institute for Plant Genetics and Cultivated Plant Research (IPK) in Gatersleben, and received a total of €3 million of BMBF funding between the years 2011 to 2015.
Alongside colleagues at the Helmholtz Center Munich, Stein and his team have been building on the foundations of earlier projects, in particular the exploratory work undertaken by the project GABI-BARLEX, which provided researchers with a first version of a ‘physical map’.
Broadening the physical map of barley
When molecular biologists speak of a physical map, they are referring to kind of directory for gene loci. To create this directory, the entire genetic material is rendered as thousands of small sections, which are arranged on a chromosome map according to their ‘coordinates’. This is no easy task: The barley genome spans seven chromosomes with total length of 5 billion base pairs (5.1 Gbp) – almost twice as large as the human genome.
“One of the principle goals of the TRITEX project was to achieve a higher resolution for the already existing physical map of the barley genome,” explains Stein. “In addition to this, we wanted to develop a second version of this map that could provide us with information on the genome-wide diversity of different varieties of barley.”
A more manageable genome
The physical map does more than provide a rough overview. It is a tool for making the genome more manageable and for enabling any subsequent sequencing. To achieve this, the entire hereditary material is first divided into small portions. Here, the DNA is isolated from the plant and separated into individual packets by special enzymes. These DNA fragments are stored in so-called BAC clones. The end result is a vast collection of BAC clones that require appropriate ordering, which itself necessitates the sequencing of the DNA of every BAC clone. “This allows us to compare the individual BAC clones and predict which are overlapping.”
A 9,000-piece puzzle
At the start of the project in 2011, the genome map of barley that was available to researchers comprised a total of 9,000 puzzle pieces. The goal of the TRITEX project was the uninterrupted arrangement of these individual pieces into the correct order. In this task, the researchers were assisted by molecular markers, namely characteristic and easily identifiable differences in the sequence. Before the complex genome of the barley could be mapped, however, it was necessary to generate sufficient quantities of sequence data.
Genome sequencing spurred by advances in technology
At this point of the project, the TRITEX researchers were greatly helped by a series of technical advancements. “In international collaboration with partners in Scotland and the US, we have already identified numerous molecular markers. This allowed us to directly commence with the sequencing of the barley genome,” says Stein. The original goal of the project, namely the high-density genetic anchoring of the physical map, could thus be achieved more quickly, giving the project a new orientation.
The barley chromosome 3H had already been deciphered by Stein and colleagues within the scope of a different project. The TRITEX team could now fully devote itself to sequencing the other chromosomes, with the aim of completing the barley genome. Here again, the plant molecular biologists benefitted from new techniques and existing international contacts. “The TRITEX project allowed us to sequence two further barley chromosomes in full: 1H and 4H. As a result, we had almost half of the barley genome available to us for sequencing,” says Stein. This represented an important international milestone. “In the framework of the International Barley Genome Sequencing Consortium (IBSC), we gained additional partners for sequencing the remaining chromosomes.”
Establishing new sequencing methods
The remaining four chromosomes were sequenced with the support of researchers from Scotland, England, Australia, Denmark, the USA, and China. This ultimately enabled the complete sequencing not only of all seven barley chromosomes, but also of those areas that had not yet been assigned to any chromosomes. But this was not all: “Our method of Chromosome Conformation Capture Sequencing (Hi-C) for sequence mapping, which is based on the 3D architecture of the genome, represents a new technique for barley. In TRITEX, this method set the course for the full sequencing.” Indeed, the linear arrangement of DNA sequences in the physical map was only possible thanks to the use of the Hi-C method. Nils Stein and his team provided the proof that the technology – to date predominantly used in human genetics – is also suitable for use within large genomes such as barley. The international consortium published their results in April 2017 in the journal “Nature”.
Tool for plant breeding
“The genome sequence and the positioning of individual genes now provides important information that breeders can utilise in the targeted breeding of specific characteristics,” says Stein. For example, by resequencing 90 genotypes from the gene pool of summer and winter barley, the International Barley Genome Sequencing Consortium has demonstrated that both gene pools differ greatly in their genome composition. In addition, with the compilation of the physical map for the wheat chromosome 6A, the TRITEX team has provided an important building block for the sequencing of the wheat genome. Despite this success, the picture of the barley genome is not yet 100% complete. In a new project titled SHAPE, which is also funded by the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF), the plant researchers in Gatersleben are planning to create genome sequences for three greatly differing barley genotypes, with the aim of further perfecting information on the barley genome as a tool for plant breeding.
