Protein reguliert Stressreaktion von Pflanzen
Oldenburger Pflanzenforscher fanden heraus, wie Pflanzen auf Kälte- oder Trockenstress reagieren: Das Protein SERRATE bindet an bestimmte Genabschnitte, die so schneller abgelesen werden.
Anders als Tiere können Pflanzen bei Kälte oder Wassermangel nicht einfach einen angenehmeren Ort aufsuchen. Sie müssen sich an die Gegebenheiten vor Ort anpassen. Pflanzengenetikern an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg ist es nun gelungen, einen solchen Anpassungsmechanismus aufzudecken. Wie die Forscher im Fachmagazin „eLife“ berichten, verstärkt das Protein SERRATE das Ablesen und damit die Aktivierung bestimmter Gene unter Stress.
DNA durchzogen von Introns
Die genetische Information der DNA liegt nicht wie in einem Buch als durchgängiger Text vor. Es sind eher Bruchstücke der Gene, die von sogenannten Introns unterbrochen werden. Wird ein Gen abgelesen, müssen die einzelnen Introns aufwendig ausgeschnitten werden, denn diese enthalten keine Information für den Bau eines Proteins. Allerdings regeln sie unter anderem, in welcher Menge das Protein hergestellt wird. Wissenschaftler vermuten, dass Introns mehr Variationen in den entstehenden Proteinen haben und damit einen evolutionären Vorteil ermöglichen.
Gene ohne Introns werden schneller abgelesen
Trotzdem enthalten rund 20% der pflanzlichen Gene keine Introns. „Unsere Analysen und die Ergebnisse weiterer Studien zeigen aber, dass die Gene ohne Introns schneller reagieren, wenn Pflanzen Stresssituationen ausgesetzt sind“, erläutert der Oldenburger Pflanzengenetiker Sascha Laubinger. Ein möglicher Grund: Die Gene können ohne das Herausschneiden der Introns schneller abgelesen und so die jeweiligen Proteine schneller hergestellt werden. Unter Laubingers Leitung haben die Wissenschaftler nun diesen Mechanismus anhand molekulargenetischer Experimente an der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) genauer untersucht.
SERRATE steuert Translation
Das Ergebnis: Das Protein SERRATE reguliert, welche Gene wann und wie schnell abgelesen werden. Bisher war nur bekannt, dass dieses Molekül eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Ackerschmalwand spielt. Jetzt zeigt sich: „SERRATE bindet vor allem an die Gene, die keine Introns haben und auf Stress reagieren. Dabei verstärkt das Protein das Ablesen dieser Gene unter Stress“, sagt Laubinger. Dem Forscher zufolge kann die Pflanze damit sowohl schnell als auch wirkungsvoll auf geänderte Umweltbedingungen reagieren.
Ähnliche Regulierung auch bei Mensch und Tier
Darüber hinaus stellen die Forscher fest, dass ein ähnliches Protein bei der Fruchtfliege Drosophila melanogaster vor allem Gene ohne Introns bindet. „Das SERRATE-Protein scheint in Tieren und eventuell sogar Menschen die gleiche Funktion auszuüben wie in Pflanzen“, schlussfolgert Laubinger.
Die Ergebnisse der Studie könnten Laubinger zufolge nicht nur helfen, stressresistente Pflanzensorten zu entwickeln, sondern auch der Erforschung schnell wachsender Zellen und Gewebe wie bei Krebserkrankungen zugutekommen.
jmr