Hightech-Recycling mit Phagen
Biotechnologen aus Dresden und Freiberg haben ein Verfahren entwickelt, um Seltene Erden aus Elektronikschrott zurückzugewinnen.
Ohne sie gäbe es keine Elektromotoren, keine Smartphones und keine Plasmabildschirme: Schlüsselmetalle wie Terbium, Cer und Europium – sogenannte Seltene Erden – sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Weil sie, wie der Name sagt, knappe Ressourcen sind, kommt ihrem Recycling eine besondere Bedeutung zu. Zwar steigen die Sammelquoten defekter Energiesparlampen und Handys seit Jahren an. Die Rückgewinnung der wertvollen Hightechmetalle ist schwierig, denn sie liegen nur in geringen Konzentrationen vor. Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und der TU Bergakademie Freiberg haben jetzt ein biotechnologisches Verfahren vorgestellt, das diese Herausforderung bewältigt.
Phagen-Display-Methode als Angel
Die Forscher verwenden dazu die in diesem Jahr mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnete Phagen-Display-Methode. Als Bakteriophagen bezeichnen Biologen auf Bakterien spezialisierte Viren. Mit molekularbiologischen Verfahren lassen sich an diesen Phagen kurze Peptidketten – die Bausteine für Eiweiße – anbringen. „Die Peptide können kleine Taschen formen, in die bestimmte Mini-Strukturen passen“, erklärt Franziska Lederer, Biologin am HZDR. Je nach Kombination der Peptide lassen sich so rund eine Milliarde unterschiedlich geformter Taschen erzeugen, auch solche, in die spezifisch ein Seltene-Erden-Element passt.
Bringt man diese Vielzahl an Phagen über einer Probe mit einem Element der Seltenen Erden aus, binden dort jene mit den passenden Taschen. Diese speziellen Phagen können nun analysiert und gezielt hergestellt werden, um künftig genau dieses Element aus Elektroabfällen herauszuangeln.
So angeln Eiweißbruchstücke Seltene Erden: Um die Peptide gezielt für ein Zielmaterial anzufertigen, setzt die Nachwuchsgruppe „BioKollekt“ am HZDR auf Bakteriophagen.
Einfache Rückgewinnung der Phagen
Um die Phagen mit ihrer Beute wieder einzusammeln, lassen sich die Phagen mit kleinen magnetischen Teilchen oder Styroporkügelchen versehen. Im ersten Fall genügt dann ein Magnet, im zweiten schwimmen die Phagen an der Oberfläche, wenn man Wasser hinzugibt. Entfernt man die „Beute“, lassen sich die Phagen erneut verwenden, um Seltene Erden zu angeln. „Mit dieser Methode können wir spezifische Peptide für unterschiedliche Seltene Erden, aber auch für wichtige Metalle wie Kupfer, Gold oder verschiedene Platin-Metalle gewinnen und mit ihnen die jeweiligen Substanzen aus sehr verdünnten und komplexen Gemischen extrahieren“, resümiert Lederer.
Auch für Erze und Kunststoffe geeignet
Darüber hinaus könnten mit dieser Methode auch Erzrückstände aus dem Abraum von Bergwerken gewonnen werden oder unterschiedliche Kunststoffe aus Kunststoffmischungen sortenrein recycelt werden, so die Hoffnung der Forscher. Bis die innovative Methode für eine kommerzielle Anwendung ausgereift ist, dürfte es jedoch noch eine Weile dauern. Zunächst einmal hat das Team seine Ergebnisse im Fachjournal „Research in Microbiology“ vorgestellt.
bl