Insekten als alternative Proteinquelle

Insekten als alternative Proteinquelle

Insekten sind alternative Proteinquellen für Nahrungs- und Futtermittel sowie Kosmetika. Die neuesten Trends wurden auf der internationalen INSECTA Konferenz in Berlin diskutiert. 

Die dritte internationale INSECTA Konferenz fand Anfang September in Berlin statt. Etwa 250 Teilnehmer präsentierten und diskutierten die neuesten Ergebnisse aus Industrie und Forschung.

Ob als eine alternative Eiweißquelle, als Inhaltsstoff für Kosmetikartikel oder für eine bessere Abfallentsorgung: Insekten bieten viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für eine umweltfreundlichere und nachhaltigere Industrie der Zukunft. Experten aus 35 Ländern kamen bei der INSECTA Konferenz zusammen, um ihre neuesten Forschungsergebnisse vorzustellen und zu diskutieren. Das zweitägige Treffen fand zum dritten Mal statt. In diesem Jahr trafen sich die rund 250 Teilnehmer aus Wissenschaft und Industrie Anfang September im Hauptgebäude der Technischen Universität Berlin.

Insekten-Experten aus aller Welt

Der Bioökonomierat hat erst kürzlich eine Empfehlung zu alternativen Eiweißquellen herausgegeben. Hülsenfrüchte und vor allem Insekten bieten hierbei hervorragende Möglichkeiten, welche angesichts einer steigenden Weltbevölkerung bei gleichzeitig schwindenden Ressourcen dringend benötigt werden. Die Aktualität und Dringlichkeit des Themas spiegelt sich auch in der Teilnehmerzahl der diesjährigen INSECTA wider. Diese ist laut Veranstalter gegenüber dem Vorjahr um das Dreifache gestiegen.

In der Forschung sowie in der Industrie liegen insektenbasierte Anwendungen momentan weltweit im Trend.  „Vor allem die Möglichkeit Lebensmittelabfälle für ihre Fütterung zu verwenden, könnte Insekten zu einer nachhaltigeren Proteinquelle der Zukunft machen“, fasste Harry Aiking, Professor an der Vrije Universiteit Amsterdam, die Vorteile zusammen.

Eiweißriegel und Hundefutter aus Insekten

Das dicht gepackte Programm in Berlin stellte die neuesten Ergebnisse zu den Themenbereichen Schädlingsbekämpfung, Insekten als Futtermittel für Fische oder Kaninchen, die effiziente und kostengünstige Aufzucht großer Insektenpopulationen sowie weiter Anwendungsmöglichkeiten vor. „Aus Insekten gewonnene Substanzen können zukünftig jene ersetzen, die bisher aus der Nerzproduktion stammen“, berichtet Geert Verheyen vom Thomas Moore University College in Belgien. Zusätzlich zu den Wissenschaftlern kamen auch zahlreiche Industriepartner und Startups zu der Tagung, um ihre Ideen und Ansätze zu präsentieren. Das deutsche Startup Bearprotein aus Berlin bietet Eiweißriegel aus biologisch gezüchteten Grillen an. TeneTrio hingegen entstammt dem deutschen Unternehmen EntoNative GmbH und bietet ähnliche Snacks, allerdings aus Mehlwürmern und für Hunde. Ebenfalls anwesend auf der diesjährigen INSECTA war ein bereits äußerst etabliertes Unternehmen im Bereich nachhaltige Nahrungsmittel: das niederländische Großunternehmen Protix, das auch ein Hauptsponsor der Tagung war.

Zusätzlich zu den zahlreichen wissenschaftlichen Präsentationen nahmen auch viele Industriepartner an der Veranstaltung teil, um neue Entwicklungen bezüglich Futtermittel für Nutztiere, Kosmetik oder als alternative Eiweißquellen für Nahrungsmittel vorzustellen.

Einschränkungen für Nahrung aus Insekten

Während Wissenschaft und Industrie Insekten als eine alternative Eiweißquelle und einen äußerst wichtigen Bestandteil für eine zukünftig nachhaltigere Wirtschaft bereits akzeptiert und etabliert haben, gibt es noch etliche gesetzliche Hindernisse auf dem Weg zu einer weitreichenden Markteinführung. So ist es in Deutschland beispielsweise noch nicht erlaubt, Essen auf Insektenbasis zu verkaufen, während in der Schweiz seit Kurzem Insektenburger in einigen Supermärkten angeboten werden. Ab 2018 werden Insekten europaweit als Nahrungsmittel zugelassen sein. Doch selbst wenn der gesetzliche Weg geebnet ist, so bleibt noch immer die Frage, wie Konsumenten von einer insektenbasierten Ernährung überzeugt werden können. Nicholas Carbonelle, Experte für die Regulierung von Nahrungsmitteln bei der Kanzlei Bird&Bird, brachte es beim Kongress auf den Punkt: „Die offizielle Zulassung von Produkten mit Insekten in Europa durch die Aktualisierung der Novel-Food-Verordnung wird nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zur allgemeinen Akzeptanz sein.“

Überzeugungsarbeit leisten

Die Einstellung gegenüber Insekten als Nahrungsmittel variiert weltweit stark: Nanna Roos aus Dänemark analysierte das Verhalten kenianischer Konsumenten und fand heraus, dass diese bereit sind sogar mehr zu zahlen, wenn Lebensmittel wie Brot oder Brötchen einen gewissen Anteil an Insekten enthalten. „Das liegt vermutlich daran, dass die Insektenproteine den Nährwert des ansonsten vorrangig kohlenhydratlastigen Essens aufbessern“, erklärte Ross.

Birgit A. Rumpold von der TU Berlin untersuchte hingegen bei der „Langen Nacht der Wissenschaft“ im Juni 2017 die deutsche Bereitschaft Insekten zu essen. Sie befragte Teilnehmer der Veranstaltung, ob sie bereit wären, Insekten zu verkosten oder grundsätzlich im Supermarkt als Lebensmittel zu kaufen. Obwohl die meisten Teilnehmer zustimmten, dass Insekten eine nachhaltigere Lösung als die herkömmliche Nutztierhaltung bieten, würden nicht alle zu den Insektenprodukten im Supermarktregal greifen, und noch weniger waren bereit, sie während der Befragung zu kosten. „Interessanterweise konnten wir einige Teilnehmer umstimmen, indem wir ihnen eine einzige zusätzliche Information gegeben haben.“ Diese und andere Präsentationen während der Tagung machten deutlich, wie wichtig eine informative und anschauliche Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist, wenn Insekten tatsächlich zu einem regulären Bestandteil der europäischen Ernährung werden sollen.

INSECTA 2018 wird in Gießen stattfinden

Am Ende der vollgepackten Konferenz wurde der Young Scientist Award für die beste Präsentation an Darja Dobermann verliehen. Dobermann untersucht Insekten als Nahrungsquelle am Rothamsted Research Department der Universität Nottingham (UK). Der Award wurde vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) gesponsert.

Andreas Vilcinskas, Leiter des LOEWE-Zentrums für Insektenbiotechnologie und Bioressourcen – ein gemeinsames Forschungszentrum der Universität Gießen und der Fraunhofer-Gesellschaft – beschloss die diesjährige Tagung mit zufriedenen Worten angesichts der Vielfalt der vorgestellten Projekte. Abschließend lud er alle Teilnehmer ein, an der nächsten INSECTA Konferenz teilzunehmen, die im September 2018 in Gießen erstmals als eine dreitägige Konferenz stattfinden wird.

jmr