Tiefsee-Enzym meistert PET-Abbau

Tiefsee-Enzym meistert PET-Abbau

Das aus Archaeen stammende Enzym PET46 zersetzt mittel- und langkettige Kunststoffmoleküle, wie ein Forschungsteam aus Deutschland herausgefunden hat.

Frau im Laborkittel untersucht eine rötliche Flüssigkeitsprobe vor einer Laborbank.
Professorin Ruth Schmitz-Streit und Forschende aus ihrer Arbeitsgruppe an der Uni Kiel waren an der neuen Studie über das erstmalig beschriebene PET-abbauende Enzym PET46 aus einem nicht-kultivierten Tiefsee-Mikroorganismus beteiligt.

Tief im Meer schlummert offenbar eine weitere biologische Lösung für das globale Plastikmüllproblem: Forschende der Universitäten Kiel, Hamburg und Düsseldorf haben in einem Mikroorganismus aus der Tiefsee ein Enzym entdeckt, das den Kunststoff Polyethylenterephthalat, kurz PET, zersetzt. PET ist der Hauptbestandteil vieler Plastikflaschen.

Bedeutung der Tiefsee-Archaeen für PET-Abbau im Meer

„Wir haben in unserer Studie eine neue genetische Ressource aus Tiefseeorganismen aus dem Reich der Archaeen entdeckt“, berichtet Ruth Schmitz-Streit, Leiterin der Arbeitsgruppe Molekularbiologie der Mikroorganismen an der Universität Kiel. PET-abbauende Enzyme sind keine Rarität mehr: Mehr als 80 verschiedene Enzyme mit dieser Fähigkeit kennt die Forschung mittlerweile. Die meisten von ihnen stammen jedoch aus Bakterien und Pilzen und nicht wie das nun entdeckte aus einer Archaee.

„Unsere Daten tragen dazu bei, das Wissen über die ökologische Rolle der Tiefsee-Archaeen und die mögliche Zersetzung von PET-Abfällen im Meer zu erweitern“, ordnet die Mikrobiologin die Bedeutung der Entdeckung ein, über die das Team im Fachjournal "Communications Chemistry" berichtet.

Außergewöhnliche Struktur des reaktiven Zentrums

Identifiziert haben die Forschenden das Enzym nicht etwa, indem sie die Tiefsee-Mikrobe im Labor kultivierten – dieser Versuch scheitert oftmals, weil sich im Labor nicht die geeigneten Bedingungen herstellen lassen. Stattdessen hat das Team die gesamte DNA aller Organismen einer Wasserprobe aus der Tiefsee analysiert. Dabei suchten die Fachleute nach Ähnlichkeiten zu den Genen der bekannten PET-abbauenden Enzyme. Das passende Gen haben die Forschenden dann in das Modellbakterium Escherichia coli eingepflanzt und so das Enzym hergestellt.

Das Team untersuchte daraufhin das als PET46 bezeichnete Enzym genauer. Dabei stellte sich heraus, dass es sich strukturell stark von den bislang bekannten PET-abbauenden Enzymen unterscheidet. Speziell das reaktive Zentrum besitzt eine Art Deckel, durch den es besonders gut das Substrat binden kann. Das Enzym ist dadurch sowohl in der Lage, kurzkettige PET-Oligomere als auch langkettige PET-Polymere abzubauen.

Bedeutsam für Kompostierung und natürlichen Abbau von Plastikmüll

Das nun entdeckte Enzym ist damit dreifach von Bedeutung: Es ließe sich biotechnologisch nutzen, um PET-Kunststoffe zu recyceln oder industriell zu kompostieren: Anders als viele PET-abbauende Enzyme arbeitet PET46 effizient bei Temperaturen von 70 Grad Celsius. Außerdem dürfte das Enzym im Meer dafür sorgen, dass PET-Abfälle biologisch abgebaut werden. Und nicht zuletzt ähnelt PET dem Holzbestandteil Lignin ebenso wie das Enzym PET46 dem Lignin-abbauenden Enzym Ferulasäure-Esterase ähnelt. An Land könnte PET46 somit an der Kompostierung von Holz im Waldboden beteiligt sein.

Das Forschungsvorhaben war Teil des Projekts PASTISEA, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme BioProMare gefördert wurde.

bl