Wenn Öltanker wie Schwimmfarne gleiten

Wenn Öltanker wie Schwimmfarne gleiten

Forscher der Universität Bonn haben sich den Trick eines Schwimmfarns abgeschaut, um die Wasserreibung von Schiffsrümpfen zu verringern.

Der Schwimmfarn Salvinia molesta kleidet sich unter Wasser in eine dünne Luftschicht, die er wochenlang festhalten kann.
Der Schwimmfarn Salvinia molesta kleidet sich unter Wasser in eine dünne Luftschicht, die er wochenlang festhalten kann.

Gleiten lernen von Schwimmfarnen – so in etwa könnte man zusammenfassen, was sich Forscher der Universität Bonn für die Tankschiffe der Zukunft vorstellen: Je besser ein Schiff gleitet, desto geringer ist sein Treibstoffverbrauch und damit bei motorisierten Schiffen auch der Ausstoß an Treibhausgasen. Eine Hightech-Beschichtung der Schiffshülle könnte das in bislang unerreichtem Ausmaß ermöglichen, wie die Forscher im Fachjournal „Philosophical Transactions A“ berichten.

Härchen bilden Lufthülle

Taucht man den Schwimmfarn Salvinia molesta unter Wasser und zieht ihn wieder heraus, perlt die Flüssigkeit von ihm ab, ohne dass er nass geworden ist. Dahinter steckt ein einfacher chemischer Trick: Auf seiner Oberfläche besitzt der Farn ein dichtes Meer aus winzigen Härchen. An ihrer Wurzel sind diese Härchen wasserabstoßend, an ihrer Spitze wasseranziehend. Gerät der Schwimmfarn unter Wasser, sammeln sich an den Haarspitzen unzählige kleine Wassertröpfchen und bilden eine dichte Hülle. Unterhalb dieser Hülle befindet sich jedoch eine Luftschicht, die nun sicher eingeschlossen ist und den Farn trocken hält.

Ein Fünftel Sprit einsparen

Eine vergleichbare Lufthülle um den Schiffsrumpf herum würde dessen Reibung im Wasser und damit den Energiebedarf zur Fortbewegung verringern. Die Bonner Forscher haben daher mit Partnern an der Universität Rostock eine Beschichtung entwickelt, die die Oberflächenstruktur des Schwimmfarns imitiert. „Wir konnten bereits vor gut zehn Jahren an einem Prototypen zeigen, dass damit im Prinzip eine Reibungsminderung von bis zu zehn Prozent möglich ist“, erklärt Matthias Mail vom Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen an der Universität Bonn. „Unsere Partner der Uni Rostock erreichten später mit einem anderen von uns entwickelten Material sogar eine 30-prozentige Reduktion.“ In der Praxis liege das mittelfristige Sparpotenzial wohl bei fünf, langfristig eher bei 20 Prozent.

Ein Prozent der globalen CO2-Emissionen vermeiden

Da der Treibstoffverbrauch rund die Hälfte der Transportkosten auf dem Seeweg ausmacht, könnte ein handelsübliches Containerschiff auf dem Weg von Baltimore (USA) nach Bremerhaven bis zu 160.000 US-Dollar Kosten einsparen. Berücksichtigt man, dass durch die Beschichtung weniger Pocken und andere Wasserlebewesen den Schiffsrumpf besiedeln – was ebenfalls Einfluss auf die Reibung hat – könnte diese Technologie fast ein Prozent der globalen Kohlendioxidemissionen vermeiden, kalkulieren die Forscher. „Natürlich sind diese Zahlen optimistisch“, räumt Mail ein. „Sie zeigen aber, wie viel Potenzial diese Technologie hat.“

bl