Author: bb
Spätestens seit dem rasanten Siegeszug der Genomschere CRISPR-Cas sind die neuen molekularbiologischen Techniken in aller Munde. Im Fokus der Diskussion steht das Genome Editing, der Oberbegriff für Verfahren, mit denen sich gezielt einzelne DNA-Bausteine im Erbgut von Zellen bearbeiten oder aber ganze Abschnitte nach Plan einfügen lassen. Per Genome Editing lassen sich gezielt genetische Veränderungen in Organismen herbeiführen.
Gerade für die Züchtung neuer Pflanzensorten oder Tierrassen mit interessanten Eigenschaften bergen die neuen Techniken großes Potenzial. Die Hoffnung: mit ihrem Einsatz ließe sich der sonst langwierige Züchtungsprozess enorm beschleunigen und es werden Kombinationen von Merkmalen möglich, von denen Züchter früher kaum zu träumen wagten. Die Forschung weltweit legt derzeit ein hohes Tempo vor, um die Genome-Editing-Verfahren weiterzuentwickeln. Doch wie sollte man die revolutionären Techniken in der Praxis einsetzen? Welche Chancen und Risiken sind mit dem Einsatz verbunden?
Genscheren auf der Agenda
Die großen deutschen Wissenschaftsakademien haben bereits mehrere Diskussionsveranstaltungen dem Thema gewidmet. Das Bundesforschungsministerium hat kürzlich eine eigene Förderinitiative zum Einsatz von Genome Editing für die Nutzpflanzenzüchtung ausgeschrieben. Nun hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) einen mehrteiligen Dialogprozess gestartet, um sich möglichst offen und transparent mit verschiedenen Akteuren und Interessenträgern über den Umgang mit dem Genome Editing auszutauschen.
Wegen der enormen Nachfrage wurde die Auftaktveranstaltung am 24. April in das Umweltforum Auferstehungskirche in Berlin verlegt. Mehr als 200 Interessierte waren zu der vom Erlanger Ethiker Peter Dabrock moderierten Tagung gekommen. Dabrock machte klar, im Sinne des verantwortungsvollen Umgangs mit den neuen molekularbiologischen Techniken gelte es, genau hinzusehen, angemessen zu urteilen und dann auch zu handeln. „Wir tragen Verantwortung für das was wir tun und das was wir unterlassen – deshalb ist jeder aufgerufen, sich aktiv am Diskurs zu beteiligen“.
Schon der griechische Arzt Hippokrates wusste um die heilende Wirkung des Zunderschwamms. Werkstoffingenieur Wilfried Rühle und sein Team vom Berliner Forschungsinstitut Biopol e.V. haben dafür gesorgt, dass der Zunderschwamm in Medizin und Kosmetik wieder an Bedeutung gewonnen hat. Rühle ist überzeugt, dass der von seinem Team identifizierte Naturstoffkomplex sogar das Potenzial hat, den Alterungsprozess zu beeinflussen.
Meerestiere gehören zu den Leidtragenden des Klimawandels. So wie der CO2-Anteil in der Atmosphäre steigt, steigt auch der Anteil des Klimagases in den Weltmeeren, sodass der pH-Wert sinkt und die Gewässer versauern. Das wiederum beeinträchtigt die Bildung von Kalkstrukturen, wodurch Meerestiere wie Muscheln und Korallen bedroht sind. Dem Szenario zum Trotz scheinen einige Meerestiere mit den Veränderungen unerwartet gut zurecht zu kommen. In der Kieler Förde leben Miesmuscheln, die sich mit dem Leben in dem sauer werdendem Gewässer offenbar arrangiert haben, wie Meeresforscher herausfanden.
Wie Forscher vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel im Fachjournal "Science Advances" berichten, zeigten sich Miesmuscheln in der Ostsee als äußerst anpassungsfähig. Im Vergleich zu ihren Artgenossen in der Nordsee pflanzte sich die Ostsee-Muschel selbst unter widrigen Bedingungen und in saurer werdendem Meerwasser weiter fort, wobei es ihnen gelang die lebensnotwendigen Kalkschalen weiter auszubilden.
Ostsee liefert Einblicke in maritime Zukunft
Gemeinsam mit Wissenschaftlern vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven, der Universität Bremen und vom Institut Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven hatte ein Team um den GEOMAR-Meeresbiologen Jörn Thomsen drei Jahre die Lebensräume der Miesmuschel in der Kieler Förde und vor Sylt untersucht. Während in der Ostsee der CO2-Gehalt zeitweise sehr hoch ist, sind die Verhältnisse in der Nordsee diesbezüglich weniger bedenklich. „Die Ostsee mit ihren verschiedenen Becken gibt uns einen guten Einblick in marine Lebensbedingungen, die in anderen Regionen erst in vielen Jahrzehnten eintreten werden. So können wir aus Beobachtungen vor der eigenen Haustür vieles lernen – aber um sie auf die Zukunft übertragen zu können, sind viele weitere Analysen nötig“, erklärt Thomsen.
