Biotech-Fasern aus Florfliegenseide
Nach dem Vorbild der Eierstiele der Florfliege stellen Fraunhofer-Forscher aus Potsdam gemeinsam mit der Firma Amsilk ein Biomaterial her, das äußerst biegesteif und biokompatibel ist.
Kaum vier Jahre ist es her, als es der Firma Amsilk gelang, biotechnisch hergestellte Spinnenseide zu Fasern zu verarbeiten. Im November 2016 präsentierte das Martinsrieder Unternehmen gemeinsam mit Adidas den weltweit ersten Sportschuh aus den neuartigen „Biosteel-Fasern“. Eine ähnlich steile Karriere wie der Spinnenseide könnte der Florfliegenseide bevorstehen, an der Amsilk gemeinsam mit Forschern vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm seit geraumer Zeit arbeitet.
Stabile und biegesteife Faser
Diesmal sind es die mechanischen Eigenschaften der Ei-Stiele der Florfliege, welche das Team versucht biotechnologisch als Faser nachzubilden. Das Besondere: der Ei-Stiel besteht aus einem Proteinsekret, das von den Insekten auf den Blättern abgesondert, in die Länge gezogen und an der Luft ausgehärtet wird. Auf der Spitze dieses stabilen seidenen Stabes lagern die Florfliegen ihre Eier, um sie vor Fressfeinden zu schützen. Dabei sind die Eierstiele nur etwa 15 Mikrometer dick und können ohne Probleme das Gewicht der Eier halten. „Die Florfliegenseide ist äußerst biegesteif und stabil. Diese Besonderheiten möchten wir auf Fasern aus Florfliegenseide übertragen. Bisher war es jedoch nicht möglich, derartige Seidenproteine in ausreichender Menge und Reinheit herzustellen“, erklärt Biotechnologe Martin Schmidt vom Fraunhofer IAP in Potsdam-Golm.
Bakterien stellen Seidenprotein her
Im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird, sind die Potsdamer Forscher und Amsilk dabei, die Seidenproteine der Fliege mithilfe von Bakterien biotechnologisch im großen Maßstab herzustellen. Die Vorarbeiten hierfür leistet das Team um Thomas Scheibel vom Lehrstuhl Biomaterialien der Universität Bayreuth. Es konstruierte einen genetischen Bauplan, der Bakterien befähigt, das Seidenprotein zu produzieren. Dieses Herstellungsverfahren wurde von den Potsdamer Wissenschaftlern so optimiert, dass dieses Seidenprotein nun kostengünstig in großen Mengen hergestellt werden kann. Dabei wurde das Fraunhofer-Team bei molekularbiologischen Arbeiten von den Seidenspinnen-Experten der Firma Amsik unterstützt.
IAP zeigt Florseidenfasern auf der Grünen Woche
„Während die von uns verwendete Biosteel-Faser nach dem Vorbild der Spinnenseide eher weich und flexibel ist, ist Florfliegenseide sehr biegesteif. Diese spezielle Eigenschaft macht sie für die Medizintechnik, aber auch als Verstärkungsfaser für den Leichtbau, also beispielsweise für Autos, Flugzeuge oder Schiffe, interessant“, sagt der wissenschaftliche Geschäftsführer von Amsilk, Lin Römer. Eine erste Materialprobe der neuartigen Biofaser präsentiert das Fraunhofer-Forscherteam übrigens auf der diesjährigen Grünen Woche in Berlin.
bb