Kohl-Duft verrät Herkunft seiner Fraßfeinde

Kohl-Duft verrät Herkunft seiner Fraßfeinde

Wilde Kohl-Pflanzen haben ein feines Gespür für die Herkunft ihrer Fraßfeinde. Sie reagieren mit speziellen Düften, um Abwehrhelfer aus der Insektenwelt anzulocken.

Raupen fressen an grünen Blättern
Raupen des Großen Kohlweißlings (Pieris brassicae) waren eine der Pflanzenfresser-Arten, die in der Studie verwendet wurden.

Insektenraupen, Schnecken und Blattläuse haben eins gemeinsam: Sie machen sich über Gemüse her und sind daher so manchem Landwirt und Hobbygärtner ein Dorn im Auge. Doch nicht alle Pflanzen sind so wehrlos gegen ihre Fraßfeinde. Viele haben ein ausgeklügeltes Notrufsystem entwickelt, um sich der Angreifer zu erwehren. Der Trick: Sie verströmen sehr spezielle Düfte und locken so die Feinde der Pflanzenfresser als Verstärkung an. So ein Geruch zieht beispielsweise Wespen an, die Raupen als Wirtstiere nutzen, um ihre Eier in ihnen abzulegen, wodurch diese getötet dann werden.

Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig fand nun heraus, dass sich die Zusammensetzung der duftenden Signale, die solche Pflanzen verströmen, je nach Art des Angreifers unterscheiden. Wie die Forscher im Fachjournal „New Phytologist“ berichten, hatten sie dafür den Einfluss von zwölf Pflanzenfressern, darunter Raupen, Blattläuse und Nacktschnecken auf die wilde Kohl-Art Rübsen (Brassica rapa) genannt, untersucht.

Pflanzen passen Duftnoten dem Angreifer an

Das Ergebnis: Die Kohl-Pflanzen passten ihre Gerüche den jeweiligen Eigenschaften der ungebetenen Gäste an. Zur Überraschung der Forscher sandten die Rübsen darüber hinaus ganz andere Duftnoten aus, wenn sie von nicht-heimischen Insekten befallen wurden. Mithilfe eines hochpräzisen Massenspektrometers, einem Gaschromatografen, zeigte sich, dass sich die Reaktionen der Pflanzen auf exotische und einheimische Pflanzenfresser nicht anhand einer einzigen flüchtigen Substanz unterschieden, sondern anhand des Verhältnisses verschiedener Substanzen. „Das passt zu dem, was wir über die Wahrnehmung und das Verhalten von parasitoiden Wespen und anderen Prädatoren wissen. Sie nutzen eine Mischung aus verschiedenen Geruchs-Substanzen, um Informationen über ihre Beute zu erhalten“, erklärt Studienleiterin Nicole van Dam vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv).

Pflanzen erkennen Exoten unter heimischen Fressfeinden

Pflanzen erkennen also, ob heimische Fraßfeinde an ihnen knabbern oder aber exotische. Das Problem mit den exotischen Pflanzenfressern: Sie können ähnliche Gerüche wie einheimische Arten auslösen, wodurch die einheimischen Pflanzenfresser verwirrt werden, von denen manche die exotischen Pflanzenfresser nicht nutzen können, um in ihnen ihre Eier abzulegen. Bei der im Rahmen der Studie untersuchten wilden Kohl-Art war das nicht der Fall. Hier lösten die nicht-einheimischen Pflanzenfresser ganz andere Gerüche aus als ihre einheimischen Kollegen, selbst wenn sie auf ähnliche Weise an der Pflanze fraßen. „Die Pflanzen haben vielleicht weder ein Nervensystem noch Augen, Ohren oder einen Mund, doch sie können unterscheiden, wer sie angreift. Dadurch können sie parasitischen Wespen verlässliche Informationen übermitteln. Was ich wirklich beeindruckend finde, ist, dass sie sogar in der Lage sind, zwischen einheimischen und fremden Pflanzenfressern zu unterscheiden“, so van Dam. Erst kürzlich hatten iDiv-Forscher in einer anderen Studie gezeigt, dass Bäume am Speichel der Rehe erkennen können, ob ein Tier an den Ästen knabbert oder eine Windböe am Geest zerrt.

bb