Zwist um EU-Zulassung für Gentechnik-Mais
Die Gentechnik-Maissorte 1507 wird für den Anbau in der EU zugelassen. Bundeslandwirtschaftsminister Friedrich will ein nationales Anbauverbot verhängen.
Die Maissorte 1507 wird die dritte gentechnisch veränderte Pflanze, die auf den Äckern der EU angebaut werden darf: Bei einer Abstimmung des EU-Ministerrats am 11. Februar in Brüssel stimmten 19 EU-Länder gegen, und fünf für eine Zulassung. Vier Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, hatten sich eines Votums enthalten. Dadurch liegt die Entscheidung nun wieder bei der EU-Kommission. Der zuständige Gesundheitskommissar Tonio Borg kündigte indes an, grünes Licht für den Anbau von Mais 1507 zu geben. Die Enthaltung der Bundesregierung hatte sich wegen unterschiedlicher Positionen im Kabinett abgezeichnet. Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich will nun ein nationales Anbauverbot durchsetzen.
Deutschland hatte bereits im Vorfeld der Brüsseler Abstimmung seine Stimmenthaltung angekündigt. Der Grund: die Große Koalition konnte sich nicht auf eine klare Linie zum Gentech-Mais 1507 einigen. Während das von der SPD geführte Ministerien für Wirtschaft als auch das von CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich geführte Agrarministerium den Anbau von gentechnisch veränderten Mais ablehnten, hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die von der CDU-geführten Ministerien für Gesundheit (BMG) sowie Bildung und Forschung (BMBF) für die Zulassung des Gentechnik-Gewächses ausgesprochen.
EFSA hat keine Bedenken
EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg kündigte nach der Abstimmung dann auch an, entsprechend des Vorschlags der EU-Kommission, für eine Zulassung zu stimmen. Sollten keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse auftauchen, scheint der Weg für eine Zulassung der umstrittenen Maissorte 1507 in der Europäischen Union damit frei zu sein. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), welche die EU-Kommission dazu beraten hatte, hatte bisher keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder die Umwelt gesehen. Mit Gentech-Mais 1507 würde die EU zum dritten Mal nach der Maislinie MON810 und der Stärkekartoffel „Amflora“ eine gentechnisch veränderte Pflanze zum Anbau auf europäischen Äckern erlauben.
Bauernverband warnt vor Anbau
CSU-Minister Hans-Peter Friedrich hofft, trotz der zu erwartenden EU-Zulassung, mittels einer Ausstiegsklausel den Anbau der gentechnisch veränderten Maispflanze in Deutschland noch stoppen zu können. Friedrich hatte seine Haltung mit dem Misstrauen der Verbraucher gegenüber Grüner Gentechnik begründet. 88 Prozent der Deutschen hatte sich in einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung gegen den Anbau gentechisch veränderten Pflanzen ausgesprochen. Der Deutsche Bauernverband hat indes seinen Mitgliedern abgeraten, den Mais 1507 anzubauen, schon allein aus Haftungsgründen. Denn nach bisherigem Recht muss der Landwirt für die Verunreinigung von gentechnikfreien Äckern des Nachbarn aufkommen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) geht mit seinen Forderungen noch einen Schritt weiter. Er verlangt eine genaue Kennzeichnungspflicht für alle Bereiche der Gentechnik, um die Wahlfreiheit sicherzustellen
Mais produziert Bt-Toxin
Bei der umstrittenen Maissorte handelt es sich um die Pflanzenlinie 1507 der Firmen Pioneer Dupont und Dow Agroscience. Sie wurde im Labor mit zwei artfremden Genen ausgestattet, so dass sie gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resistent ist und zugleich ein Insektengift produziert, welches sie vor dem Schädling Maiszünsler schützt, gegen den die Bauern ankämpfen. Das Glufonisat-Resistenzgen in der Pflanze diente einst bei der Entwicklung der Pflanze vor allem als technisches Hilfsmittel. Für den Einsatz auf dem Acker spielt es keine Rolle, zumal die EU-Kommission den Gebrauch des Herbizids verbieten will. Umstritten ist vielmehr das zusätzliche Bt-Gen, durch das die Pflanze ein giftiges Eiweißmolekül produziert, das Maiszünslerlarven den Garaus macht. Auch der in Europa für den Anbau zugelassene Mais MON810 funktioniert nach diesem Prinzip. Anbaugegner kritisieren, die Auswirkungen des Bt-Toxins auf Umwelt und andere Insekten seien immer noch nicht genügend geprüft. Das sieht die EFSA indes anders: Sie hat bereits mehrfach die Wirkungen von Bt-Mais auf Tiere und Umwelt geprüft. Fazit: Die Risiken seien vernachlässigbar, wenn bestimmte Anbauregeln berücksichtigt würden. Frankreich, Italien oder Österreich haben bereits angekündigt, auch nach der europäischen Zulassung auf nationale Anbauverbote für Mais 1507 zu drängen. Bisher haben die Länder sich auf die sogenannte Safeguard-Klausel gestützt, so auch Deutschland. Demnach können EU-Zulassungen ausgesetzt werden, sollten neue, zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht bekannte wissenschaftliche Resultate vorliegen, die Zweifel an der Sicherheit begründen. Da die Sorte 1507 nach aktuellem Erkenntnisstand zugelassen wird, dürfte es jedoch schwer werden, sich erneut auf die Safeguard-Klausel zu berufen.
bb