Biokatalysatoren in der Tiefsee aufspüren

Biokatalysatoren in der Tiefsee aufspüren

Ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung von Kieler GEOMAR-Forschenden sucht in extremen Lebensräumen der Erde nach robusten Mikroorganismen, um biotechnologische Anwendungen zu beschleunigen.

Tiefseeschwämme und ihre symbiotischen Bakterien sind ein Forschungsschwerpunkt am GEOMAR. Im Projekt XTREAM werden sich die beteiligten Wissenschaftler:innen besonders auf die Suche nach neuen Biokatalysatoren fokussieren.
Tiefseeschwämme und ihre symbiotischen Bakterien sind ein Forschungsschwerpunkt am GEOMAR.

Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Hefen sind die unsichtbaren kleinen Helfer der Bioökonomie. Mit ihrer Hilfe können biologische Ressourcen erschlossen, neue biobasierte Produkte hergestellt und Produktionsprozesse nachhaltiger und effizienter werden. Auf der Suche nach neuen Mikroorganismen für biotechnologische Anwendungen wollen Forschende im neu gestarteten EU-Projekt XTREAM nun die extremen Lebensräume der Erde unter die Lupe nehmen. An dem Vorhaben sind 13 Forschungseinrichtungen aus sieben Ländern beteiligt – darunter das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Potenziale extremophiler Mikroorganismen erkunden

„Mikroorganismen aus extremen Lebensräumen sind die größten Problemlöser der Natur. Mit XTREAM wollen wir ihr volles Potenzial ausschöpfen, um drängende Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Projektleiter Antonio García-Moyano vom NORCE Norwegian Research Centre.

Viele der bekannten mikrobiellen Werkzeuge wie das Kolibakterium Escheria Coli oder die sogenannte Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae sind für extreme Prozessbedingungen wie hohe Temperaturen ungeeignet. Ganz anders extremophile Mikroorganismen – sie haben sich an die lebensfeindlichen Bedingungen angepasst und über Millionen Jahre hinweg Eigenschaften entwickelt, um unter extremen Umweltbedingungen wie starkem Druck oder hohen Temperaturen zu überleben. 

Enzyme aus der Tiefsee für biotechnologische Anwendungen

Das GEOMAR-Team ist auf die Erforschung von Tiefseeschwämmen und Mikroben, die mit ihnen in Symbiose leben, spezialisiert. Im Rahmen des EU-Projektes wird die Forschungsgruppe um Erik Borchert gezielt nach neuen Biokatalysatoren suchen, also Enzymen, die biochemische Reaktionen ermöglichen oder beschleunigen. „Wenn wir ihre Mechanismen verstehen, können wir völlig neue Wege für biotechnologische Anwendungen erschließen“, so Borchert, Umweltmikrobiologe am Kieler GEOMAR.

Nicht nur in Tiefseeschwämmen auch in Gletschern, heißen Quellen und sauren Bergbaugebieten will das internationale Forschungsteam nach potenziellen Mikroorganismen für innovative Anwendungen in der Pharmazie, Medizin, Landwirtschaft sowie Futter- und Lebensmittelproduktion suchen. Die Suche nach neuen Werkzeugen für die Biotechnologie soll dabei möglichst umweltfreundlich und nachhaltig erfolgen. „Mit modernsten Technologien wie mikrofluidischen Analysen, künstlicher Intelligenz und hoch entwickelten Drohnen kombinieren wir Innovation mit Umweltverantwortung“, betont García-Moyano.

Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaften in Europa

Die Forschenden sind überzeugt: Mikroben, die unter so extremen Umweltbedingungen überleben, können „der Schlüssel zu neuen Medikamenten, biochemischen Stoffen und stabilen Enzymen sein“ und damit einen wesentlichen Betrag „zur Entwicklung einer umweltfreundlichen, nachhaltigen Wirtschaft in Europa“ leisten. „XTREAM beschleunigt den Weg von der Entdeckung bis zur Anwendung und schafft biobasierte Lösungen, die mit den europäischen Klimazielen im Einklang stehen“, so García-Moyano.

Das Projekt XTREAM wird im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon Europe von der Europäischen Union von 2025 bis 2028 mit insgesamt 4.460.000 Euro gefördert.

bb