Pflanzen wie Sportler trainieren
Friederike KöglerBeruf
Diplom-Wirtschaftsingenieurin
Position
Doktorandin am Lehrstuhl für Steuerung, Regelung und Systemdynamik an der Universität Duisburg-Essen
Beruf
Diplom-Wirtschaftsingenieurin
Position
Doktorandin am Lehrstuhl für Steuerung, Regelung und Systemdynamik an der Universität Duisburg-Essen
Friederike Kögler hat eine Methode entwickelt, mit der Pflanzen lernen, auch mit wenig Wasser auszukommen.
Viele Pflanzen gehen gewöhnlich ein, wenn sie zu wenig Wasser bekommen. Friederike Kögler hat einen Weg gefunden, das zu verhindern. Sie fand heraus, dass sich Gewächse wie Sportler trainieren lassen. In ihren Versuchen brachte sie Maispflanzen mittels gezieltem Wasserstress dazu, mit wenig Wasser auszukommen und trotzdem zu wachsen. Im September vergangenen Jahres wurde die Doktorandin für diese Erkenntnis mit dem Ernst-Knapp-Zukunftspreis ausgezeichnet.
Wie haben Sie es geschafft, dass Pflanzen mit weniger Wasser auskommen und trotzdem wachsen?
Pflanzen haben eine natürliche Anpassungsfähigkeit an schwankende und teils ungünstige Umweltbedingungen. Dies ist insbesondere wichtig, da sie an einen festen Standort gebunden sind. Dass Pflanzen grundsätzlich auch mit weniger Wasser auskommen können, ist also nicht neu. Es geht vielmehr darum, diese dynamische Anpassungsfähigkeit zu erforschen und nutzbar zu machen. In der landwirtschaftlichen Forschung wird hier mit Methoden der Defizitbewässerung experimentiert, also einer Bewässerung unterhalb maximaler/optimaler Mengen ohne größere Ernteeinbuße. In unserem Forschungsvorhaben wurde die natürliche Anpassungsfähigkeit an Wassermangel gezielt trainiert, ähnlich wie im Leistungssport, um darüber das Wachstum zu regeln.
Wie ist die Genügsamkeit der Pflanzen molekularbiologisch zu erklären und welche Nutzpflanze konnten Sie darauf trainieren?
In unseren Experimenten wurden gezielt Stresssituationen (Wasserdefizit) erzeugt, die sich die Pflanze „gemerkt“ hat. Eine Wiederholung des Stressreizes wurde dann von der Pflanze besser verarbeitet und Wachstumseinschränkungen wurden überkompensiert. Grundlage ist also die Speicherung einer Reizinformation durch die Pflanze. Wie genau diese Informationen in der Pflanze physiologisch gespeichert werden, ist bislang noch nicht umfänglich geklärt, ebenso wie noch nicht bekannt ist, wie sich ein Muskel bei Sportlern die Trainingsinformationen „merkt“. Die von uns gesetzten Reizinformationen wurden allerdings innerhalb von etwa drei Tagen auch wieder „vergessen“. Bislang haben wir nur Versuche mit Maispflanzen durchgeführt. Es ist aber davon auszugehen, dass andere Pflanzen ähnlich reagieren können.
Ist der Lerneffekt auf den Wasserkonsum begrenzt oder könnte die Trainingsmethode auch helfen, andere Bedürfnisse der Pflanzen neu zu regeln?
Ja, es ist denkbar, dass das Verfahren grundsätzlich auch in anderen Bereichen einsetzbar ist. Es gibt bereits Forschung zu den Themen Kältereize und Impfung, die ebenfalls auf einer Art Erinnerungsfähigkeit von Pflanzen beruhen. Mit der Regelung dieser Prozesse hat sich meines Wissens nach bislang nur unsere Arbeitsgruppe beschäftigt. Das ist jedoch Voraussetzung dafür, die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen sinnvoll zu nutzen. Dann ist es auch möglich, den Einsatz von Wasser und anderen Faktoren in der Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten – nur durch die Nutzung der physiologischen Kapazitäten der Pflanzen.
Was sind Ihre nächsten Aufgaben?
In Zukunft sollen weitere Pflanzenarten und auch weitere Vegetationsstadien untersucht werden, um die Ergebnisse übertragbar zu machen. Darüber hinaus sind Versuche im Freiland angestrebt, wo die Umweltbedingungen variabler sind. Damit sollen Ergebnisse erzielt werden, die für die Erarbeitung von Anwendungsempfehlungen für die landwirtschaftliche Praxis dienen. Ein weiteres Ziel ist die Erforschung von verschiedenen Trainingssequenzen wie Ausdauer oder Wasserminimierung, um die Bandbreite der dynamischen Eigenschaften auszutesten.
Interview: Beatrix Boldt