Öl aufsaugen wie der Schwimmfarn

Öl aufsaugen wie der Schwimmfarn

Materialforscher aus Karlsruhe haben enträtselt, warum Schwimmfarne Öltropfen so stark anziehen. Es liegt an der pelzigen Mikrostruktur der Blattoberfläche.

Die Wasserpflanze Salvinia kann dank ihrer schneebesenförmigen und  wachsbeschichteten Härchen Öl von Wasser extrem gut aufnehmen und binden.
Die Wasserpflanze Salvinia kann dank ihrer schneebesenförmigen und wachsbeschichteten Härchen Öl von Wasser gut aufnehmen.

Die Ölpest im Golf von Mexiko im Jahr 2010 zählt zu den schlimmsten  Umweltkatastrophen der vergangenen Jahre. Nach der Explosion der im Auftrag von BP betrieben Ölbohrplattform Deepwater Horizon sind schätzungsweise 800 Millionen Liter Rohöl ins Meer gelaufen. Ein 10.000 Quadratkilometer großer Ölteppich wurde zur Gefahr für Meerestiere, Seevögel  und Küstenbewohner. Bisher werden Ölkatastrophen durch Verbrennen von Öl oder dem Einsatz von Dispersionsstoffen, die mithilfe von Chemikalien das Öl zersetzen, bekämpft. Diese Methoden sind seit Langem umstritten, weil sie ebenfalls die Umwelt belasten.

Wie Schwimmfarne Öl absorbieren

Bioniker vom Karlsruher Institut für Technologie haben nun eine umweltfreundliche Lösung gefunden, um ölverseuchte Gewässer zu säubern. Wie das Team um Materialforscherin Claudia Zeiger im Fachmagazin Bioinspiration & Biomimetics  berichtet, ließen sie sich dabei von der Natur inspirieren. Im Fokus der Untersuchung standen Schwimmfarne, die bekannt dafür sind, dass einige Arten über ihre Blätter in kurzer Zeit große Mengen Öl aufnehmen und zugleich Wasser abstoßen können. „Dass die Blätter dieser Pflanzen wasserabstoßend sind, war bereits bekannt, wir haben erstmals ihre Eigenschaft, Öl zu absorbieren untersucht“, erklärt Zeiger. Gemeinsam mit Kollegen der Universität Bonn kam das Team hinter das Geheimnis der Ölabsorption. Danach ist die ölbindende Eigenschaft der Wasserpflanze namens Salvinia auf ihre haarähnliche Mikrostruktur der Blattoberfläche zurückzuführen.

Form der Mikrohärchen entscheidend

Salvinia besitzt an der Blattoberfläche sogenannte Trichome, also haarähnliche Ausläufer mit einer Länge zwischen 0,3 und 2,5 Millimeter. Beim Vergleich unterschiedlicher Salvinia-Arten stellten die Forscher fest, dass nicht die Blätter mit den längsten Haaren das meiste Öl absorbierten. „Ausschlaggebend für die Öl-Aufnahmefähigkeit ist die Form der Haarenden“, betont Zeiger. Das meiste Öl konnte danach die Schwimmfarn-Art Salvinia molesta aufnehmen, deren Haarenden wie ein Schneebesens miteinander verbunden sind. Tests haben zudem gezeigt, dass die Wasserpflanze in sekundenschnelle das Öl absorbiert.

Die in den Tropen und Subtropen beheimatete Wasserpflanze ist zunehmen auch in Europäischen Gewässern zu finden. Für einige wird sie bereits zur Plage,  weil sie sich schnell verbreitet. Für die Karlsruher Forscher ist dass ein weiterer Punkt, der für den Einsatz der Wasserpflanze als Ölabsorbator spricht.  Sie wäre somit nicht nur eine schnelle und umweltfreundliche, sondern auch kostengünstige Alternative zur chemischen Säuberung ölverseuchter Gewässer. „Die Pflanzen könnten zum Beispiel in Seen eingesetzt werden, um dort unbeabsichtigt eingetretenes Öl zu absorbieren“, so Zeiger.

Natürliches Vorbild für Kunststofffolie

Um Ölteppiche auf dem Meer zu reinigen wollen die Karlsruher Forscher ihr neu gewonnenes Wissen über die Schwimmfarne auf eine von ihnen entwickelte bioinspirierte Kunststofffolie übertragen. Dabei soll ein Nanopelz bestehend aus kleinen Mikrohärchen die Folienoberfläche erweitern und das Öl vom Wasser trennen und binden.

bb