Es ist ein technischer Meilenstein in der Pflanzengenomforschung: Ein internationales Forscherkonsortium hat das Gerstengenom in bisher unerreichter Präzision sequenziert und damit das maßgebliche Referenzwerk für Forscher und Züchter geschaffen. Die Forscher des International Barley Genome Sequencing Consortium (IBSC) berichten im Fachjournal „Nature“ über ihre Analysen.
Experten aus Gatersleben, München und Jena beteiligt
Koordinator des vor zehn Jahren gestarteten Konsortiums ist Nils Stein vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben. Als deutsche Partner waren zudem das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und das Helmholtz Zentrum München, Abteilung Genomik und Systembiologie pflanzlicher Genome (PGSB), beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Forscher bei ihrer Arbeit in dem Projekt „Tritex“ unterstützt (hier geht es zum ausführlichen Projektporträt).
Das Gerstengenom ist riesig und komplex: Es ist fast doppelt so groß wie das humane Genom und besteht aus etwa 39.000 Protein-kodierenden Genen, wovon viele in mehrfachen Kopien vorliegen. Eine weitere Herausforderung: der sehr hohe Anteil an repetitiven genetischen Elementen, den sogenannten Transposons, die auch die bioinformatische Analyse erschweren. Aus diesem Grund existierte seit dem Jahr 2012 lediglich eine vorläufige, unvollständige und fehlerhafte Genomsequenz.
Hochwertige Sequenzinformationen
Dem Konsortium ist es nicht nur gelungen, eine neue, qualitativ hochwertige Referenzgenom-Sequenz für Gerste zu erstellen. Die Forscher haben auch die 3D-Architektur der Chromosomen sowie die Chromatinorganisation bei der Gerste aufgeschlüsselt – und sind so dem Wechselspiel zwischen Genen und Transposons auf die Spur gekommen.
„Unsere Daten erlauben erstmals die detaillierte Analyse von agronomisch und industriell wichtigen Genfamilien wie der alpha-Amylase, einem Enzym mit besonderer Bedeutung im Brauprozess“, sagt Manuel Spannagl vom PGSB. Die Forscher wollen mit ihrer neuen Referenz außerdem die natürliche Vielfalt von Gerste auf genomischer Ebene untersuchen. Ihre Erkenntnisse könnten die Züchtung neuer Sorten entscheidend beschleunigen, etwa vor dem Hintergrund des Klimawandels.
pg
Die Hannover Messe ist Europas größte Messe für Industrieinnovationen – und hat damit ihren festen Platz im Terminkalender der Wirtschaft gefunden. Rund 6.500 Aussteller aus über 70 Nationen präsentierten vom 24. bis 28. April neueste technische Entwicklungen – über verschiedenste Branchen hinweg. Es ging um Robotik, Prozessabläufe und Effizienz, aber auch um innovative Materialien und digitale Vernetzung.
Was die Wissenschaft für die Wirtschaft zu bieten hat – das wurde vor allem in Halle zwei deutlich. Hier konzentriert das Forschungsknow-how – fast alle Bundesländer zeigen Flagge und stellen ihre Forschungseinrichtungen zur Schau, die Bundesregierung ist über große Stände des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) präsent, etliche Großforschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft oder das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind ebenfalls vor Ort.
Mit einem Anteil von 23 % gehört die Industrie nach Kraftwerken zu den größten Wasserverbrauchern bundesweit. Die Landwirtschaft, die weltweit mit 75 % das meiste Wasser verbraucht, beansprucht bundesweit nur knapp 4%. Der sparsame Umgang mit der kostbaren Ressource steht daher auf der politischen Agenda der Bundesregierung. So fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über die Fördermaßnahme „WavE“ die Entwicklung zukunftsfähiger Technologien und Konzepte, um die Wasserverfügbarkeit durch Wiederverwendung und Entsalzung zu erhöhen.
