Pluripotente Stammzellen vom Schwein
Ein internationales Forscherteam hat eine besondere Variante pluripotenter Stammzellen von Schweinen gewonnen. Sie bergen Potenzial für die Landwirtschaft und die Medizin.
Paukenschlag in der Stammzellforschung bei Nutztieren: Wissenschaftler vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI) in Mariensee haben gemeinsam mit Kollegen aus Großbritannien und China bei Schweinen eine besonders entwicklungsfähige Variante von pluripotenten Stammzellen erzeugt: Mithilfe einer speziellen Nährlösung haben die Forscher embryonale Stammzelllinien (ES) mit „erweitertem Potenzial“ aus Schweineembryonen gewonnen (Expanded Potential Stem Cells, EPSCs). Über den Herstellungsweg berichtet das Konsortium im Fachjournal „Nature Cell Biology“.
Gewonnene Stammzellen sind mehr als pluripotent
Embryonale Stammzellen können sich zu jedem möglichen Zelltyp eines Organismus ausdifferenzieren. Außerdem lassen sie sich als Zelllinie unbegrenzt in Kultur halten, was mit bereits ausdifferenzierten Zellen nur begrenzt möglich ist. Bislang waren jedoch Versuche, aus größeren Säugetieren pluripotente embryonale Stammzellen zu gewinnen, nur eingeschränkt erfolgreich. Es entstanden dabei Zelllinien, die nicht alle Eigenschaften der Pluripotenz erfüllt haben und deshalb allenfalls als „ES‐ähnlich“ bezeichnet wurden.
Die mithilfe des Kulturmediums gewonnen EPSCs sind jedoch für die Stammzellforscherszene etwas Besonderes. „Sie haben sogar ein größeres Entwicklungspotenzial als pluripotente Stammzellen", sagt FLI-Forscherin Monika Nowak-Imialek zu bioökonomie.de. Das „erweiterte Potenzial“ besteht darin, dass aus ihnen nicht nur embryonales sondern auch extraembryonales Gewebe (Trophoblast) hervorgehen kann, wie etwa die Plazenta. „Unsere aus Schweineembryonen isolierten EPSCs sind die ersten gut charakterisierten Zelllinien von Schweinen weltweit", so Nowak-Imialek. Das Potenzial von EPSCs, sich zu jedem Zelltyp zu entwickeln, eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklungsbiologie, Regenerative Medizin, Organtransplantation, Krankheitsmodelle und bei der Suche nach potenziellen Medikamenten. Aber auch für die Tierzüchtung eröffnen sich hier neue Perspektiven.
Nutzung für Krankheitsmodelle und Medikamententests
Die pluripotenten Stammzellen haben viele Vorteile: die Zellen können leicht mittels Genom-Editierung verändert werden, um beispielsweise Krankheitsmodelle zu entwickeln. Sie eignen sich außerdem, um Organchips oder Organoide herzustellen, dreidimensionale Gewebeansammlungen, mittels derer die Verträglichkeit und Wirksamkeit von pharmazeutischen Substanzen getestet werden kann.
bl/pg