Mit Faserverpackungen die Welt erobern
Eduardo GordilloBeruf:
Architekt und Industriedesigner
Position:
Gründer und Vorstand der BIO-LUTIONS International AG in Hamburg
Beruf:
Architekt und Industriedesigner
Position:
Gründer und Vorstand der BIO-LUTIONS International AG in Hamburg
Pflanzenabfälle sind für Eduardo Gordillo der ideale Rohstoff für Verpackungen und Einweggeschirr. Sein Hamburger Start-up Bio-lutions verarbeitet Agrarreste zu biologisch abbaubaren Fasergussformen. Das mehrfach preisgekrönte Material kann mit wenig technischem Aufwand hergestellt werden – überall auf der Welt.
Verpackungen und Einweggeschirr aus Kunststoff gehören zu den größten Müllquellen auf der Welt. Besonders akut ist das Problem in Indien – hier will die Politik ein Umdenken bewirken, um die Müllflut einzudämmen. In manchen Bundesstaaten wurde dazu ein Plastik-Verbot erlassen.
Nun sind dort nachhaltige Alternativen für Verpackungen gefragt. Für Eduardo Gordillo und sein Start-up Bio-lutions International AG ist es ein Glücksfall. Die Hamburger bauen derzeit mit Unterstützung der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) in Bangalore eine Produktionsanlage für biobasierte Verpackungen und Einweggeschirr auf: „Mit unserem Prozess können wir dort bald bis zu 2.000 Tonnen davon im Jahr produzieren“, freut sich Eduardo Gordillo.
Ökologisch wertvoll und dezentral produzierbar
Gordillo stammt aus Kolumbien, wo er Architektur studiert hat. Bereits vor zwanzig Jahren kam er nach Deutschland. An der Kunstakademie in Stuttgart absolvierte er einen Masterstudiengang in Industriedesign. 2005 gründete er in Hamburg die Designagentur upgrading GmbH, deren Geschäftsführer er heute noch ist. Gleichzeitig begann er, sich auch für die Herstellung von ökologischen Produkten zu interessieren. Vor fünf Jahren kam ihm die Idee für das Spin-Off namens Bio-lutions. „Ich wollte ein ökologisch wertvolles Produkt kreieren, das sich dezentral und klimaschonend herstellen lässt. Deshalb haben wir uns auf pflanzliche Agrarabfälle als Rohstoff konzentriert“, sagt Gordillo.
Nach jahrelangem Tüfteln mit dem Technologiepartner Zelfo aus dem brandenburgischen Joachimsthal ist ein sogenanntes Up-Cycling-Verfahren entstanden, das überall auf der Welt zum Einsatz kommen könnte: bisher ungenutzte Pflanzenreste aus der Landwirtschaft werden in innovative und wertige Produkte verwandelt. Ob Reisstroh, Bananenstämme oder Ananassträucher – für die Hamburger sind die Agrarabfälle die Ressource für Verpackungsmaterial und Einweggeschirr. „Wir haben auch schon Tomaten in Verpackungen gepackt, die aus Tomatenpflanzen hergestellt wurden“, sagt Gordillo. Ein Konzept, das die Hamburger Re-Packaging nennen.
Aus den Fasern von Pflanzenresten - hier von der Ananas - lassen sich kompostierbare Verpackungen herstellen.
Pflanzenreste zu mikrofeinen Fasern gemahlen
Die patentierte Technologie basiert auf raffinierter Mechanik: Die Pflanzenteile werden mit einer Maschine zu besonders feinen Faserstückchen zermahlen. Es entstehen sogenannte selbstbindende nano- und mikrofibrillierte Fasern. „Die Naturfasern lagern sich ähnlich wie bei einem Klettverschluss selbst aneinander an, man muss nur etwas Wasser dazu geben“, sagt Gordillo. Es entsteht ein Faserbrei, der sich in vielfältige Formen pressen lässt – von der Gemüseverpackung bis zum Teller.
Der Prozess spart Wasser und Energie und kommt ganz ohne Chemikalien und Zusätze aus, wie sie in der Zellstoffindustrie üblich sind. Die Produkte sind kompostierbar oder sie können klimaschonend verbrannt werden. „Da wir unsere Rohstoffe vor Ort beziehen und lokal produzieren können, ist unser Verfahren sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig“, sagt Gordillo.
Nur zu gut weiß der Unternehmer, dass es besonders vom Preis abhängt, ob sich sein Verfahren durchsetzen kann. „Nur wenn Sie ökologische Produkte im gleichen Preisrahmen wie konventionelle Produkte anbieten, haben Sie eine Chance auf dem Markt“ sagt Gordillo, „und hier können wir gut mithalten“. Ein weiteres Plus: das Verfahren mache nicht abhängig von Rohstofflieferanten. „In unseren Händen funktionieren viele Pflanzenmaterialien.“ Zudem brauche es keine Spezialisten, um die Maschinen vor Ort zu bedienen.
Mehrfach ausgezeichnete Innovation
Auch die Fachwelt ist bereits überzeugt: Im vergangenen Mai wurde das innovative Material des Start-ups mit dem internationalen Innovationspreis „Bio-based Material of the Year 2017“ ausgezeichnet. Und im August gab es für Bio-lutions zudem den „Deutschen Verpackungspreis 2017“ in der Kategorie Nachhaltigkeit.
Die im Jahr 2017 in Bangalore errichtete Pilotanlage, in der bereits mehrere einheimische Joint-Venture-Partner und Mitarbeiter arbeiten, ist denn auch erst der Anfang. Die DEG, eine Durchführungsorganisation des Bundesminsteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, unterstützt den Ausbau der Anlage. Bis Ende dieses Jahres soll auf einer Fläche von 1.500 Quadratmetern produziert werden.
Neben Indien wollen die Hamburger weitere Länder in Asien, Amerika, Europa und Australien für ihre Idee begeistern. „Hier sind wir im Gespräch mit potenziellen Joint-Venture-Partnern sowie Kunden“, so Gordillo. Der Verpackungsinnovator ist deshalb gerade sehr viel unterwegs, um die Biomaterialien-Welt von seiner Technologie zu überzeugen.
Autor: Philipp Graf