600 Liter Wasser pro Karosserie
Hier ist auch das soeben gestartete Verbundprojekt DiWaL „Dekontamination von industriellen Wässern und Lacken“ angesiedelt. Unter der Leitung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen Forscher Industriewässer und Lacke mithilfe von Elektroimpulsen nachhaltig säubern und gleichzeitig den Wasserverbrauch reduzieren. Dafür nehmen sich die Wissenschaftler den äußerst wasserintensiven Lackierungsprozess im Automobilbau exemplarisch vor. Mit bis zu 600 Litern pro Karosserie wird im Fahrzeugbau bei der Autolackierung das meiste Wasser verbraucht.
Bakterien mit Elektroimpulsen bekämpfen
Der Hintergrund: Zum Schutz der Karosserie wird vor dem Auftragen der bunten Decklackschicht die Oberfläche bei der sogenannten elektrophoretischen Tauchlackierung vorbehandelt. Hier kommen, wie inzwischen häufig in der Industrie, wasserbasierte Lacke zum Einsatz. Diese Lacke sind zwar umweltfreundlich, haben aber einen entscheidenden Nachteil, wie Projektkoordinator Wolfgang Frey vom Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnologie des KIT erklärt: „In den dabei verwendeten Wässern und Lacken können sich jedoch Bakterien so vermehren, dass sie die Oberflächenbeschichtung beeinträchtigen.“
Ersatz für chemische Zusätze
Mit Bioziden, also chemischen Zusätzen, versucht man bisher den Mikroben den Garaus zu machen. Hier setzt das Projekt DiWaL an. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Pforzheim und Partnern aus der Industrie will das Team um Frey diese Industriewasser nachhaltig mit Elektroimpulsen entkeimen. „Mit der Elektroimpulstechnologie setzen wir nun auf ein Verfahren, das ohne chemische Zusätze arbeitet, damit Wasserressourcen schont und gleichzeitig einen Beitrag zum Gewässerschutz leistet“, sagt Frey.
Wasserressourcen schonen
Bei der Elektroimpulsbehandlung werden Zellen, wie beispielsweise Mikroorganismen, einem elektrischen Feld ausgesetzt. Dabei bildet die Zellmembran elektrische Pole und es öffnen sich wässrige Poren, die letztendlich zum das Absterben der störenden Mikroorganismen führen. Da die Elektroimpulse rein physikalisch wirken, gehen die Forscher davon aus, dass die Bakterien, anders als bei Bioziden, keine Resistenzen bilden. „Wir kontrollieren die mikrobiologische Belastung und können so eine optimale Beschichtungsqualität erreichen und gleichzeitig Nacharbeiten vermeiden“, so Frey. Darüber hinaus wollen die Verbundpartner Integriert die Elektroimpulstechnologie in ein neues, automatisiertes und ressourceneffizientes Wassermanagement- und Anlagenkonzept für Vorbehandlung und Tauchlackierung integrieren, um so das Wasser in der Fabrik besser im Kreislauf zu führen und weniger Frischwasser zu verbrauchen.
bb
Amphibians such as frogs play an important part for the ecological equilibrium. On the one hand they serve as a food source for many birds and mammals, on the other hand they also consume a large amount of insects themselves, and are thus invaluable to keep pests at bay. In Germany and Europe more and more frog legs are being sold as delicacies. However, if the rising demand is met by catching wild frogs instead of breeding them under sustainable conditions, the balance of the ecosystem will be destroyed. A team of researchers at the Natural History Museum Berlin developed a new Isotope analysis-assay to determine the origin of frog legs.
Isotopes can tell the difference
Each year approximately 500 million frogs are eaten. In order to prevent negative consequences for the environment due to these massive amounts, frogs are being sustainably bred and cultured – similar to chicken and cattle. However, since it is cheaper to catch and sell wild frogs, it is important to check where the frogs in our supermarkets are actually coming from. That is why researchers at the Berlin Natural History Museum developed a specific assay to analyse the isotopes of each frog leg. The team was lead by Carolin Dittrich and published their results in the journal “Ecology and Evolution“.
Naturally many elements exist in different isotopic compositions – depending on their geographical origin. And according to the specific isotopic compositions researchers can track not only the geographical origin of the animals, but also their “lifestyle” and food sources. Some rare and heavy isotope compositions even accumulate up the food chain. For instance, the amount of heavy nitrogen in tissue is higher, the more animal food has been consumed.
Knowing what was on the menu in order to protect the ecoysstem
In order to track the frogs origins, Dittrich and her colleagues have analysed the composition of the stable isotopes of nitrogen, carbon, and oxygen in the muscles and bones of the frogs. Dittrich explains the benfit of the new analysis: “ We can find out what an animal has been feeding on. And even the variety of food sources is recorded in the signature of the isotopes." Based on these analyses the researchers found out that the frogs' legs were very likely to originate from the indicated countries – but not all them were in fact from sustainable farms. About half of the animals grew up under natural conditions.
