Photosynthese-Organell birgt Überraschungen

Photosynthese-Organell birgt Überraschungen

Grünalgen binden Kohlendioxid dank spezieller Strukturen effektiver als andere Pflanzen. Ein internationales Forscherteam hat nun aufgeklärt, wie das Mikrokompartiment funktioniert.

Die Tubulusmembranen (grün und gelb) des Pyrenoids sind umspült von einem “Meer” aus Rubiscoenzymen (blau).
Die Tubulusmembranen (grün und gelb) des Pyrenoids sind umspült von einem “Meer” aus Rubiscoenzymen (blau).

Pflanzen und Algen sind natürliche Luftfilter. Ihr Talent, durch die Photosynthese Kohlendioxid zu speichern, macht sie zu entscheidenden Kandidaten, um globaler Erderwärmung und den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Etwa die Hälfte der auf der Erde stattfindenden Photosynthese erfolgt allein durch im Ozean lebende, einzellige Algen. Ihre Fähigkeit, das Treibhausgas zu fixieren, ist um ein Wesentliches besser als bei Landpflanzen. Der Grund: Sie besitzen ein Mikrokompartiment, das Pyrenoid, in dem sie das Kohlendioxid konzentrieren.

Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Princeton, der Carnegie Institution for Science, der Universität Stanford und des Max-Planck-Instituts für Biochemie haben nun herausgefunden, wie dieses Photosynthese-Organell bei der einzelligen Grünalge Chlamydomonas funktioniert. Mit diesem Wissen könnte man zukünftig auch die Photosynthese bei Nutzpflanzen wie Weizen oder Reis ankurbeln und sie zu effektiveren Kohlendioxid-Fixierern machen.

Molekularer Klebstoff stützt Kohlendioxid-Bindung

Die Grundlage dafür haben die Arbeitsgruppen in den USA gelegt. Sie konnten kürzlich in der Grünalge ein Linkerprotein als molekularen Klebstoff identifizieren, der innerhalb des Pyrenoids Rubisco-Enzyme aneinanderbindet und so dem Mikrokompartiment die Fähigkeit verleiht, Kohlendioxide effektiv zu fixieren. Die Rubisco ist das Schlüsselenzym für die CO2-Fixierung. Bisher war aber nicht bekannt, wie diese Rubisco-Proteine in dem Pyrenoid organisiert sind. Diese Frage konnten nun erstmals Wissenschaftler um Benjamin Engel vom Max-Planck-Institut für Biochemie im Rahmen der Studie beantworten.

Struktur der Pyrenoide flüssig statt kristallin

Wie das Team im Fachjournal „Cell" berichtet, gelang es mittels Kryoelektronentomographie, die molekulare Organisation des Pyrenoids in Chlamydomonas-Zellen aufzudecken. Mithilfe dieses hochauflösenden Bildgebungsverfahrens ließ sich messen, wo im Pyrenoid sich die Rubisco-Enzyme befinden. Dabei stellten sie fest, dass das Pyrenoid eine flüssige und nicht etwa eine kristalline Struktur aufweist, wie bisher angenommen. „Vergleicht man unsere Messungen mit der Organisation von Molekülen in Flüssigkeiten finden sich deutliche Ähnlichkeiten. Das deutet darauf hin, dass Pyrenoide in Wirklichkeit flüssigkeitsartige Strukturen sind“, sagt Engel.

Elizabeth Freeman Rosenzweig von der Universität Stanford lieferte in der Studie schließlich mithilfe von fluoreszenzspektroskopische Messungen den Beweis, dass sich das Pyrenoid wie eine Flüssigkeit verhält, in dem sie die Bewegungen von Rubisco innerhalb lebender Zellen erfasste. Der Studie zufolge handelt es sich bei dem Pyrenoid um ein flüssiges Mikrokompartiment, das in einem zweiten großen Flüssigkeitskompartiment, dem Chloroplasten, hin und her schwimmt. Der hier beschriebene Prozess wird als Phasentrennung bezeichnet und gilt als ein physikalisches Phänomen, das eine Rolle bei der Kompartimentbildung vieler Zellproteine spielt. Die Phasentrennung ist hier vergleichbar mit dem Vermischen von Öl und Essig. „Beides sind Flüssigkeiten, aber sie vermischen sich nicht. Der Essig bildet stattdessen Tröpfchen, die in dem Öl schwimmen. Genauso bildet unserer Ansicht nach das Pyrenoid ein Tröpfchen innerhalb der flüssigen Umgebung des Chloroplasten“,  erläutert Freeman Rosenzweig das Prinzip.

Tochterzellen können Pyrenoide aufnehmen

Freeman Rosenzweig entdeckte auch, dass sich zu einem speziellen Zeitpunkt das „Öl” des Chloroplasten-Stromas und der „Essig“ des Pyrenoids doch mischen. Die Forscher beobachteten, dass Zellen, auf die kein Pyrenoid übergeht, dieses dennoch spontan herstellen können. Sie vermuten, dass jede Tochterzelle einen Teil der gelösten Pyrenoidkomponenten aufnimmt und sich diese in ähnlicher Weise zu einem neuen Pyrenoid zusammenschließen können. „Wir denken, dass die Auflösung des Pyrenoids vor und seine Kondensation nach der Zellteilung einen redundanten Mechanismus darstellen könnten, der gewährleistet, dass beide Tochterzellen Pyrenoide aufnehmen. Auf diese Weise verfügen beide Zellen über diese wichtige Organelle, die für die Kohlenstoffaufnahme entscheidend ist“, betont Martin Jonikas von der Stanford University.

Pyrenoide in Kulturpflanzen einbringen

Das Wissen um die Struktur der Mikrokompartimente in Algen ist ein entscheidender Schritt, um die Photosynthese bei Pflanzen zu verbessern. Die Arbeitsgruppe um Jonikas will nun versuchen, Pyrenoide auf technischen Weg in Feldfrüchte wie Weizen und Reis einbringen. „Wenn wir andere Kulturpflanzen technisch so verändern könnten, Kohlenstoff zu konzentrieren, wäre dies eine Möglichkeit, dem weltweit wachsenden Bedarf an Nahrungsmitteln zu begegnen“, erklärt Jonikas.

bb