Mit Mini-Sensoren Überdüngung vermeiden

Mit Mini-Sensoren Überdüngung vermeiden

Kieler Forschende wollen ein Messgerät entwickeln, das im Boden permanent die wichtigsten Nährwerte erfasst und so eine optimale, datenbasierte Düngung ermöglicht.

Ziel ist ein batteriebetriebenes Mini-Labor, das automatisch Bodenflüssigkeit aufnimmt und analysiert. Die Ergebnisse werden per Funk in Echtzeit übertragen
Ziel ist ein batteriebetriebenes Mini-Labor, das automatisch Bodenflüssigkeit aufnimmt und analysiert. Die Ergebnisse werden per Funk in Echtzeit übertragen.

Die Intensivierung der Landwirtschaft hat der kostbaren Ressource Boden in den vergangenen Jahrzehnten heftig zugesetzt. In der Kritik steht vor allem die Düngepraxis, die erhöhte Schadstoffeinträge zur Folge hat. 60% der landwirtschaftlichen Böden sind nach einem Bericht der EU-Kommission überdüngt. Mit einem Gesetz will die EU nun gegensteuern und die Bodenqualität durch Düngevorgaben verbessern. Die Düngemengen dem Nährstoffgehalt des Bodens anzupassen, ist für Landwirtinnen und Landwirte aktuell kaum möglich, weil tagesaktuelle Daten dafür notwendig wären. Hier setzt das Projekt „Soilmonitor“ an.
 
In dem von der EU geförderten Vorhaben will ein interdisziplinäres Team der Christian-Albrechts-Universität Kiel ein Messgerät entwickeln, das rund um die Uhr die wichtigsten Nährstoffwerte direkt im Boden erfasst. Das batteriebetriebene Gerät von etwa 5 cm x 3 cm x 3 cm Größe, wird dafür in den Boden eingesetzt und entnimmt sowie analysiert dort automatisch die Bodenflüssigkeit. Nitrat-, Ammonium- und Phosphatwerte sollen so in Echtzeit gemessen und die Daten direkt an ein Smartphone oder anderes digitales Endgerät übertragen werden, wo sie ausgelesen werden können.

Nährstoffe direkt im Boden erfassen

„Dieses Sensorsystem im Format einer Streichholzschachtel ermöglicht zum ersten Mal eine 24/7-Messung der Nährstoffe im Boden und damit eine optimale, datenbasierte Düngung“, so Martina Gerken, Professorin für Integrierte Systeme und Photonik an der Technischen Fakultät und Leiterin des Projekts. „Die Technologie dahinter basiert auf einem optoelektronischen Detektionschip, der von uns entwickelte organische Leuchtdioden zur optischen Auslesung nutzt. Mit hydrophilen Keramikmaterialien wollen wir die Entnahme der Bodenflüssigkeit erleichtern“, so Gerken weiter.

Düngeverhalten sofort anpassen

Der Vorteil dieses sogenannten mikrofluidischen Lab-on-a-Chip-Systems: zeitaufwendige Probenentnahmen, Laboranalysen und Wartungsarbeiten entfallen. Landwirtinnen und Landwirte könnten anhand der Daten aus dem Boden ihr Düngeverhalten sofort anpassen. „Vor allem die Nitratgehalte in Böden sind sehr variabel und erfordern daher eine neue Messtechnik, um eine passgenaue Düngung zu ermöglichen“, so Sandra Spielvogel, Professorin für Bodenkunde an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät und Teil des Projektteams. Für eine reibungslose Aufnahme der Bodenlösungen will ein Team um Spielvogel unter anderem Böden mit verschiedenen Porengrößen und -verteilungen, Lagerungsdichten und Wassergehalten untersuchen und in Feldversuchen testen. Zeynep Altintas, Professorin für Biomaterialien und Biosensortechnologien, ist im Team für den Nachweis der verschiedenen Nährstoffe zuständig. Das unternehmerische Know-how bringen Forschende um Monika Sienknecht vom Lehrstuhl vom Gründungs- und Innovationsmanagement ein.

Prototyp zur Marktreife bringen

Im Rahmen des EU-Projektes will das interdisziplinäre Team einen Prototyp entwickeln und zur Marktreife bringen. „Unser langfristiges Ziel ist die Gründung eines Unternehmens, um den Soilmonitor in größerem Maßstab für Anwendungen in der Landwirtschaft und in der Bodensanierung zu produzieren. Neben einem eigenständigen System soll es auch eine Komponente geben, die sich in bestehende Systeme integrieren lässt“, sagt Gerken.

Das dreijährige Vorhaben ist im November gestartet und wird über das „EIC Transition“-Programm der Europäischen Union mit rund 2,5 Mio. Euro gefördert. „Diese EU-Förderung ermöglicht einen wichtigen Beitrag für eine effizientere und zugleich umweltschonendere Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen. Sie zeigt außerdem einmal mehr das Potential, das eine starke interdisziplinäre Zusammenarbeit für die großen Fragen unserer Zeit hat“, sagt Prof. Dr.-Ing. Eckhard Quandt, CAU-Vizepräsident für Forschung und Transfer.

bb