Täglich haben wir mit ihnen zu tun: Tensiden, den waschaktiven Substanzen in Kosmetika und Reinigungsmitteln. In der Badewanne sollen sie ordentlich schäumen, im Geschirrspüler jedoch nicht, im Duschbad sollen sie sich angenehm anfühlen und als Kindershampoo nicht in den Augen brennen. Zudem sollen sie möglichst umweltschonend sein. Noch bis Sommer 2012 wird ein Verbund bestehend aus Universitäten, Forschungsinstituten und Unternehmen im Rahmen des Verbundprojektes „Polymere Tenside (PolyTe)“ an nachhaltigen Herstellungsverfahren auf Basis nachwachsender Rohstoffe forschen. Der Verbund gehört zum Biotechnologie-Cluster CLIB2021, den das Bundesforschungsministerium seit 2007 fördert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert das Tenside-Projekt zudem mit 2,4 Millionen Euro. Die BASF als einer der Projektpartner steuert 720.000 Euro bei.
Weiße Biotechnologie – unter diesem Stichwort lassen sich alle industriell und wirtschaftlich genutzten biotechnologischen Verfahren zusammenfassen. Die Einsatzgebiete sind vielfältig und reichen von Kunststoffen über Pharmazeutika bis hin zur Papierindustrie. Ziel ist es dabei sehr oft, energie- und ressourcenschonende Verfahren auf Basis nachwachsender Rohstoffe zu entwickeln. In dem Projekt „Polymere Tenside“ (PolyTe) werden seit Herbst 2008 Möglichkeiten erforscht, geeignete Tenside für Haushalt und Kosmetika aus nachwachsenden Rohstoffen wie Palmkern- und Kokosölen, Proteinen und Sacchariden zu gewinnen.
Tensiden ist gemeinsam, dass sie sich sowohl aus wasser- als auch aus fettlöslichen Bestandteilen zusammensetzen. Damit eignen sie sich sehr gut für Reinigungsmittel, weil Verschmutzungen sich an die hydrophoben Teile des Moleküls binden, während die hydrophilen Bestandteile dafür sorgen, dass die Tenside im Wasser gelöst bleiben und mitsamt der Verschmutzung weggespült werden können.
Christina Kohlmann, Projektleiterin bei der BASF in Düsseldorf, erläutert die Komplexität der Forschung an Tensiden: „Die Länge der Molekülketten, die wir in die Tenside einbringen, und auch der hydrophile Teil beeinflussen die Eigenschaften dieser neu gewonnenen Stoffe. Die Endprodukte wiederum sind immer Mischungen aus verschiedenen Komponenten und abhängig vom Einsatzgebiet und den gewünschten Eigenschaften.“ Schließlich müssen Textilreiniger andere Verschmutzungen beseitigen als die Parkettbodenpflege oder die Waschemulsion für empfindliche Haut. Zudem spielt die Wasserqualität beim Endverbraucher eine Rolle bei der Wirksamkeit der Produkte. Doch nicht allein das zählt – Auge und Nase der Verbraucher kaufen mit ein, und darum müssen auch Farbe, Geruch, Aussehen und Konsistenz des Endprodukts stimmen.
Der Biotechnologie-Cluster CLIB2021 (Cluster Industrielle Biotechnologie) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Bakterien und Enzyme sollen chemische Verfahren ersetzen
Kohlmanns Team bei der BASF befasst sich mit lipidbiotechnologischen Fragestellungen zur Herstellung von Spezialchemikalien. Es geht also darum, mit welchen Verfahren aus Fetten und Ölen Stoffe mit bestimmten Eigenschaften hergestellt werden können. Vor allem enzymatische und fermentative Verfahren werden getestet, das heißt, anstelle klassischer chemischer Prozesse sollen Enzyme oder Mikroorganismen die Herstellung der Tenside übernehmen. Gerade bei der Fermentation wurden sehr gute Fortschritte erzielt, sagt Kohlmann. „Die Mikroorganismen verarbeiten dabei jeweils Zucker- und pflanzliche Ölderivate zu unseren Tensiden. Wir haben dabei enorme Erkenntnisse darüber gewonnen, welche Organismen, welche Zucker und welche Substrate dafür besonders geeignet sind.“ Auch nach Abschluss des Projektes wird Kohlmanns Arbeitsgruppe weiter auf diesem Gebiet forschen.
Herausforderungen sieht sie bei den enzymatischen Verfahren. Da sei noch eine Menge Forschungsarbeit nötig, vor allem um effektive und produktionstaugliche Methoden zur Verbindung von Zuckern und Fetten zu etablieren. Auch das Lösungsmittel sei dabei entscheidend, erläutert die Biotechnologin: „Enzyme arbeiten normalerweise in einem wässrigen Milieu, aber in diesem Fall haben wir organische Komponenten, die nicht wasserlöslich sind.“ Aber auch hier sehe sie Potenzial für weitere Forschungsarbeiten.
Industrielle Praxistauglichkeit ist entscheidend
Einen weiteren Schwerpunkt legt ihre Arbeitsgruppe auf peptidbasierte Verbindungen. Dabei werden Proteine aus der Natur, aus Weizen oder Reis beispielsweise, in kleinere Bruchstücke, so genannte Peptide überführt. Weiterhin wird untersucht, wie solche klar definierten Peptide chemisch oder enzymatisch aus einzelnen Aminosäuren herzustellen sind.
Was von diesen Experimenten, die sehr nah an der Grundlagenforschung operieren, tatsächlich in der Produktion Anwendung finden wird, lässt sich allerdings nicht vorhersagen, so Christina Kohlmann. „Wir erarbeiten Verfahren zur industriellen Herstellung von Tensiden. Es werden zwar alle Alternativen evaluiert, aber am Ende wird sich der effektivste Prozess im Hinblick auf Kosten, Verfügbarkeit, Energieverbrauch und andere Aspekte der Nachhaltigkeit durchsetzen.“