ERC-Förderung für Erforschung anaerober Bakterien
Der Jenaer Naturstoff-Forscher Christian Hertweck wird für seine wegweisende Forschung zu neuen Wirkstoffen aus anaeroben Bakterien mit dem ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet.
Anaerobe Bakterien gehören zu den ältesten Organismen der Erde. Da für sie Sauerstoff lebensbedrohlich ist, haben sie spezielle Stoffwechselwege entwickelt, die ihnen ein Überleben in sauerstofffreien Regionen ermöglichen. So sind anaerobe Bakterien auch im menschlichen Darm angesiedelt, wo sie erheblichen Einfluss auf die Gesundheit haben. Aber nicht nur das. Ihr spezieller Stoffwechsel macht sie auch zu begehrten Werkzeugen in der Biotechnologie. Bisher spielen sie hier eine untergeordnete Rolle. Mit dem Projekt „AnoxyGen“ will der Jenaer Naturstoff-Forscher Christian Hertweck das ändern. Darin wird er gemeinsam mit seinem Team neuartige Wirkstoffe von sogenannten Anaerobiern entschlüsseln und ihre Rolle in der Natur aufklären. Für seine zukunftsweisende Forschung wird der Wissenschaftler mit dem renommierten ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet. Die Projektarbeit wird damit über fünf Jahre unterstützt.
Biosynthese-Potenzial anaerober Bakterien erschließen
„Anaerobe Bakterien sind bisher noch zu wenig erforscht, ihre Stoffwechselvorgänge bieten aber ein großes Potenzial für die Entdeckung neuer Wirkstoffe. Außerdem können wir daraus auch neue Erkenntnisse für ihre Rolle als Krankheitserreger gewinnen“, sagt Hertweck. Er leitet die Abteilung Biomolekulare Chemie am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) und ist Professor für Naturstoffchemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
In den kommenden Jahren will ein interdisziplinäres Team um Hertweck das bisher ungenutzte Biosynthese-Potenzial von Anaerobiern erschließen. Um die unbekannten Stoffwechselwege dieser Bakterien zu entschlüsseln und nutzbar zu machen, werden neue Werkzeuge der molekularen und synthetischen Biologie entwickelt.
Großer Nutzen für Medizin, Ökologie und Biotechnologie
So sollen etwa mithilfe eines leistungsfähigen Expressionssystems neue Wirkstoffe identifiziert und modifiziert werden, damit auch Toxine und Virulenzfaktoren von krankheitserregenden Anaerobiern produziert und erforscht werden können, ohne dafür große Mengen der Krankheitserreger selbst kultivieren zu müssen. „Mit dem Projekt möchten wir neuartige Methoden und Werkzeuge für die wissenschaftliche Gemeinschaft bereitstellen. Wir erhoffen uns von ‚AnoxyGen‘ einen großen Nutzen, insbesondere für die Medizin, aber auch für die Ökologie und die Biotechnologie“, so Hertweck.
bb