Mikroorganismen im Team kultivieren

Mikroorganismen im Team kultivieren

Ein neuartiger Bioreaktor soll helfen, den mikrobiellen Artenreichtum zu erforschen und nutzbar zu machen. Ein bundesweiter Forschungsverbund zielt darauf ab, die mikrobiellen Gemeinschaften von Lebensräumen im Labor zu erhalten.

Meereswellen
Im Meer spielen Mikroorganismen eine große Rolle fürs Ökosystem, doch 99% aller Arten konnten noch nicht im Labor kultiviert werden.

Multikulti gibt es jetzt nicht mehr nur in der Soziologie, sondern auch in der Mikrobiologie: Es ist der Name eines nun gestarteten Forschungsverbunds, der sich zum Ziel gesetzt hat, einen neuartigen Bioreaktor zu entwickeln. Mit ihm soll es möglich werden, auch jene aquatischen Mikroorganismen im Labor zu kultivieren, bei denen das bislang gescheitert ist. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Verbund mit 2,5 Mio. Euro über einen Zeitraum von drei Jahren.

Nur 1% aller Mikroorganismenarten bislang kultiviert

Ob im Wasser, im Boden oder in höheren Lebewesen – Mikroorganismen erfüllen überall auf der Erde wichtige Funktionen, die der Mensch gerne besser verstehen würde. „Dennoch ist der Großteil aller freilebenden Mikroorganismen bisher so gut wie unbekannt“, erläutert Projektleiter Martin Könneke von der Universität Oldenburg. Viele Mikroorganismen stellen Anforderungen, die bislang nicht verstanden oder im Labor schwierig nachzubilden sind, weshalb bis heute nur ein winziger Bruchteil aller Arten erfolgreich im Labor lang genug am Leben gehalten werden konnte, um daran zu forschen.

Bioreaktor optimiert Parameter automatisiert

Ändern soll das nun ein modular aufgebauter, vollautomatischer Bioreaktor. Molekularbiologische Methoden sollen regelmäßig die Zusammensetzung der Mikroben im Reaktor überprüfen. Auf dieser Grundlage passt der Reaktor die Haltungsbedingungen so an, dass die Mikroorganismen möglichst natürliche Umweltbedingungen vorfinden. Der Schwerpunkt der Forschung soll dabei auf drei bislang zu wenig erforschten Gruppen von Einzellern liegen: solche, die aus technischen Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung und dem Grundwasser stammen; solche, die in Kaltwassergeysiren wie dem in Andernach leben, weil diese Arten Potenzial für die Biotechnologie haben könnten; und solche, die im Meer wichtige ökologische Funktionen erfüllen.

Gemeinschaften erhalten und dann erforschen

„Im ersten Schritt wollen wir die natürlichen Gemeinschaften der Mikroorganismen erhalten“, schildert Könneke. Später sollen dann einzelne Organismen isoliert und angereichert werden, um sie gezielt zu untersuchen und die Art mit ihren individuellen Ansprüchen besser zu verstehen, ebenso wie die Gemeinschaften, in denen sie bevorzugt leben. Beteiligt sind an diesen Arbeiten neben der Universität Oldenburg die Universitäten Erlangen-Nürnberg, Duisburg-Essen, die Humboldt-Universität Berlin, das DVGW-Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Letzteres ist besonders daran interessiert, wie Umweltbedingungen wie auf dem Mars sich auf bestimmte Mikroorganismen auswirken.

bl