Die Tricks von Schadpilzen aufdecken

Die Tricks von Schadpilzen aufdecken

Ein Forschungsprojekt untersucht die Mechanismen, mit denen Schadpilze in Kulturpflanzen eindringen. Die Erkenntnisse sollen helfen, Ernteausfälle zu verhindern und den Fungizideinsatz zu verringern.

Mikroskop-Aufnahme einer keimenden Pilzspore auf einem Blatt.
Mikroskopaufnahme einer keimenden Pilzspore auf einem Blatt

Weltweit sind mehrere hundert Pilzerkrankungen bekannt, die Kulturpflanzen wie Mais, Kohl, Rüben, Raps oder Reis befallen. Schätzungen zufolge verursachen sie jährlich Ernteausfälle von 20 bis 40 %. Die Schadpilze benutzen komplexe Kommunikationskanäle, um in ihre pflanzlichen Wirte einzudringen. Wie dieser Angriff gelingt und wie er sich verhindern lässt, untersucht das Projekt exRNA an der Hochschule Darmstadt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird.

Der Pilz als Eindringling

Wie modifizieren die Pilze eine Pflanze zu ihrem eigenen Vorteil? Wie reagiert die Pflanze darauf? Das sind die zentralen Fragen, mit denen sich Projektleiterin Vera Göhre vom Fachbereich Chemie und Biotechnologie befasst. Sie ist auch Gruppenleiterin im Exzellenzcluster für Pflanzenwissenschaften (CEPLAS) und hofft, durch ihre Forschung den Einsatz giftiger Fungizide verhindern zu können.

Dafür untersuchen sie und ihr Team im Rahmen ihres Projekts exRNA den Brandpilz Thecaphora thlaspeos und die Gänsekresse, die er befällt. Die Forscherin bezeichnet diese Modellorganismen als „Traumpaar“ für die Forschung, da sie genetisch sehr einfach sind. Doch die Erkenntnisse sollen sich auch auf andere wirtschaftlich relevante Pilze wie Maisbeulenbrand, verschiedene Getreidebrände oder Schimmelpilze übertragen lassen.

In der Zellwand gibt es keine Türen, weshalb die Schädlinge in die molekularbiologische Trickkiste greifen, nachdem die Pilzspore die Wirtspflanze erkannt hat und auskeimt: „Sie können zum Beispiel Enzyme absondern, die die Zellwand wegfressen“, erklärt Göhre. Auf diese Weise gelangen die Pilze bis zur Zellmembran und werden von der Wirtspflanze mit Zuckermolekülen versorgt. Zusätzlich schleust der Pilz eigene Proteine und genetische Informationen durch die Membran in die Pflanzenzellen ein. Wie ein Trojanisches Pferd kapert der Pilz schließlich die Wirtszelle. Der neue wissenschaftliche Ansatz von Göhre besteht darin, diesen Kontakt zwischen Pilz und Pflanze zu untersuchen und herauszufinden, was genau dabei passiert.

Pflanzen im Verteidigungsmodus

Um ihre Werkzeuge in die Pflanzen einzuschleusen, nutzen die Pilze kleine Membranbläschen – sogenannte Vesikel. „Bis vor drei, vier Jahren wurde dogmatisch gesagt: Das geht nicht, durch die starre Pflanzenzellwand kommt nichts rein oder raus“, sagt Göhre. Inzwischen jedoch habe sich die Meinung durchgesetzt, dass solche „trojanischen Vesikel“ tatsächlich existieren.

Die Wirtspflanzen ihrerseits versuchen sich zu wehren. Dazu können auch sie Vesikel absondern. Zwischen Pilz und Pflanze entbrennt schließlich eine regelrechte Vesikel-Schlacht, so Göhre: „Wenn wir die RNAs identifizieren können, die die Pflanze zu ihrer Verteidigung rüberschickt, können wir sie für den Pflanzenschutz nutzen – entweder indem wir die Pflanzen für die Forschung genetisch so verändern, dass sie aus eigener Kraft mehr davon produzieren, oder indem man RNA-Sprays für den Pflanzenschutz entwickelt.“

Diese „Spray-induzierte Genstilllegung“ könnte gezielt wichtige Gene im Schadpilz ausschalten und so den massenhaften Einsatz von Fungiziden überflüssig machen – zumindest ist das die Hoffnung. Bis dahin sind noch viele Fragen zu klären: etwa, was genau die Vesikel laden oder wie sie ihr Ziel finden. 

chk