EU-Parlament: Klonverbot von Nutztieren gefordert
Die Abgeordneten im Parlament haben sich klar gegen einen Einsatz der Klontechnik bei Nutzieren ausgesprochen. Landwirte sollen demnach weder solche Tiere halten noch Produkte aus ihnen herstellen dürfen.
Vor fast 20 Jahren kam im Labor des schottischen Roslin-Instituts mit Hausschaf "Dolly" das erste geklonte Nutztier zur Welt. Dazu wurde das Erbgut einer ausdifferenzierten Euterzelle in entkernte Eizellen verfrachtet. Mit dieser Methode wurden in der Folge auch Rinder und anderen Nutztiere geklont - beispielsweise wenn es um wertvolle Zuchttiere geht. Eine Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament hat sich nun für ein Klonverbot von Nutztieren ausgesprochen. Damit sollen EU-Bürger davor bewahrt werden, dass künftig Lebensmittel von geklonten Tieren oder deren Nachkommen auf ihren Tellern landen. Von Drittländern soll für Importe ein Zertifikat für "klonfreie" Ware eingefordert werden. Der angenommene Entwurf der Parlamentsausschüsse für Landwirtschaft und Umweltschutz ging über den Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2013 hinaus. Gültig wird der Gesetzesentwurf nur, wenn auch der Ministerrat entscheidet. Noch sind die Meinungen der 28 EU-Regierungen zum Thema noch nicht abgestimmt.
Ursprünglich hatte die Europäische Kommission zwei Richtlinien vorgeschlagen, wonach zwar das Klonen von Schweinen, Schafen, Rindern oder Ziegen für die Landwirtschaft verboten worden wäre, das Klonen von Sportpferden oder zur Herstellung von Arznei wäre jedoch nicht unter die Regelung gefallen. Außerdem hätte Fleisch, Käse oder Milch von nachfolgenden Generationen geklonter Tiere ungekennzeichnet vermarktet werden dürfen. Zudem sollten die Richtlinien vorerst für fünf Jahre gelten.
Parlament verschärft Entwurf der Kommission
Die Abgeordnenten haben diese Vorschläge nun noch einmal verschärft und in eine unmittelbar gültige Verordnung umgewandelt. Das geplante Verbot soll sich demnach nicht nur auf das Fleisch geklonter Nutztiere wie Kühe, Schafe oder Rinder beschränken. Auch sämtliche Produkte, die von Klontieren und ihren Nachkommen stammen, sollen aus europäischen Kühlregalen verbannt werden. So hat es eine Mehrheit von europäischen Abgeordneten im EU-Parlament beschlossen. "Dieser Gesetzentwurf ist eine deutliches Signal an unsere Handelspartner, dass wir nicht bereit sind, unsere eigene Gesundheit, die Gesundheit unserer Familien und die der künftigen Generationen aufs Spiel setzen, indem wir auf Erzeugnisse von zweifelhafter Qualität setzen", sagte die Berichterstatterin des Agrarausschusses, die italiensiche Abgeordnete Giulia Moi (EFDD, IT). Das Klonverbot soll jedoch nicht für Tiere gelten, an denen geforscht wird. Auch die Reproduktion seltener oder gefährdeter Rassen oder die Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten durch Klonen soll weiterhin möglich bleiben, hieß es.
Die Parlamentarierer berufen sich bei ihrer Entscheidung auf die mehrheitlich ablehnende Haltung der Bürger. Demnach würden 80 Prozent der EU-Bürger das Klonen von Tieren zur Lebensmittelherstellung ablehnen. Zugleich werden ethische Bedenken um das Tierwohl als Grund für den Vorstoß genannt. Sie verweisen auf einen Bericht der EU-Lebensmittelbehörde EFSA aus dem Jahr 2008, wonach nur wenige Klontiere lebend geboren werden und die Überlebenden gesundheitlich beeinträchtigt sein können. In einem Update aus dem Jahr 2012 betonte die EFSA jedoch, dass keine Bedenken für den Verzehr von Fleisch von Nachkommen von geklonten Rindern und Schweinen. Hier gebe es keinerlei Unterschiede zu herkömmlichen Fleisch. (zum Bericht hier klicken) „Wir können die langfristigen Folgen der Entscheidung nicht abwägen", sagte die rumänische Abgeordnete Daciana Octavia Sarbu (PSD). Mit Blick auf zukünftige Generationen müsse man daher nicht nur das Klonen, sondern auch die Einfuhr geklonter Nahrungsmittel verbieten.
Zertifikat für "klonfreie"-Ware gefordert
Der Entwurf der europäischen Volksvertreter zielt insbesondere auf ein Verbot der Vermarktung von Zuchtmaterial wie Sperma, Eizellen und Embryonen ab. Darüber hinaus will die EU künftig einen Nachweis von ihren Handelspartner einfordern: eingeführte tierische Nahrungsmittel aus Drittländern sollen demnach „klonfrei“ sein. Dies betrifft vor allem Exportländer wie USA, Kanada, Argentinien und Brasilien. Hier werden Klontechniken bei Nutztieren bereits eingesetzt und Unternehmen betonen, dass die Verfahren immer effizienter und sicherer werden. In der Regel wird auch hier nicht direkt für die Fleischproduktion geklont, das ist zu aufwendig. Vielfach geht es darum, für die Zucht besonders geeignete Bullen oder Kühe zu klonen, um dann deren reproduktives Material zu vermarkten, das auch in der EU bisher gern gekauft worden ist. "Bis jetzt waren wir in der Lage, Reproduktionsmaterial aus Drittländern zu importieren. Wir lassen die Drecksarbeit andere machen und entziehen uns so der Verantwortung", erklärt die Berichterstatterin für den Umweltausschuss, Renate Sommer (EVP, DE) das Importverbot. Für eine solche Umsetzung ist jedoch eine Kennzeichnungspflicht notwendig. Für die Rückverfolgung sollen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens allerdings erst noch nähere Bestimmungen formuliert werden. Dass dies eine der großen Knackpunkte werden wird, ist schon jetzt absehbar: Schon 2011 nämlich waren Verhandlungen über die Kennzeichnung von Klonfood zwischen den europäischen Institutionen gescheitert. Die Kommission hielt damals die Kennzeichnung für zu bürokratisch.
Verbot noch nicht final entschieden
Das radikale Verbot ist allerdings noch nicht beschlossene Sache und könnte frühestens 2017 in Kraft treten, da die 28 EU-Regierungen bei dem Thema gleichberechtigt mitentscheiden und sich noch nicht inhaltlich geäußert haben. Wann und wie eine Entscheidung im Ministerrat getroffen wird, ist daher offen. Auch die Bundesregierung hat zu dem EU-Gesetz noch keine offizielle Position bezogen, obwohl der Koalitionsvertrag eine Kennzeichnungspflicht für Produkte geklonter Tiere enthält. Der Deutsche Bundestag hatte sich allerdings im Mai dieses Jahres fraktionsübergreifend gegen das Klonen von Nutztieren sowie eine Kennzeichnungspflicht geklonter Tiere und deren Fleisch ausgesprochen.