Was die Deutschen über Bioökonomie denken
Die Mehrheit der Deutschen befürwortet ein nachhaltiges Wirtschaften, tut sich aber mit Verzicht noch schwer. Das zeigt die neueste TechnikRadar-Umfrage von acatech und Körber-Stiftung.
Wie denken die Deutschen über Technik? Das untersucht seit 2018 der TechnikRadar von acatech und der Körber Stiftung. In der nunmehr dritten Ausgabe stand erstmals die Bioökonomie im Fokus. Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage wurden im Herbst vergangenen Jahres rund 2.000 Personen zum biobasierten Wirtschaften befragt. Das Fazit: Die Mehrheit der Deutschen befürwortet den bioökonomischen Wandel. Mit persönlichen Einschränkungen tun sich allerdings viele noch schwer.
Klima- und Umweltschutz sind nötig
Zu Fragen des Klima- und Umweltschutzes war die Haltung klar: 70,2% sprachen sich dafür aus, dass Deutschland beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen soll. 74,4% finden zudem, dass es zum Schutz der Umwelt notwendig ist, den Konsum zu reduzieren. Auf konkrete Maßnahmen angesprochen, zeigte sich jedoch ein anderes Bild: Nur 29,5% der Befragten wären der Umwelt zuliebe bereit auf das Auto zu verzichten, und nur 40% würden deshalb weniger Fleisch essen.
„Wir sehen, dass nachhaltiges Wirtschaften den Deutschen grundsätzlich ein wichtiges Anliegen ist. Die Meinungsbildung zur Bioökonomie steht allerdings noch am Anfang“, kommentiert Tatjana König, Mitglied im Vorstand der Körber-Stiftung. König sieht darin jedoch die Chance, „die Menschen mitzunehmen, um die enormen Potenziale, aber auch mögliche Nebenwirkungen in den Blick zu nehmen“ und spricht sich für „mehr Wissensvermittlung“ und eine Debatte auf Augenhöhe mit den Entwicklern entsprechender Technologien aus.
Haltung zu Bioplastik und Biosprit überwiegend positiv
So sprach sich mit 88,4% jedoch eine klare Mehrheit dafür aus, herkömmliches Plastik durch bioökonomische Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen zu ersetzen. Die Hälfte der Befragten verspricht sich davon eine größere Unabhängigkeit vom Ölmarkt und einen Wettbewerbsvorteil für die deutsche Wirtschaft. Auch bei Biokraftstoffen war die Meinung überwiegend positiv. 76,8% hält es der Umfrage zufolge für sinnvoll, biologische Abfall- und Reststoffe für Kraftstoffe einzusetzen und diese Entwicklung auch zu fördern. Eine Anlage zur Biospritherstellung in der Nachbarschaft würden jedoch mit 42,1% nur wenige Befragte gut finden.
TechnikRadar 2020
Der TechnikRadar 2020 stellt erstmals die Bioökonomie in den Fokus und spiegelt die Haltung der Deutschen zur biobasierten Wirtschaft wider. Mehr Informationen zur Studie finden Sie hier:
Skepsis bei Laborfleisch und Grüner Gentechnik
Auch bei den Themen Ernährung und Gentechnik zeigt der TechnikRadar ein differenziertes Bild. Nur 40% sind der Ansicht, dass sich die Welternährung durch einen Verzicht auf Fleisch sicherstellen lässt. Im Labor gezüchtetes Fleisch aus tierischen Stammzellen ist für 57,8% der Befragten ebenfalls keine geeignete Alternative zur Sicherung der globalen Ernährung und Schonung des Klimas.
Auch gegenüber der Grünen Gentechnik, die im Zusammenhang mit der Bioökonomie diskutiert wird, lässt sich eine geteilte Meinung erkennen. Bei dieser Form der Züchtung werden Gene der eigenen oder einer fremden Art in das Erbgut von Pflanzen eingebaut, um sie gegen Krankheiten und Extremwetter widerstandsfähiger zu machen und Ernteerträge zu verbessern. Nur 14,9 % der Deutschen befürworten die Grüne Gentechnik. Auf größere Zustimmung stoßen dagegen konventionelle Kreuzungsverfahren (59,7%).
Sinneswandel durch Corona-Krise?
Studienleiter Ortwin Renn, acatech-Präsidiumsmitglied und wissenschaftlicher Direktor am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam ist überzeugt, dass die Corona-Krise die Haltung der Deutschen zur Bioökonomie nicht grundlegend verändert hat. „Möglicherweise würden die Bewertungen zu Themen der Bioökonomie, wie z. B. Nachhaltigkeit oder Klimaschutz, aufgrund der Krisenerfahrung heute etwas anders ausfallen als zum Zeitpunkt der Befragung, aber dramatische Änderungen sind in diesen Technikfeldern nicht zu erwarten.“
Dass die Corona-Pandemie Menschen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit sensibilisiert, zeigte auch eine Umfrage, die im März im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2020 durchgeführt wurde.
bb