Rohstoff-Recycling aus Teppichresten

Rohstoff-Recycling aus Teppichresten

Mithilfe eines neuartigen Lösungsmittels konnte erstmals aus Teppichabfällen der erdölbasierte Rohstoff Polypropylen zurückzugewonnen werden – und das in höchster Qualität.

Zerkleinerte Teppichabfälle, die anschließend gereinigt und mit ionischem Liquid versetzt werden.
Zerkleinerte Teppichabfälle, die anschließend gereinigt und mit ionischem Liquid versetzt werden.

Die optimale und nachhaltige Nutzung von Rohstoffen im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist ein Schwerpunkt der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Dazu gehört die Rückgewinnung von Kunststoffen, die aus fossilen Rohstoffen wie Polypropylen (PP) bestehen. Polypropylen enthält die endliche Ressource Erdöl und ist der zweitwichtigste Kunststoff überhaupt. Er wird vor allem für Verpackungen, aber auch in der Elektronik und im Automobilbau verwendet. PP ist aber auch Bestandteil von Produkten wie Teppichen, die aus Verbundwerkstoffen hergestellt und nur schwer recycelbar sind. Im Rahmen des EU-Projektes ISOPREP hat ein Konsortium unter Mitwirkung von Forschenden am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP ein innovatives Verfahren zum Recycling von PP entwickelt. Die Arbeit der Forschenden wurde im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 von der Europäischen Union gefördert.

Ionisches Liquid selektiert Polypropylen

Rund 1,6 Millionen Tonnen Teppichabfälle fallen allein in der Europäischen Union jedes Jahr an. Sie werden zum Großteil verbrannt, da Teppiche aus Verbundstoffen bestehen – darunter Polypropylen. In dem EU-Projekt wurden Teppichreste verwendet, die zu einem Viertel aus PP bestehen. Kern des neuartigen Verfahrens ist ein spezielles Lösungsmittel – ein ionisches Liquid, das Polypropylen aus den vorbehandelten Teppichresten herauslösen kann. „Mit diesem lässt sich erstmals Polypropylen aus Teppichabfällen zurückgewinnen – und zwar in Primärqualität“, sagt Maike Illner, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IBP. In einem Reaktor wurden die zuvor zerkleinerten und gereinigten Teppichabfälle mit dem Lösungsmittel behandelt und so die PP-Partikel von den anderen Bestandteilen wie Farb- oder Zusatzstoffen abgetrennt.

Pilotanlage geplant

Im größeren Labormaßstab funktioniert das PP-Recycling bereits. Bis Ende März 2022 soll nun eine Pilotanlage errichtet werden, die täglich eine Tonne Teppichabfälle recycelt. Das Besondere: Das wiedergewonnene Polypropylen kann qualitativ mit dem fossilen Vorbild mithalten und ist daher auch für hochwertige Anwendungen geeignet. Fakt ist jedoch auch: Um mit dem Original in puncto Kosten konkurrieren zu können, muss das noch recht teure ionische Liquid möglichst vollständig im Kreislauf geführt werden. Die Ökologie des Teppich-Recyclings steht am Fraunhofer IBP im Fokus. Das Team hat errechnet, welche Mengen an Material und Energie für den Prozess benötigt werden und wie viel Produkt wieder herauskommt. „Liegen die Verlustraten bei einem Prozent oder darunter, hat der Prozess das Potenzial, hinsichtlich der Kosten mit der Neuherstellung von Polypropylen zu konkurrieren“, fasst Illner zusammen.

Mit dem neuen Verfahren lässt sich das Polypropylen nicht nur von anderen Materialien, sondern auch von zugesetzten Farbstoffen und Additiven trennen und könnte somit auch anderen hochwertigen Anwendungen zur Verfügung stehen.

bb