Thomas Brück – Der Ölinnovator
Können Algen und Hefen unser Klima retten? Für Thomas Brück stellen die oleogenen Mikroorganismen eine wichtige Ölquelle der Zukunft dar – eine Alternative zu fossilen Rohstoffen und flächenintensiven Pflanzenölen. Als Leiter des Werner Siemens-Lehrstuhls für Synthetische Biotechnologie an der TU München erforscht er natürliche Kreisläufe und Organismen und macht sie mit biotechnologischen Verfahren für industrielle Prozesse fit. Seine Vision ist, durch innovative Technologien und klimaneutrale Produkte mehr Nachhaltigkeit in unser Wirtschaften zu bringen. Hierfür engagiert er sich als Forscher, Gründer und auch als Mitglied des Bioökonomierats.
Video Transkript
DIE BIOPIONIERE | Der Ölinnovator – Thomas Brück produziert mikrobielles Öl mit Algen und Hefen
„Die Vision ist, dass wir in den nächsten ein, zwei Dekaden – noch in meiner Lebenszeit vielleicht – eine Transformation sehen werden, hin zu einem zirkulären Handel und Wandel, wo wir natürliche Ressourcen nutzen, ohne das Ökosystem zu schädigen.“
„Mein Name ist Thomas Brück. Ich leite den Werner Siemens-Lehrstuhl für Synthetische Biotechnologie an der TU München und wir befassen uns mit Fragen der Nachhaltigkeit und zirkulären Bioökonomie.
Die Natur ist immer unser Vorbild. Es ist die Quelle unserer Forschung. Wir wollen Wissen schaffen daüber, wie Natur funktioniert, aber darüber hinaus auch die Werkzeuge der Natur nutzen, um dann nachhaltige Produkte zu machen. Da nutzen wir eben diese biotechnologischen Verfahren, um die Organismen, die wir aus der Natur holen, für einen industriellen Prozess anzupassen.
Ein zentrales Thema sind oleogene, also Öl bildende Organismen, wie zum Beispiel Algen oder Hefen. Bei der Herstellung von Algenölen über phototrophe Prozesse gibt es immer eine erste Phase, wo ich über vier, fünf Tage hinweg Biomasse aufbaue. Und an dem Punkt wird dann ein Nährstoff entzogen, die Algen hören auf zu wachsen und lagern stattdessen bis zu 70% Öle ein.
Die Hefen können natürlich nicht Licht nutzen, sondern nutzen Zucker. Wir gehen hier besonders auf biogene Reststoffe, zum Beispiel die Nutzung von zuckerhaltigen Reststoffen aus der Papierindustrie. Und unsere Hefen können diese Abfallströme sehr gut verwerten und umsetzen in Öle. Und da haben wir Innovation reingebracht: mit unserem Ölhefeprozess können wir die Biomasse- und die Ölbildung parallel laufen lassen und sind dabei effizienter.
Diese mikrobiellen Öle sind ja eigentlich chemisch gleich zum Pflanzenöl, das heißt, ich kann daraus Nahrungsmittel machen – vom Frittieröl bis hin zu Margarine. Ich kann daraus Plastik, Tenside, also Seifen, und auch Biokraftstoffe machen. Und ich kann natürlich solche abgefahrenen Sachen machen wie Carbonfasern. Das ist jetzt neu. Das sind so die Innovationen, die wir gerne reinbringen.
Mikroorganismen wachsen sehr, sehr schnell. Die Alge zum Beispiel wächst zehnmal schneller als eine Landpflanze. Das liegt daran, dass ihre photosynthetische Effizienz etwa vier Mal höher ist. Sie kann also viermal schneller CO2 in Biomasse umwandeln oder Wertstoffe, die wir haben wollen. Plus, ein weiterer Punkt ist, dass Mikroorganismen natürlich keine landwirtschaftliche Fläche brauchen. Wir können sie auf Brachflächen oder sogar Industriebrachen kultivieren. Wir können das Ganze vertikalisieren, das heißt nach oben bauen und haben damit eine viel höhere Flächen-Effizienz. Das heißt, auf einem Hektar Fermenter können wir etwa so viel Öl produzieren wie auf 80.000 Hektar Palmölplantagen.
Natürlich hat die Industrie einen gewissen Auftrag, diese nachhaltigen Prozesse auch in die Gesellschaft reinzubringen. Aber klar steht immer der wirtschaftliche Effekt im Vordergrund – immer noch. Die erste Frage ist: Wie viel kostet das? Aber wir sehen hier schon eine Entwicklung, auch bei den Industrie Partnern, wo man dann sagt: Okay, wieviel CO2-Einsparung habe ich. Was ist der Impact auf die Biodiversität? Das war früher nicht so. Das freut mich persönlich, dass dieser Wandel auch schon in den Köpfen angekommen ist, auch von Konzernlenker. Aber das sind nur die Anfänge.
Überzeugen tut man nur, indem man die Zahlen auf den Tisch legt. Geht der Prozess und geht er auch in einem größeren Maßstab? Wir haben hier den großen Vorteil an der TUM, unsere Prozesse vom 1-Millimeter-Maßstab bis in den 1000-Liter-Maßstab treiben zu können und dann die ökonomischen und ökologischen Daten zu generieren, die klar darlegen, wie gut diese Prozesse sind. Und das ist nachher der Treiber, der die Überzeugung bringt.
Forschung und Entwicklung ist der Motor der Innovation. Es ist sehr wichtig, dass wir mehr Geld für die Forschung ausgeben, um diese Pipeline an Entwicklungen immer zu füttern. Da wünsche ich mir mehr Offenheit und Kreativität in den Fördermechanismen – nicht nur für die Akademie, sondern gerade für die Innovationsträger aus dem Mittelstand und der Startup-Szene.
Dieses Thema, was nicht im Markt existiert, gibt es nicht, ist klar, weil man sich nicht kaufen kann, verändert auch meine Gesellschaft nicht. Das heißt, im Elfenbeinturm nur Daten zu generieren und nicht darüber nachzudenken, was der nächste Schritt ist, hilft unserer Gesellschaft nicht.
Mitglied des Bioökonomierats zu sein ist eine Möglichkeit, mein Wissen in Politik und Gesellschaft einzubringen, um Hebel und Handlungsempfehlungen zu geben, für die Transformation von Industrie und Gesellschaft hin zu einer zirkulären, nachhaltigen Bioökonomie.
Wir sollten jetzt handeln und die Gesellschaft in einen Einklang bringen, wieder mit unserem Ökosystem, das Verständnis wecken, dass was wir tun, auch zurückwirkt auf unser Ökosystem und damit auf unsere Lebensgrundlage. Das heißt, man muss die nächste Generation ausbilden und aufklären, damit sie es vielleicht besser macht als wir. “