Clariant: Aus für kommerzielle Bioraffinerie in Rumänien

Clariant: Aus für kommerzielle Bioraffinerie in Rumänien

Der Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant stellt die verlustreiche Produktion von Cellulose-Ethanol aus Stroh in seinem erst 2022 eröffneten Werk in Rumänien ein. Entsprechende Aktivitäten in Straubing, München und Planegg werden ebenfalls heruntergefahren.

Clariants Vorzeigeanlage zur sunliquid®-Zellulose-Ethanol-Produktion in Podari, Rumänien
Clariants Anlage zur Cellulose-Ethanol-Produktion im rumänischen Podari wird geschlossen.

Stroh zu Sprit: Es war die erste Großanlage zur kommerziellen Produktion von Cellulose-Ethanol, einem Biokraftstoff der zweiten Generation, die im Juni vergangenen Jahres im rumänischen Podari den Betrieb aufnahm. Nun hat der Spezialchemiekonzern Clariant überraschend das Aus für das neue Werk verkündet. Wie das Schweizer Unternehmen am 6. Dezember mitteilte, entschied der Verwaltungsrat, die Vorzeigeanlage zur Ethanol-Produktion nach dem Sunliquid-Verfahren zu schließen. Auch an den deutschen Standorten in München, Planegg und Straubing sollen die Entwicklungsaktivitäten entsprechend zurückgefahren werden.

„Anhaltende Verluste wirtschaftlich nicht vertretbar“

Der Entscheidung war eine strategische Prüfung vorausgegangen, nachdem deutlich wurde, dass die Anlage die angestrebten betrieblichen Parameter nicht erfüllen kann. Im Ergebnis der Untersuchung kam das Management von Clariant zu dem Schluss, „dass der weitere Hochlauf der Anlage in Podari, erhebliche zusätzliche Investitionen erfordern würde“ und „angesichts der anhaltenden Verluste für Clariant wirtschaftlich nicht vertretbar ist“. „Für ein innovationsgetriebenes Unternehmen wie Clariant ist es unumgänglich, klare Entscheidungen zu treffen, wenn ein Projekt die Erwartungen nicht erfüllt, und unsere nachhaltige Wachstumsstrategie noch konsequenter umzusetzen“, sagte Conrad Keijzer, Chief Executive Officer von Clariant.

EU und Bundesregierung förderten Bioraffinerie-Konzept

Insgesamt hat Clariant 240 Mio. CHF in das Vorzeigewerk in Rumänien investiert. Der Bau der Bioraffinerie-Großanlage wurde zudem von der EU mit 40 Mio. Euro im Rahmen des Bio-Based Industries Joint Undertaking (BBI) unterstützt.

Bei einer jährlichen Produktionskapazität von 50.000 Tonnen sollten pro Jahr etwa 250.000 Tonnen Weizenstroh und sonstiges Getreidestroh von Landwirten vor Ort verarbeitet werden. Erwartet wurden Umsätze im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Doch offenbar gab es große technische Probleme, das heterogene Rohmaterial im Industriemaßstab zu verarbeiten, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt. In der Folge blieben die Produktionsmengen weit hinter den Zielen zurück. Laut FAZ generierte das neue Werk Quartal für Quartal operativ zweistellige Millionenverluste.

Das Sunliquid-Verfahren wurde ursprünglich von einem Team der Süd-Chemie in München entwickelt, die 2011 von Clariant übernommen worden war. In dem biotechnischen Verfahren wird die in den Pflanzenfasern steckende Lignocellulose mithilfe von Mikroorganismen und Enzymen in kleinere Zuckermoleküle zerlegt, Hefen vergären diese dann in einem weiteren Schritt zu Ethanol.

In einer Demonstrationsanlage im bayerischen Straubing wurde diese Technologie seit 2012 erfolgreich getestet. In dem für 28 Mio. Euro errichteten Anlagenkomplex entstehen aus Weizenstroh und anderen Feldabfällen jährlich 1.000 Tonnen Cellulose-Ethanol. Der Bau der Anlage wurde seinerzeit mit jeweils 5 Mio. Euro vom Bundesforschungsministerium und dem Freistaat Bayern gefördert.

Clariant strebt sozialverträgliche Lösung an

Die Schließung des Werkes in Podari einschließlich die Drosselung der Aktivitäten in Deutschland wird Clariant ersten Schätzungen zufolge rund 60 bis 90 Mio. CHF kosten. Weitere 110 Mio. CHF kommen durch Abschreibungen auf den Vermögenswert der rumänischen Anlage hinzu. Von der Schließung betroffen sind 120 Mitarbeiter im Werk in Podari sowie rund 50 Beschäftigte in der Pilotanlage in Straubing und die in den Entwicklungslaboren in Planegg bei München tätigen Mitarbeitenden. Clariant kündigte an, „eng mit den Arbeitnehmervertretern in Rumänien und Deutschland zusammenzuarbeiten, um möglichst sozialverträgliche Lösungen zu finden“.

bb/pg