Mit Holzplättchen gegen Ölteppiche
Dresdner Holztechniker haben holzfaserbasierte Ölbinder entwickelt, die Gewässer bei Ölhavarien reinigen können. Die Plättchen sollen international zum Einsatz kommen.
Immer wieder kommt es auf den Weltmeeren und sogar Binnengewässern zu Ölhavarien. Diese enorme Umweltverschmutzung kann ganze Ökosysteme und die darin befindlichen Lebewesen zerstören, angefangen von Mikroorganismen bis hin zu Seevögeln. Bisherige Ansätze, die Öllachen einzudämmen oder aufzusaugen, sind nicht sehr effizient. Am erfolgversprechendsten sind derzeit chemische Mittel, die das Öl binden und anschließend absinken lassen. Dadurch ist die Verschmutzung jedoch nur aus dem Sichtfeld, nicht aber aus dem Ökosystem verschwunden. Forschende der Technischen Universität Dresden haben nun in Kooperation mit den Universitäten Rostock und Leipzig sowie Industriepartnern ein Ölhavariebekämpfungssystem entwickelt, das eine schnelle Ölbeseitigung auch bei ungünstigen Wetterbedingungen und in Flachwassergebieten ermöglicht. Sie verwenden dazu wenige Zentimeter große schwimmfähige, holzfaserbasierte Ölbinder.
Ölabbauende Mikroorganismen ermöglichen hohe Saugeffizienz
Wissenschaftler am Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden haben im Rahmen des Verbundprojektes „BioBind“ und eines Folgeprojektes die Ölbinder entwickelt. Die Holzplättchen sind 5 mal 5 Zentimeter groß, 4 Millimeter dick und bestehen aus Holzfasern, die sehr hohe Reinigungsraten bei kleinen und mittleren Verschmutzungen aufweisen. Sie können per Flugzeug oder Schiff ausgebracht und mit Netzsperren oder im Brandungsbereich der Küste wieder aufgenommen werden. Das Besondere: Beim Abwurf aus dem Flugzeug werden die Plättchen mit ölabbauenden Mikroorganismen besprüht. Das ermöglicht eine schnelle und nahezu vollständige Ölaufnahme von bis zu 92%. Ein weiterer Vorteil: Die Kosten für die holzbasierten Ölbinder sind zwar vergleichbar mit den für bestehende Produkte, aufgrund ihrer besseren Ölaufnahmekapazität sind die biobasierten Plättchen aber wesentlich effizienter.
Die patentierten Ölbinder und das neue BioBind-Havariesystem durchliefen bereits mehrere Seeerprobungen auf der Ostsee. Besonders geeignet sind die Holzplättchen demnach bei Ölunfällen im Bereich von 5 bis 50 Tonnen. Bei größeren Havarien könnten sie als Ergänzung zu bestehenden Bekämpfungssystemen eingesetzt werden.
Ausgezeichneter Ansatz – international nachgefragt
Im Anschluss an das Verbundprojekt wurde die Herstellung der Ölbinder und deren Ausrüstung bis zur Industriereife entwickelt. Die Dresdner Holztechnikexperten haben zudem bereits Forschungs- und Industriekooperationen mit dem Iran aufgebaut. Denn auch im Persischen Golf, einem der bedeutendsten Ölfördergebiete der Erde, soll die BioBind-Technologie zum Einsatz kommen. Um die Ökobilanz der Saugplättchen zu optimieren und die lokale Industrie zu unterstützen, sollen sie vor Ort auf Basis lokaler landwirtschaftlicher Reststoffe regional produziert und eingesetzt werden.
Für ihre Forschungsarbeit zum Thema „Einsatz holzfaserbasierter Ölbinder zur Ölhavariebekämpfung auf dem Meer“ haben die Dresdner Wissenschaftler vor kurzem den Wilhelm-Klauditz-Preis für Holzforschung und Umweltschutz 2018 erhalten.
jmr