„Cellulosekapseln sind ein direkter Ersatz für erdölbasierte Mikroperlen“

„Cellulosekapseln sind ein direkter Ersatz für erdölbasierte Mikroperlen“

Prateek Mahalwar

Beruf:
promovierter Entwicklungsbiologe und Genetiker

Position:
Geschäftsführer des Start-ups BIOWEG in Quakenbrück

Prateek Mahalwar, Gründer und geschäftsführer von BIOWEG
Vorname
Prateek
Nachname
Mahalwar

Beruf:
promovierter Entwicklungsbiologe und Genetiker

Position:
Geschäftsführer des Start-ups BIOWEG in Quakenbrück

Prateek Mahalwar, Gründer und geschäftsführer von BIOWEG

Prateek Mahalwar vom Start-up BIOWEG über Mikrokügelchen aus Bakterien-Cellulose, die biologisch abbaubar sind und Mikroplastik in vielen Produkten ersetzen können.

Mikroplastik ist ein globales Problem. Die winzigen und für das Auge nicht sichtbaren Teilchen sind mittlerweile überall zu finden - in Flüssen, im Meer, im Boden und sogar in der Arktis. Viele dieser fossilen Kunststoffpartikel gelangen über Kosmetika sowie Putz- und Reinigungsmittel in die Umwelt. Aber auch andere synthetische Polymere, die als Verdickungsmittel, Stabilisatoren, Filmbildner und Emulgatoren verwendet werden, gefährden die Ökosysteme. Das in Quakenbrück ansässige Start-up BIOWEG will das ändern. Das Team um Gründer und Geschäftsführer Prateek Mahalwar entwickelt Mikroperlen auf Cellulosebasis für Kosmetika und Reinigungsmittel. Die Cellulose wird durch Fermentation mithilfe von Bakterien gewonnen und kann fossilbasierte Substanzen und andere synthetische Polymere in zahlreichen Produkten ersetzen.

Frage

Welches Potenzial haben die Perlen für die Bioökonomie?

Antwort

Körper- und Haushaltspflegeprodukte enthalten heute synthetische, biologisch nicht abbaubare, auf fossilen Brennstoffen basierende Polymere und Mikroplastik, die bei der Formulierung dieser Alltagsprodukte eine große Rolle spielen. Im Gegensatz dazu werden die von BIOWEG entwickelten Mikrokugeln aus fermentativ gewonnener bakterieller Cellulose hergestellt. Für diese Fermentation nutzen wir Nebenströme von Kohlenstoffsubstraten, die aus der Lebensmittelproduktion und der Landwirtschaft stammen. Unsere Mikrokugeln sind hochfunktional und stehen den Mikrokugeln aus synthetischen Polymeren in nichts nach. Sie absorbieren Wasser und Öl und bieten sensorische Eigenschaften für Endverbraucherformulierungen. Ein wichtiges Merkmal unserer Mikroperlen ist ihre 100%ige biologische Abbaubarkeit innerhalb von 60 Tagen. Nicht zuletzt handelt es sich bei der von uns aus Bakterien gewonnenen Cellulose um eine reine Cellulose ohne Verunreinigungen durch Lignin und Hemicellulose, die im Vergleich zu pflanzlicher Zellulose auch eine wesentlich niedrigere Ökobilanz aufweist. Sie ist somit ein wertvoller Inhaltsstoff für die Verbraucher- und Kosmetikindustrie.

Frage

Was macht Kapseln auf Cellulosebasis für industrielle Anwendungen interessant?

Antwort

Unsere Mikroperlen sind so konzipiert, dass je nach Kundenwunsch verschiedene Partikelgrößen und -formen gewählt werden können. Die Perlen werden mit physikalischen und oberflächenmodifizierenden Techniken funktionalisiert und halten sich streng an die Grundsätze der grünen Chemie. Mikroperlen haben zudem sehr unterschiedliche Dichten und werden daher für verschiedene Anwendungen eingesetzt. In Körperpflegeprodukten werden Mikroperlen für verschiedene Zwecke verwendet – etwa zur Abgabe von Wirkstoffen, als Mattierungsmittel, als Füllstoff, zur Filmbildung, als Peeling und zur Regulierung der Viskosität. Unsere Mikrokügelchen sind ein direkter Ersatz für Mikrokügelchen auf Erdölbasis mit dem zusätzlichen Vorteil, dass sie in kurzer Zeit vollständig biologisch abbaubar sind.

Frage

Wie groß ist das Interesse der Industrie an biobasierten Mikroperlen?

Antwort

Die Industrie ist aktiv auf der Suche nach Ersatzstoffen für Erdöl. Wir haben bis zu 18 Kunden, die mit uns zusammenarbeiten. Einige Kontakte befinden sich noch in einem frühen Stadium. Mit anderen Kunden sind wir kurz davor, eine Entwicklungspartnerschaft einzugehen.
 

Frage

Anfang des Jahres hat Bioweg über den EIC Accelerator eine Förderung der Europäischen Union in Millionenhöhe erhalten, um einen biobasierten und biologisch abbaubaren Rheologiemodifikator zu entwickeln, der erdölbasierte Acryl-(Co-)-Polymere – also Mikroplastik – in Kosmetikprodukten ersetzen soll. Wofür werden Sie die Fördermittel nutzen?

Antwort

Im Rahmen des EIC-Projekts werden wir die Fördermittel verwenden, um die Produktionskosten zu senken, die Automatisierung zu testen, unsere Techniken zur Oberflächenmodifizierung zu verbessern und größere Chargen von Proben für Produktions- und Stabilitätstests mit unseren Partnern zu teilen. Zudem wollen wir im kommenden Jahr eine Scale-up-Anlage bauen. Wir sind auch auf der Suche nach Standorten für den Bau einer solchen Anlage in Deutschland.

Frage

Wie ist der aktuelle Stand der Entwicklung?

Antwort

Derzeit stellen wir mit Hilfe der Pre-Pilotanlage in Quakenbrück der Industrie Proben im Kilogramm-Maßstab zur Verfügung und arbeiten daran, die Prozesskosten zu senken.

Interview: Beatrix Boldt