Alte Papierhandtücher als Wertstoff für die Bioökonomie

Alte Papierhandtücher als Wertstoff für die Bioökonomie

Forschende der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel wollen aus dem Zellstoff weggeworfener Papierhandtücher Glucose gewinnen und als neuen biobasierten Wertstoff für die Industrie etablieren.

Papierhandtücher
Handelsübliche Papierhandtücher bestehen überwiegend aus Zellulose und werden als Abfall verbrannt.

Papierhandtücher sind praktisch und haben vielerorts das klassische Stoffhandtuch im Sanitärbereich oder in der Küche ersetzt. Entsprechend groß ist die Abfallmenge, die durch den einmaligen Gebrauch entsteht. Rund 70.000 Tonnen landen bundesweit jährlich im Müll und werden verbrannt. Dabei gelangt klimaschädliches CO2 in die Umwelt. Im Projekt Cell2Cell wollen Forscherinnen und Forscher diesen Abfall nun in einen Wertstoff für die biotechnologische Produktion umwandeln. Ein Team um Elke Wilharm von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel entwickelt dabei gemeinsam mit Partnern ein Verfahren, um den Papierhandtuchabfall nachhaltig zu verwerten.

Glucose aus Zellstoff gewinnen

„Papierhandtücher nutzt man täglich. Das ist einmal benutztes Papier, das quasi noch sauber ist. Es besteht zum überwiegenden Teil aus Zellulose, die aus vielen einzelnen Traubenzucker-Molekülen besteht, und diese Zucker sind vielfältig nutzbar und eindeutig zu schade zum Verbrennen“, erklärt Projektleiterin Elke Wilharm.

Papierhandtücher zu Bioplastik upcyceln

Beim Upcycling konzentrieren sich die Forscherinnen und Forscher auf die Zellulose in den Papierhandtüchern. Das ist ein Mehrfachzucker, der Traubenzucker (Glucose) – enthält. „Wir versuchen, an der Stelle die Organik zu bewahren, das heißt in unserem Fall die Glucose aus dem Zellstoff beispielsweise zu Bioplastik upzucyclen und dadurch sowohl den Ausstoß von CO2 zu verringern als auch Öl für neue Kunststoffe einzusparen“, so Wilharm.

Entwicklung einer neue Methode der Verzuckerung

Im Rahmen des Projektes wollen die Forschenden nun eine effektive Methode zur Verzuckerung – der Überführung der Zellulose in Glucose – entwickeln. Die so gewonnene Zuckerlösung dient als Ausgangsstoff für biotechnologische Synthesen und damit zur Herstellung biobasierter Produkte. „Sie dient sozusagen als Grundlage für Hefen, Bakterien oder Schimmelpilze, die aus der Zuckerlösung zum Beispiel Bioethanol, organische Säuren oder auch Biokunststoff herstellen können“, sagt Wilharm.

Die Entwicklung des Verfahrens zur Glukose-Gewinnung übernehmen die Wolfenbütteler Forscherinnen und Forscher. Dazu gehört die Bestimmung der Prozessparameter für die Verzuckerung ebenso wie die Verzuckerung selbst. Dabei wird die im Papier enthaltene Cellulose mit Hilfe spezieller Enzyme zu löslicher Glucose abgebaut. Die Zuckerlösung wird anschließend im „Downstreaming" von den Reststoffen getrennt und aufkonzentriert. Bei der Sammlung der Reststoffe werden die Forschenden von der lokalen Abfallwirtschaft unterstützt.  

Prozess für die Industrie skalierbar machen

Ziel des Forschungsteams ist es, einen optimierten Prozess zu entwickeln, der für die Industrie skalierbar und kalkulierbar ist. Dabei kooperieren die Forschenden der Ostfalia Hochschule mit dem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse in Leuna. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass das Projekt technisch funktionieren wird. Die eigentliche Schwierigkeit wird darin bestehen, die Wirtschaftlichkeit des Prozesses darzustellen“, sagt Wilharm.

Potenzial sieht Wilharm vor allem darin, dass mit dem Verfahren aus Abfällen ein Rohstoff für die Herstellung einer Vielzahl neuer Produkte gewonnen und gleichzeitig CO2-Emissionen eingespart werden können. Damit leiste das Projekt einen Beitrag zur Entwicklung einer abfallbasierten Wertschöpfungskette als Teil der sogenannten Bioökonomie, so Wilharm. Das Vorhaben wird bis 2025 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

bb