Löwenzahn-Kautschuk nachgebaut

Löwenzahn-Kautschuk nachgebaut

Fraunhofer-Forscher haben eine künstliche Alternative zu Naturkautschuk entwickelt, die überlegene Eigenschaften aufweist.

Erste Tests von Reifen mit dem naturidentischen, biomimetischen Synthesekautschuk BISYKA zeigen, dass diese etwa 30 bis 50 Prozent weniger Abrieb im Vergleich zu Naturkautschukreifen erzeugen.
Erste Tests von Reifen mit dem naturidentischen, biomimetischen Synthesekautschuk BISYKA zeigen, dass diese etwa 30 bis 50 Prozent weniger Abrieb im Vergleich zu Naturkautschukreifen erzeugen.

Bislang war die Natur unübertroffen: Ging es um abriebfeste Laufflächen für Fahrzeugreifen, führte kein Weg am Naturkautschuk vorbei. In dieser Disziplin ist das Material, das aus Kautschukbäumen gewonnen wird, marktbeherrschend. Doch eine Pilzinfektion vernichtet derzeit große Teile der Pflanze auf den brasilianischen Plantagen. Breitet sich die Krankheit auch auf die asiatischen Anbaugebiete aus, könnte eine globale Gummiknappheit folgen. Genau rechtzeitig haben Forscher mehrerer Fraunhofer-Institute eine Alternative entwickelt, die sie am 4. April 2019 auf der Jahrestagung der Deutschen Kautschuk-Gesellschaft in Merseburg präsentierten.

Forschung an Löwenzahn-Kautschuk

„Unser Synthesekautschuk BISYKA, kurz für Biomimetischer Synthesekautschuk, hat sogar noch bessere Eigenschaften als Naturkautschuk“, verspricht Ulrich Wendler, der das Projekt am Fraunhofer Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ in Schkopau leitet. Dabei haben sich die Forscher vieles bei der Natur, speziell beim Löwenzahn abgeschaut. Kautschuk aus Löwenzahn besteht zwar ebenso wie der Baum-Kautschuk zu etwa 95 Prozent aus Polyisopren und darüber hinaus aus Proteinen und Lipiden. Aber anstelle von sieben Jahren beträgt die Generationenfolge nur drei Monate, was Experimente deutlich verkürzt.

Relevante Biomoleküle im Naturkautschuk identifiziert

Zunächst analysierten die Projektpartner der Fraunhofer-Institute IAP, IMWS, IME, IWM und ISC, welche Proteine und Lipide das Abriebverhalten von Reifen maßgeblich beeinflussen. Aus diesen Biomolekülen und funktionalisiertem Polyisopren produzierten die Forscher mehrere Kautschukvarianten und testeten deren Eigenschaften. Außerdem ersetzten sie den Ruß, der üblicherweise Reifen beigemischt wird, durch neuartige Silicate. Ein unabhängiger externer Partner prüfte schließlich vier PKW-Reifen aus BISYKA-Kautschuk in der Praxis.

Partner für die Kommerzialisierung gesucht

Das Ergebnis überzeugt: Im Vergleich zu Naturkautschukreifen verlor der neu entwickelte Reifen während der Fahrtests rund ein Drittel weniger Gewicht und nur halb so viel Profiltiefe. Obendrein lag der Rollwiderstand mit Klasse B vor dem der mit C klassifizierten Reifen aus Naturkautschuk. „Bisher haben wir nur erste Tests mit der BISYKA-Reifenmischung durchgeführt, die äußerst vielversprechend sind. Als nächsten Schritt möchten wir den BISYKA-Kautschuk weiter optimieren“, erläutert Wendler. Im Fokus stehen dabei vor allem der Anteil und die Zusammensetzung der Biokomponenten. Auch soll die Rezeptur der Laufflächenmischung für LKW-Reifen auf den neuen Kautschuk angepasst werden. Parallel dazu suchen Wendler und sein Team Industriepartner, um das Produkt auf den Markt zu bringen.

bl