Moreover, genetic studies have shown that the labelling of the packages was not always correct. The researchers hope that their method will become a tool for nature conservation and customs controls, in order to check the origin of frogs' legs and thus minimize the trade in animals from wild populations. Mark-Oliver Rödel of the Museum summed up the benefits: "The hunting pressure could be taken from natural populations and therefore contributing to the stability of ecosystems and ultimately help the respective populations."
jmr
Global warming and the climate change have many negative consequences for the environment and for agriculture. The wine industry has been suffering a lot over the recent years due to extreme weather occurrences like storms and hail. An international team consisting of researchers spanning multiple disciplines and including James Daniell at the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) is analyzing, which areas are affected most by climate change and how wine cultivation areas may have to change in the future.
Wineries worldwide are at risk
On a global scale there are no wine cultivation areas that are not endangered by extreme weather or natural disaster. The wine industry is losing a more than US$10 billion each year because of these events. In collaboration with several Australian and British colleagues, as well as with the Karlsruhe-based company Risklayer GmbH, Daniell established a “Global Risk Index for Wine regions” that includes more than 7500 wineries in 131 countries. The researchers present their results online at WineRisk and present possible solutions for these regions. At the annual European Geosciences Union (EGU) conference in Vienna Daniell was honoured for his work with the „Early Career Scientist Award in Natural Hazards for 2017“.
The Priority Programs (PP) are a good way to gauge to future of basic research. Typically, PPs are multidisciplinary research projects assessing current topics with state-of-the-art methodologies. Supporting junior researchers and fostering gender equality are important aspects regarding the decision-making process on which PPs will get funded. Including the recently announced PP there are currently 97 PPs being funded by the DFG.
€100 million for 17 new programmes
For this new round of funding a total of 66 proposals were sent in, 17 of which where chosen by a panel of experts. The new projects will begin in 2018 and will be funded with a total of €100 million over the course of three years. Usually these projects will receive a second round of funding for another three years. The PPs themselves represent an overarching topic and within the next few months smaller project proposals investigating within the PP’s field of interest will be evaluated. Three of the PPs within the Life Sciences that have been awarded funding are of great interest for a bio-based economy: they include the genome editing tool CRISPR-Cas, rhizosphere functions, and the decoding of the plant microbiota.
CRISPR-Cas: more than a genome editing tool
CRISPR-Cas was first detected and described as a bacterial defence mechanism against viral infections. By now the mechanism is widely employed in plant research as a genome editing tool. However, the CRISPR-Cas system is more than an antiviral defence system: it is active during DNA repair and collective behaviour. The newly funded PP aims to decipher these additional CRISPR-Cas functions and to identify their biological potential. Anita Marchfelder at the University Ulm will coordinate the programme. Moreover, Max Planck researcher Emmanuelle Charpentier, who only recently received her own Max Planck research unit in Berlin, will be part of the coordinating team. In addition to the basic research question this PP also aims to target ethical considerations regarding genome editing and is working to establish appropriate communication strategies that allow for a evidence-based conversation about this subject with and among the public.
Harvesting the plant microbiota
The plant microbiota contains all microbes within a defined space. The plant microbiota includes all the microorganisms that are colonising a plant. The development and the co-exsitance of the microbiata are of particular interest for agricultural research. The PP “Deconstruction and Reconstruction of the Plant Microbiota (DECRyPT)“ will be ccordinated by Alga Zuccaro at the University of Cologne. From 2011 to 2016 she lead her own reearch group at the Max Planck Institute for Terrestrial Microbiology in Marburg, and since 2014 she is a Professor at the Botanical Institute of the University of Cologne.
The spatiotemporal organisation of the rhizosphere
The rhizosphere is that area in the ground that is immediately surrounding the root and is thus directly affected by the root microclimate. This includes biological, but also chemical and physical effects. In that small area many complex interactions between the root of the plant and countless microorganisms are taking place. The health and thus the harvest yield of a plant are highly dependent of the rhizosphere. Therefore the PP Deconstruction and Reconstruction of the Plant Microbiota (DECRyPT) aims to decipher the complex system of the rhizosphere function. Doris Vetterlein at the Helmholtz Centre for Environmental Research (UFZ) will coordinate the programme. At UFZ Vetterlein has been leading the research group “Soil-Plant-Interactions” since 2009, and since 2013 she also a Professor at the University Halle-Wittenberg.
jmr