Salatanbau im All: Testlauf in der Antarktis

Salatanbau im All: Testlauf in der Antarktis

In einem zwölfmonatigen Pilotprojekt züchtet ein deutscher Maschinenbauingenieur Obst und Gemüse in der Antarktis, um für den Anbau im Weltall zu lernen.

In Containern sollen in der Arktis Obst und Gemüse für Langzeit-Raumfahrtmissionen gezüchtet werden.

Eine Jahresdurchschnittstemperatur von minus 16,1 Grad Celsius, Schnee bis zu einem Meter Höhe, und an 73 Tagen im Jahr Dunkelheit non-stop –  in diesen unwirtlichen Bedingungen der Antarktis wird der Diplomingenieur Paul Zabel ab Dezember diesen Jahres Obst und Gemüse anbauen. Es ist ein Testlauf für den Anbau im All.

Frische Vitamine trotz Dauerfrost

Zabel arbeitet für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und wird bald für zwölf Monate in einem eigens dafür eingerichteten Container nahe der Neumayer-Station III in der Antarktis Salat, Gurken, Kräuter, Tomaten und Erdbeeren anbauen. Ziel des Unterfangens ist es herauszufinden, wie unter den extremen und unwirtlichen Bedingungen frische vitamin- und nährstoffreiche Nahrung gezüchtet werden kann. Diese Erkenntnisse sollen dann in Zukunft in der Raumfahrt, beispielsweise in der Raumstation ISS oder sogar bei der Mars Mission, angewandt werden.

Frische Vitamine durch Nährstofflösungen

Das Projekt EDEN ISS – Plant Cultivation Technologies For Space wurde im März 2015 gestartet, läuft noch bis Februar 2019 und wird im Rahmen des EU-Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 mit 4,5 Mio. Euro gefördert. Während seines Aufenthalts in der Antarktis wird Zabel zweimal pro Tag in den 800 Meter entfernten Gewächshaus-Container gehen, um dort mit Nährstofflösungen und speziellen Lampen frisches Grün in lebensfeindlicher Umgebung zu produzieren. Er fasst das Ziel des Projekts zusammen: „Wir wollen eines Tages Pflanzen im Weltall anbauen, damit wir so unsere Astronauten sowohl mit frischer Nahrung als auch mit Sauerstoff versorgen können. Unser Projekt Eden ISS soll die Technologie für Pflanzenanbau im Weltraum unter analogen Missionsbedingungen testen.“

Crashkurs Gemüseanbau in den Niederlanden

Angestrebt sind bei dem antarktischen Gemüseanbau eine wöchentliche Ernte von 1,3 Kilogramm Salat, 1,1 Kilogramm Gurken und 250 Gramm Spinat. Zum Lernen des landwirtschaftlichen Know-hows wurde der Diplomingenieur daher im Mai 2016 für einen Monat in die Niederlande geschickt. In Wageningen liegt Europas führende Forschungseinrichtung für Nahrungsproduktion. Dort erhielt Zabel einen Crashkurs von Experten über die Grundlagen des Pflanzenanbaus. Er tauschte sich außerdem auch mit Nährstoffexperten aus, denn die Tomaten oder Erdbeerpflanzen sollen ihre Mineralien und Spurenelemente nicht durch Erde, sondern per Nährstofflösung erhalten. Zudem wird es wichtig sein eventuelle Schädlinge frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. „Wir gehen zwar davon aus, dass wir in der Antarktis keine Schädlinge haben werden, aber beispielsweise Pilzbefall muss ich frühzeitig erkennen können, um einzugreifen.“ Bis Herbst 2017 wird das mobile Container-Gewächshaus noch in Deutschland getestet; insbesondere das Subsystem mit speziellen Schränken für die Licht- und Luftversorgung, sowie die speziellen Nährstofflösungen stehen dabei auf dem Prüfstand.

Weltraumähnliche Bedingungen in der Antarktis

Bisher wurde Pflanzenanbau im Zusammenhang mit der Raumfahrt nur in sehr kleinen Maßstäben auf der russischen Raumstation MIR oder im Spaceshuttle betrieben. Mit einer Ernte von maximal vier Salatköpfen trug der Anbau allerdings nur wenig zur Versorgung der Kosmo- und Astronauten bei. Auch auf dem Gelände der Neumayer-Station III wurde bereits früher schon versucht frisches Obst und Gemüse anzubauen, allerdings häufig mit eher improvisierten Utensilien, und demzufolge auch mit geringem Erfolg.

Für den landwirtschaftlichen Probe-Anbau bietet die Antarktis tatsächlich optimale Voraussetzungen. Durch die Abgeschiedenheit und begrenzten Hilfsmittel kann der Gemüseanbau unter weltraumähnlichen Bedingungen getestet werden. Dabei steht im Fokus, dass mit einem relativ einfachen Design, minimalem Wasserverbrauch und geringem Arbeitseinsatz eine ausreichende Ernte erzielt wird.

Ständige Sensorauswertung in Bremerhaven

Für eine optimale Überprüfung und Auswertung werden Statusmeldungen und Sensordaten regelmäßig und automatisch an die Zentrale in Bremerhaven gesendet. Doch da die bisherigen landwirtschaftlichen Versuche in der Antarktis nicht sonderlich erfolgreich waren, will man sich dort noch nicht vollständig auf Zabels Fähigkeiten in der Pflanzenzüchtung verlassen: „Die Lebensmittel werden, wie bisher, einmal pro Jahr per Schiff angeliefert. Unser Ziel ist es, frische Nahrung im antarktischen Winter zur Verfügung zu stellen, wenn die Crew normalerweise nur noch Zugriff auf Gefrorenes, Getrocknetes oder Dosennahrung auf dem Teller hat.“

jmr