Biokunststoff aus Orangenschalen

Biokunststoff aus Orangenschalen

Bayreuther Forscher haben einen leistungsstarken Biokunststoff entwickelt, der auf Orangenschalen basiert.

Diese ausgepressten Orangenschalen könnten der Grundstock für neue Biokunststoffe sein.
Diese ausgepressten Orangenschalen könnten der Grundstock für neue Biokunststoffe sein.

Biokunststoffe haben den Ruf, zwar umweltfreundlich, aber nicht so leistungsfähig wie die erdölbasierte Konkurrenz zu sein. Dafür liefern Forscher der Universität Bayreuth nun den Gegenbeweis. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, haben sie einen leistungsstarken „grünen Alleskönner“ entwickelt, der das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten von Biokunststoffen deutlich erweitert. Dabei handelt es sich um ein Polycarbonat namens Plimc, das auf Orangenschalen und Kohlendioxid basiert und sowohl hart, hitzebeständig als auch durchsichtig ist.

Biokunststoffe liegen im Trend. Doch in punkto Hitzebeständigkeit und Stabilität hinken die umweltfreundlichen Materialien den erdölbasierten Stoffen oft noch hinterher und sind somit in der Industrie nur begrenzt einsetzbar. Bundesweit arbeiten Wissenschaftler daran, diese Hürde zu nehmen. So entwickeln Fraunhofer-Forscher zwei neue Typen aus Polymilchsäure (PLA), die sowohl stabil als auch hitzebeständiger sind als die bisher in Joghurtbechern Ebenso leistungsstark soll der auf pflanzlichem Zucker basierende Biokunststoff Polyethylenfuranat (PEF) sein, den der Chemiekonzern BASF gemeinsam mit einem niederländischen Unternehmen .

Polycarbonat aus Orangenschalen

Nun liefern Forscher der Universität Bayreuth einen weiteren Beweis dafür, dass biobasierte Kunststoffe durchaus mit herkömmlichen Kunststoffen mithalten können. Das Team um den Polymerforscher Andreas Greiner hat dafür einen neuen Grundstoff zur Herstellung von Biokunstoffen entwickelt – das Polycarbonat Plimc. Plimc basiert auf Orangenschalen, denen der Naturstoff Limonen entzogen wurd. Dieses Gemisch wird oxidiert und mit Kohlendioxid verbunden.

Biokunststoffe ohne schädliches Bisphenol A

Im Unterschied zu herkömmlichen Polycarbonaten, die in Kunststoffen eingesetzt werden, enthält Plimc nicht die gesundheitsschädliche Substanz Bisphenol A. Außerdem überzeugt der neue biobasierte Kunststoff mit einer Reihe von Eigenschaften, die das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten stark erweitert. Wie das Team in Nature Communications berichtet, ist Plimc hart, äußerst hitzebeständig und durchsichtig und eignet sich deshalb besonders gut als Material für Beschichtungen.

Antimikrobielle Polymere für Behälter in Krankenhäusern

Über das neue biobasierte Material berichteten die Forscher bereits im vergangenen Jahr im Fachjournal Nature (2015, Online-Veröffentlichung). Die neue Studie liefert nun weitere Erkenntnisse für die breiten Anwendungsmöglichkeiten von Plimc. „Wir haben an einigen konkreten Beispielen gezeigt, dass sich Plimc hervorragend als Grundstoff eignet, aus dem sich vielseitige Kunststoffe mit sehr spezifischen Eigenschaften entwickeln lassen. Plimc besitzt nämlich eine Doppelbindung, die gezielt für weitere Synthesen genutzt werden kann“, erklärt der Leiter des Bayreuther Forschungsteams Andreas Greiner. Der Studie zufolge eignen sich Plimc-basierte Kunststoffe beispielsweise für antimikrobielle Polymere, da sie in der Lage sind, Anhaftungen von E.coli-Bakterien zu verhindern. Behälter aus diesem Material könnten somit auch das Infektionsrisiko in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen deutlich senken. Wegen des geringen Entzündungsrisikos wäre Plimc somit auch für die Herstellung von Kunststoff-Implantaten geeignet.

Mit Plimc-Materialien die Weltmeere schonen

Darüber hinaus hätte das biobasierte Polycarbonat das Potenzial, sich auf ökologisch unbedenkliche Weise im salzigen Meerwasser aufzulösen und zu zersetzen. Flaschen, Tüten oder andere Behälter aus Plimc würden einfach auf natürliche Weise entsorgt und würden die ohnehin vermüllten Weltmeere nicht noch mehr belasten. Gerade erst hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein milliardenschweres Forschungsprogramm gestartet, um den

Orangenabfälle einfach nutzen

Die Bayreuther Forscher sind überzeugt, dass dem Einsatz von Plimc-Materialien keine Grenzen gesetzt sind. „Die Herstellung von Plimc ist einfach zu handhaben und ausgesprochen umweltfreundlich. Die Schalenabfälle von Unternehmen, die Orangensäfte produzieren, können recycelt werden, und ebenso kann das Treibhausgas CO2 verwertet werden, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Zudem sind die vielfältigen Kunststoffe, die auf Basis von Plimc ohne großen technischen oder finanziellen Aufwand synthetisiert werden können, ökologisch unbedenklich und recycelbar“, erklärt Oliver Hauenstein.

bb