„Unsere Mission ist, die Bauindustrie zu revolutionieren"

„Unsere Mission ist, die Bauindustrie zu revolutionieren"

Joost Meyer

Beruf:
Designer, Bildhauer und Wissenschaftler

Position:
Gründer des Aachener Unternehmens Willowprint

 

Joost Meyer, Gründer Willowprint und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut und Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur RWTH Aachen University
Vorname
Joost
Nachname
Meyer

Beruf:
Designer, Bildhauer und Wissenschaftler

Position:
Gründer des Aachener Unternehmens Willowprint

 

Joost Meyer, Gründer Willowprint und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut und Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur RWTH Aachen University

Holzfasern sind der Rohstoff, aus dem das Unternehmen Willowprint im 3D-Druck einen Baustoff produziert, der vollständig recycel- und kompostierbar ist.

Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe ist der Bausektor für 40 % des gesamten Rohstoffverbrauchs und 12 % der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Damit trägt die Branche erheblich zur Klimaerwärmung bei. Mittels 3D-Drucktechnologie und biobasierter Materialien möchte Willowprint die Bauindustrie umweltfreundlicher machen, und zwar mit Weidenpaste. Die sogenannte Willowpaste, die das Aachener Unternehmen von Joost Meyer produziert, besteht aus Holzfasern, einem industriellen Reststoff, und kann mittels 3D-Drucker zur Herstellung verschiedener Produkte verwendet werden.

Frage

Wie entstand die Idee, aus Weidenpaste und mittels 3D-Drucker Materialien für die Bauindustrie zu entwickeln?

Antwort

Im Rahmen meiner Forschungstätigkeit am Institut für Landschaftsarchitektur an der RWTH Aachen habe ich mich intensiv mit dem Waldlabor Köln und den Potenzialen zukünftiger Waldbilder und -formen auseinandergesetzt. 2021 entstand dann die Idee, schnell wachsendes Holz, unter anderem von Weiden, für den 3D-Druck zu nutzen. Mein langjähriger Arbeitskollege und 3D-Druck-Experte Federico Garrido meinte nur: 'Das geht nicht, das macht keiner.' Da war ich mir sicher, das sollten wir versuchen, und die Idee für Willowprint, nachhaltigen 3D-Druck mit Holz zu machen, entstand. 

Frage

Woraus besteht die Willowpaste (3D-Druckpaste) genau?

Antwort

Im Wesentlichen besteht die Paste aus Holzanteilen, welche wir mittlerweile aus Resten der Holzindustrie beziehen. Dazu kommen natürliche Binder und Stabilisatoren, die der Paste im Druck ihre Geschmeidigkeit und beim Aushärten die entsprechende Festigkeit verleihen. Damit unterscheidet sich unsere Technologie von vielen anderen Verfahren, in denen weniger umweltverträgliche Zusatzstoffe verwendet werden. Für die Rezeptur und die Technologie konnten wir zusammen mit der RWTH Innovation ein Patent anmelden.

Frage

Welche Vorteile bietet der 3D-Druck? Kann die Willowpaste auch ohne ihn zum Einsatz kommen?

Antwort

Die additive Fertigung (das 3D-Druck-Verfahren) bietet viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Verfahren, wenn man sie richtig einsetzt. Wir nutzen die Reststoffe der Holzindustrie, um daraus einen Baustoff der Zukunft zu entwickeln. Bei der Fertigung entstehen minimale Abfallmengen, es werden keine zusätzlichen Formbauteile oder Schalungen benötigt und es können Objekte gedruckt werden, die schon viele verschiedene Designaspekte berücksichtigen. Im Anschluss an den Fertigungsprozess lassen sich die einzelnen Module – ähnlich wie Lego – zu großformatigen Strukturen zusammensetzten. Das Zusammenspiel von Design, Technik und Material macht Willowprint so besonders.

Frage

Wofür kann die Willowpaste in der Bauindustrie eingesetzt werden?

Antwort

Innerhalb des Forschungsprojekts Willowprint konnten bereits verschiedene Designobjekte, zum Beispiel Kleinmöbel, Lampen oder auch Urnen gedruckt werden. Unsere Vision ist es, großformatige Objekte für den Einsatz in temporären Architekturen zu fertigen. Das können Messestände, Bungalows für Eco-Resorts oder temporäre Unterkünfte für Studierende bei Wohnungsmangel sein. Das bedarf noch einiger Forschungs- und Entwicklungsarbeit. 

Als Projekt haben wir vor vier Jahren bei null angefangen und sind von externer Förderung abhängig. Auf dem Weg zum Start-up sind wir unter anderem durch die RWTH Aachen und die Innovationsförderagentur des Landes NRW, kofinanziert durch die EU, unterstützt worden. Das hat das Projekt erst möglich gemacht.

Frage

Welche ökologischen Vorteile bietet das Material?

Antwort

Das Material besteht ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen, wie Reststoffen aus der Holzindustrie, und ist vollständig recycle- und kompostierbar. Das ist uns von Anfang an wichtig gewesen und wir haben während der Forschung zur Technologie, unter anderem, um immer größer und fester zu drucken, stets auch Nachhaltigkeitstests durchgeführt. Zum Beispiel haben wir in haushaltsüblichen Kompostboxen Würmer mit unserem Material 'gefüttert'. Die Tiere haben das gut verkraftet und es ist Humus daraus entstanden. Das ist natürlich nur ein Anfang und muss noch überprüft und validiert werden. Mit unserer Arbeit möchten wir einen Beitrag zur Zirkulierbarkeit biogener Rohstoffe leisten. 

Interview: Lea Holzamer