Innovationspotenzial der industriellen Biotechnologie stärker nutzen

Innovationspotenzial der industriellen Biotechnologie stärker nutzen

In einem Positionspapier fordert der Branchenverband BIO Deutschland Maßnahmen zur beschleunigten Umsetzung bioökonomischer Aktivitäten in der Industrie. Auch müsse der Markteintritt für biobasierte Produkte erleichtert werden.

Labor
Die industrielle Biotechnologie leistet einen entscheidenden Beitrag für den Wandel von einer erdöl- zu einer biobasierten Industrie.

Ob in der Ernährungs- und Landwirtschaft, in der Medizin, der Chemie-, Kosmetik- oder Pharmaindustrie: Die Biotechnologie bietet für viele Branchen ein enormes Innovationspotenzial. Zugleich eröffnet insbesondere die industrielle Biotechnologie Wege für ein nachhaltiges und ressourcenschonendes Wirtschaften und ist damit eine tragende Säule der Bioökonomie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Fachleuten zufolge hinkt Deutschland im internationalen Vergleich bei der industriellen Anwendung biotechnologischer Verfahren hinterher. Der Branchenverband BIO Deutschland hat nun ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, damit die bioökonomische Transformation gelingt und die von der EU und den Vereinten Nationen gesteckten Nachhaltigkeitsziele erreicht werden.

 „Wir haben in Deutschland hervorragende Forschung im Bereich der industriellen Biotechnologie. Doch wie in vielen anderen Bereichen hakt es beim Transfer vom Labor- in den Industriemaßstab“, sagt Christine Lang, Co-Leiterin der AG Industrielle Bioökonomie von BIO Deutschland und ehemaliges Mitglied des Bioökonomierates. Lang zufolge sind die Gründe vielfältig. „Wir müssen deshalb verschiedene Hebel einsetzen, um in diesem Zukunftsfeld nicht den Anschluss und unsere Souveränität zu verlieren.“

Ökologischer Fußabdruck beim Produktvergleich einbeziehen

In dem aktuellen Positionspapier mit dem Titel „Mit Biologie wirtschaften“ gibt der Branchenverband Handlungsempfehlungen, „um einem Marktversagen entgegenzusteuern und die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten“. „Wichtig wäre, dass wir beim Vergleich von biobasierten mit traditionellen fossilbasierten Produkten alle entstandenen Kosten einbeziehen, also auch den ökologischen Fußabdruck. Dann würde der Vorteil der neuen Produkte besser sichtbar“, argumentiert Lang.

Neue Rahmenbedingungen für Innovationsförderung

Nicht nur die Vorteile der Anwendung innovativer Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft sollen stärker hervorgehoben werden. Biotechnologische Innovationen müssen demnach auch durch „klare Rahmenbedingungen für neue Technologien gefördert werden“. Dafür müssten Gesetze auf nationaler und europäischer Ebene, die für biotechnologische Herstellprozesse und biobasierte Produkte relevant sind, konsequent überarbeitet werden, heißt es in dem Positionspapier.

Eine weitere Maßnahme ist die schnellere Umsetzung bioökonomischer Ansätze in der Industrie – etwa durch die langfristige Förderung von Pilot-Anlagen und die Entwicklung von Prototypen. Auch bei der Entwicklung neuer Herstellverfahren für biotechnologische Produkte und Vorprodukte und beim Aufbau der dafür erforderlichen Wertschöpfungsketten seien massive Unterstützungen erforderlich. „Außerdem brauchen wir natürlich einen Market-Pull. Das heißt, dass es verbindliche Regeln für die Inhaltsstoffe neuer Produkte geben muss, wie in Form von Beimischungsquoten und Materialvorgaben“, sagt Lang.

Gesetzliche Möglichkeiten für Kapitalsammelstellen schaffen

Darüber hinaus empfehlen die Expertinnen und Experten von BIO Deutschland die Schaffung gesetzlicher Möglichkeiten sowie steuerlicher Anreize für entsprechende biotechnologische Investitionen. „Um unsere biotechnologischen Neuerungen auf den Markt zu bringen und zu Innovationen zu befördern, benötigen wir auch Kapital. Für die Wachstumsphasen von vielversprechenden jungen Unternehmen brauchen wir vor allem mehr Venture Capital. Deshalb müssen wir gesetzliche Möglichkeiten schaffen, dass deutsche und europäische Kapitalsammelstellen vermehrt in diese Asset-Klasse investieren dürfen“, sagt Jörg Riesmeier, ebenfalls Leiter der AG bei der BIO Deutschland.

Mit Biologie wirtschaften

Das aktuelle Positionspapier „Mit Biologie wirtschaften“ steht als kostenloser Download auf der Webseite der BIO Deutschland bereit.

Dem Verband zufolge ist dafür auch ein „klares und kohärentes“ Bekenntnis der Bundesregierung sowie der zuständigen Bundesministerien „zur zentralen Bedeutung der Biotechnologie bei der Umsetzung der Bioökonomie-Strategien“ erforderlich. Auch der Dialog mit der Gesellschaft sowie ein klares Bekenntnis zur transparenten Darstellung von innovativen Technologien und Produkten sollte nach Auffassung des Branchenverbandes unterstützt werden.

bb/pg