Signalnetzwerk in Pflanzen kartiert

Signalnetzwerk in Pflanzen kartiert

Münchner Forscher haben den Proteinaustausch zwischen den Signalwegen in der Pflanze kartiert und so Hunderte neue Knotenpunkte identifiziert.

Ein 12 Tage alter Keimling der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis)
Die Interaktion von Proteinen ist nicht auf einen Signalweg beschränkt, wie Münchner Forscher herausfanden.

Pflanzen haben zwar keine Nervenzellen, doch sie sind in der Lage, auf unterschiedlichste Reize ihrer Umwelt zu reagieren, sei es auf Wasser- und Nährstoffmangel oder auf Krankheitserreger. Der Informationsaustausch von Zelle zu Zelle erfolgt über Signalwege, die beispielsweise durch Pflanzenhormone wie das Phytohormon Auxin aktiviert werden können und die Entwicklung der Pflanze auch in Stresssituationen wie Dürre steuern. Wie jedoch der Informationsaustausch zwischen diesen Signalwegen abläuft, war bisher unklar.

Mehr als 2.000 Interaktionen analysiert

Forscher des Instituts für Netzwerkbiologie am Helmholtz Zentrum München haben nun gemeinsam mit Biologen der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München diese Wissenslücke geschlossen: Sie kartierten das Proteinnetzwerk von Pflanzen. Die Basis bildeten mehr als 17 Millionen Proteinpaare, die das Team auf wechselseitige Interaktionen überprüfte. Mithilfe moderner robotergestützter Methoden in Verbindung mit Verfahren der Bioinformatik wurden mehr als 2.000 Interaktionen zwischen Proteinen analysiert, um Signalwege und deren potenzielle Informationsknotenpunkte aufzuspüren.

Proteine kommunizieren in mehreren Signalwegen

Wie das Team im Fachjournal Nature berichtet, konnten so Hunderte Informationsknotenpunkte in den Pflanzen identifiziert werden, die bisher unbekannt waren. Genetische Untersuchungen brachten Erstaunliches ans Tageslicht: Die in der Studie getesteten Interaktionen zwischen Proteinen erfolgen nicht nur innerhalb eines Signalwegs, sondern auch zwischen verschiedenen Signalwegen. „Die meisten Proteine fungieren in mehreren Signalwegen. Im Gegensatz zu Studien, die ein oder wenige Proteine untersuchen, zeigen unsere Ergebnisse, zu welch hohem Grad die verschiedenen Signalwege physisch und funktionell miteinander verflochten sind“, sagt Melina Altmann, Erstautorin der Studie. „Wir glauben, dass wir damit eine grundlegende Funktionsweise entdeckt haben, der wir unbedingt weitere Aufmerksamkeit schenken müssen.“

Pflanzeninformationen gezielt verändern

Die Studie ist das Ergebnis langjähriger Forschung zum molekularen Netzwerk bei Pflanzen und Menschen. Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Europäischen Forschungsrat über einen ERC Consolidator Grant an Pascal Falter-Braun von der LMU unterstützt. „Diese Erkenntnis könnte zu neuen Strategien für die biotechnologische Entwicklung oder Züchtung von Pflanzen führen, um den Herausforderungen des Klimawandels in der Landwirtschaft zu begegnen“, sagt Falter-Braun. „In Zukunft könnten wir beispielsweise versuchen, die Informationsverarbeitung von Nutzpflanzen gezielt so zu verändern, dass die Pflanzen weniger Dünger und Pestizide benötigen oder resistenter gegen Dürreperioden sind.“

bb