Zerstückelte Tropenwälder setzen CO2 frei

Zerstückelte Tropenwälder setzen CO2 frei

Durch immer kleinteiligere Tropenwälder erhöht sich der Ausstoß von Kohlendioxid. Das haben Leipziger Umweltforscher mithilfe von Satellitenbildern ermittelt.

Die Luftaufnahme zeigt Waldfragmente des Brasilianischen Atlantischen Regenwaldes.

Die Hälfte des in der gesamten Vegetation der Erde gespeicherten Kohlenstoffs steckt in den Tropenwäldern. Um so schlimmer sind die Auswirkungen der Abholzung der Wälder: jedes Jahr werden so etwa 1.000 Millionen Tonnen Kohlendioxid freigesetzt. Doch oft wird der Wald nur stückweise gerodet und dadurch in kleinere Flächen "fragmentiert". Wie Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und der University of Maryland im Fachjournal „Nature Communications“ berichten, werden durch diese Fragmentierung der Tropenwälder zusätzliche 340 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr freigesetzt. Die Forscher plädieren deshalb dafür, diesen bislang vernachlässigten Effekt in Zukunft in den Berichten des Weltklimarates IPCC zu berücksichtigen.

Ungünstiges Mikroklima am Waldrand vermehrt CO2 Ausstoß

Das Forscher-Team um Andreas Huth und Rico Fischer vom UFZ untersuchte im Rahmen der Helmholtz-Allianz „Remote Sensing and Earth System Dynamics“, welche Folgen das Zerschneiden der Wälder für den Kohlenstoffkreislauf und das globale Klima hat. „Wir wissen schon länger, dass nicht nur der komplette Verlust von Regenwäldern den Klimawandel verschärfen kann“, erklärt Huth. Denn die bloße Zerschneidung eines größeren Waldgebietes in mehrere kleine verändert bereits die Kohlenstoffbilanz.

Aus früheren Studien ist bekannt, dass am Rande eines Tropenwaldes ungefähr doppelt so viele Bäume pro Jahr absterben wie im Inneren eines ungestörten Tropenwaldes. Das liegt vor allem an dem ungünstigeren Mikroklima am Rand des Waldes, welches bis zu 100 Metern in das Innere der Wälder reicht. Am Waldrand fehlen also nicht nur die Bäume und Pflanzen um anfallendes Treibhausgas zu binden, sondern durch den vermehrten mikrobiellen Abbau abgestorbener Bäume entsteht auch noch zusätzliches Kohlenstoffdioxid.

Die Tropenwälder in 50 Millionen Fragmenten

Um herauszufinden wie stark die Waldrand-Kohlenstoffmenge die gesamte Klimaentwicklung beeinflusst, untersuchten die Forscher zuerst wie viele zusätzliche Tropenwaldränder der Mensch weltweit geschaffen hat. Dafür erstellten sie aus Satellitenbildern Karten, die mit einer hohen Auflösung die Waldbedeckung der gesamten Tropen zeigen. Anschließend entwickelten sie eine Software um die Tropenwaldfragmente auszuzählen und deren Ränder zu vermessen.

Das erstaunliche Ergebnis: mittlerweile liegen 19% aller Tropenwälder der Erde höchstens hundert Meter von einem Waldrand entfernt. Mit anderen Worten - ein Fünftel der Tropenbäume existiert in einem ungünstigen Mikroklima. „Diese starke Fragmentierung geht eindeutig auf das Konto des Menschen“, sagt Rico Fischer. Global gesehen ist der Mensch sogar für 84% der gesamten Tropenwald-Fragmentierung verantwortlich.

Insgesamt zerfallen die Tropenwälder der Erde mittlerweile in etwa 50 Millionen Fragmente mit einer Gesamtlänge der tropischen Waldränder von fast 50 Millionen Kilometer.Diese langen ausgedehnten Waldränder produzieren demnach zusammen etwa ein Drittel des Kohlenstoffdioxides zusätzlich zu dem was durch die Rodung ohnehin freigesetzt wird.
Huth schlussfolgert daraus: „Die Fragmentierung spielt also eine sehr wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Trotzdem wird dieser Effekt in den Berichten des Weltklimarates IPCC bisher gar nicht berücksichtigt“. Die Forscher plädieren dafür das künftig zu ändern. Denn für einen wirksamen Klimaschutz genügt es nicht nur Kahlschläge zu verhindern, auch die Fragmentierung der Wälder muss aufgehalten werden.

jmr