Wie ein Bodenpilz Fadenwürmer bekämpft
Jenaer Forschende konnten klären, wie der Bodenpilz Mortierella alpina Pflanzen auf natürliche Weise vor Fressfeinden schützt und so die Landwirtschaft nachhaltiger machen könnte.
Der Bodenpilz Mortierella alpina ist in der Biotechnologie kein Unbekannter: Er wird bereits genutzt, um langkettige Fettsäuren herzustellen, die als Nahrungsergänzung beispielsweise für Babynahrung dient. Jenaer Forschende berichten nun, dass der Bodenpilz auch der Schlüssel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft sein könnte. Im Rahmen einer Studie hat ein Team um Hannah Büttner vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) mit Forschenden vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien die Wirkweise des Bodenorganismus genauer untersucht und nun erstmals näher beschrieben.
Molekularer Wirkmechanismus der Malpinine aufgeklärt
Bekannt ist, dass der Pilz bioaktive Moleküle namens Malpinine produziert, mit denen er sich auf natürliche Weise gegen im Boden lebende Fressfeinde wie Fadenwürmer verteidigt. Der molekulare Wirkmechanismus dahinter war bisher unbekannt und kann nun erstmals nachvollzogen werden. Die Forschenden hatten dafür die Wirkung der Malpinine an Modell-Nematoden untersucht. Mithilfe bildgebender Verfahren wie Fluoreszenzmikroskopie und Raman-Spektroskopie gelang es eigenen Angaben zufolge, die Naturstoffe live in den Fadenwürmern – auch Nematoden genannt – zu verfolgen.
„Wir konnten beobachten, wie sich die Malpinine gezielt im Verdauungstrakt der Würmer ansammeln“, erläutert die Erstautorin der Studie Hannah Büttner vom Leibniz-HKI. „Die Nematoden starben aber nicht sofort, sondern stellten die Nahrungsaufnahme ein. Dies führte schließlich zu einer zwar langsamen, aber effektiven Kontrolle der Würmer.“
Aminosäure Dehydrobutyrin tötet Fadenwürmer
Wie das Team im Journal of the American Chemical Society berichtet, ist es die „ungewöhnliche Aminosäure Dehydrobutyrin“, die maßgeblich für die wurmtötende Wirkung der Malpinine verantwortlich ist. „Dehydrobutyrin besitzt eine reaktive Doppelbindung und könnte deshalb Reaktionen mit Molekülen eingehen, die für die Funktion des Nematodendarms essenziell sind“, erklärt Co-Autor Johannes Raßbach vom Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
In Folge dieser Reaktionen könnten etwa wichtige enzymatische Prozesse im Verdauungstrakt der Schädlinge gestört oder die Membranstruktur beeinträchtigt werden. Versuche der Forschenden haben demnach gezeigt, dass „Varianten der Malpinine, bei denen die Aminosäure durch eine weniger reaktive Struktur ersetzt wurde, ihre Wirkung komplett verloren“. „Dies weist darauf hin, dass genau diese Struktur für die biologische Aktivität unerlässlich ist. Ohne sie ist die Verbindung wirkungslos“, sagt Raßbach.
Pestizide in der Landwirtschaft ersetzen
Die Jenaer Forschungsgruppe ist daher überzeugt, dass Mortierella alpina aufgrund seiner bioaktiven Moleküle die Landwirtschaft nachhaltiger machen und herkömmliche Pestizide im Kampf gegen Fadenwürmer ersetzen kann. Bis zu einem Einsatz als natürlicher Schädlingsbekämpfer müsse der Bodenpilz allerdings noch weiter erforscht werden, heißt es.
Die Studie wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereiches „ChemBioSys“ und des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführt.
bb