Klimaneutraler Schiffstreibstoff aus Abwasser

Klimaneutraler Schiffstreibstoff aus Abwasser

Auf dem Gelände des Mannheimer Klärwerkes wurde am 24. März die erste Demonstrationsanlage in Betrieb genommen, die Biogas aus Abwasser in klimaneutrales Methanol umwandelt.

Containerschiff im Hafen
Die Schifffahrt ist nach Schätzungen von Fachleuten für rund drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Methanol ist eine begehrte Chemikalie, die unter anderem zur Treibstoffproduktion genutzt wird und aus fossilen Rohstoffen besteht. Das Start-up Icodos – eine Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) – hat eine umweltfreundliche Alternative zur Herstellung der Allzweckchemikalie entwickelt: Statt Erdöl und Erdgas wird Biogas aus Abfallströmen wie Klärschlamm als Rohstoffquelle in Verbindung mit erneuerbarem Strom zur Erzeugung von Biomethan und e-Methanol genutzt. Im Mannheimer Klärwerk wurde am 24. März die erste Demonstrationsanlage zur Herstellung von klimaneutralem Methanol als Schiffstreibstoff feierlich eröffnet.

Kombiniertes Verfahren zur Herstellung von e-Methanol

Bei herkömmlichen Verfahren zur Herstellung von sogenanntem e-Methanol erfolgt die CO₂-Abscheidung und die Methanolsynthese getrennt. Um das Methanol als Treibstoff nutzen zu können, muss das Gas aufwendig aufbereitet werden. Mit der von Icodos entwickelten Technologie kann das aus dem Abwasser der Kläranlage erzeugte Biogas zu hochwertigem Biomethan aufbereitet und gleichzeitig aus dem anfallenden CO₂ grünes e-Methanol hergestellt werden. Dafür wird Kohlenstoffdioxid (CO₂) aus dem Biogas abgetrennt und mit zusätzlichem grünem Wasserstoff (H₂) aus einer Wasserelektrolyse in einem kombinierten Verfahren zu Methanol umgewandelt. Icodos zufolge ist diese Methode die derzeit „effizienteste CO₂-Abscheidungstechnologie“.

Kläranlagen für Kraftstoffproduktion nutzen

„Mit unserer Technologie gewinnen wir aus einer vorhandenen Quelle einen hochwertigen Energieträger“, erklärt Vidal Vazquez, Mitgründer von Icodos. „Das aktuelle Projekt zeigt, dass Kläranlagen als Herzstück einer nachhaltigen Kraftstoffproduktion dienen können – ein Potenzial, das bislang ungenutzt geblieben ist.“ Rund 9.000 Klärwerke gibt es in Deutschland. Vazquez zufolge könnten diese allein jährlich mehrere Millionen Tonnen nachhaltiges Methanol produzieren. 

Praxisnahe Lösung für die nachhaltige Transformation

„Die neue Anlage demonstriert eindrucksvoll, wie Forschung und Unternehmergeist praxisnahe Lösungen für die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft hervorbringen können“, sagte Thomas Hirth, Vizepräsident Transfer und Internationales des KIT bei der Eröffnung der Anlage.  Bundesverkehrsminister Volker Wissing verwies auf die Notwendigkeit solcher Innovationen, damit Deutschland von Energieimporten unabhängiger wird. „Dieses Projekt kann beispielgebend für viele weitere Standorte in Deutschland und Europa sein.“

Mithilfe der Icodos-Technologie, die Biogas und CO₂ als Rohstoffquellen nutzt, können neben Kraftstoffen auch nachhaltige und klimaneutrale Chemikalien erzeugt werden. Aufgrund seiner kompakten und skalierbaren Bauweise sei das Verfahren besonders für die dezentrale Umsetzung geeignet, heißt es. Dem Start-up zufolge gibt es bereits erste Gespräche mit anderen Klärwerken zur Errichtung einer Produktionsanlage.

bb