iGEM 2024: Deutsche Teams triumphieren in Paris

iGEM 2024: Deutsche Teams triumphieren in Paris

Megaerfolg für die deutschen Hochschulteams beim großen Finale des iGEM-Wettbewerbs für Synthetische Biologie: Die Teams aus Marburg und Heidelberg räumten in ihren Kategorien den Gesamtsieg ab, und es gab zahlreiche Spezialpreise und Medaillen.

Team Heidelberg beim iGEM Grand Jamboree 2024
Das iGEM-Team aus Heidelberg landete in der Kategorie "Undergraduate" auf dem 1. Platz.

Jubel in Paris: Beim wichtigsten weltweiten Wettbewerb für Schul- und Hochschulteams im Bereich der Synthetischen Biologie, iGEM, haben die deutschen Teams aus Marburg und Heidelberg den Abschluss der Saison 2024 mit dem Gesamtsieg gekrönt. Die insgesamt 15 Hochschulteams aus Deutschland sind zudem mit etlichen Spezialpreisen und Medaillen im Gepäck aus Frankreich heimgekehrt.  

Von 23. bis 26. Oktober hatten rund 400 Teams aus mehr als 50 Ländern an der 21. Auflage des Wettbewerbs international genetically engineered machine (iGEM) teilgenommen. An dem jährlichen Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, die innerhalb eines Jahres ein eigenes Forschungsprojekt der Synthetischen Biologie konzipieren und umsetzen, kamen rund 5.000 Teilnehmende zum Grand Jamboree auf dem Messegelände „Paris Expo Porte de Versailles“ zusammen. Die Projekte der Teams wurden in diesem Jahr in 14 sogenannten „Villages“ gegliedert, sie stehen für Anwendungsbereiche, die sich auf die Themenfelder „Environment“, „Healthcare“ und „Advancements“ verteilen.  

Marburger Team punktet mit Löwenzahnlatex-Projekt

Das iGEM-Team der Philipps-Universität Marburg holte mit seinem Projekt „Tarakate“ den Gesamtsieg in der Kategorie „Overgraduate“ sowie vier Spezialpreise in den Kategorien Bestes Landwirtschafts-Projekt, Beste Sammlung genetischer Bausteine, Bestes Projekt pflanzlicher Synthetischer Biologie und Beste Projektdokumentation.  

Das Marburger iGEM-Team hat mit seinem Wettbewerbsbeitrag entscheidende Grundvoraussetzungen für die Weiterentwicklung einer Latex produzierenden Löwenzahnart als zukünftiger Alternative zum Kautschukbaum bei der Rohstoffgewinnung für die Gummiproduktion geschaffen. Damit kommt die Siegermannschaft des iGEM-Wettbewerbs nach 2018 und 2021 nun zum dritten Mal aus Marburg. Nach Angaben des Teams hat in der Geschichte des iGEM-Wettbewerbs keine andere Universität häufiger den Gesamtsieg erringen können.

Das siegreiche iGEM-Team Marburg 2024
Das Team Marburg räumte bei den "Overgraduates" mit seinem Löwenzahn-Projekt in Paris mächtig ab.

„Das iGEM-Team hat molekulare Werkzeuge etabliert, die für die Entwicklung von Sorten des Latex-führenden Löwenzahns Taraxacum kok-saghyz essenziell sind, welche sich für den flächendeckenden Anbau in der nördlichen Hemisphäre eignen“, sagt der Teambetreuer René Inckemann, der kürzlich am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie seine Doktorarbeit abgeschlossen hat und maßgeblich zum Erfolg des Teams beigetragen hat. „Die untersuchte Löwenzahnart ist sehr genügsam und würde im Anbau nicht mit der Nutzung von Ackerflächen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion konkurrieren.  

Der Löwenzahn wäre somit eine nachhaltige Alternative zur Nutzung des Kautschukbaumes, für den bislang immense Flächen an Regenwald gerodet worden sind“, fügt der molekulare Pflanzenphysiologe Professor Lars Voll hinzu. Er betreute das Studierendenteam gemeinsam mit dem Pflanzenbiologen Professor Felix Willmund und der Mikrobiologin Professor Anke Becker aus dem Zentrum für synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO). „Außerdem kann die Züchtung von Löwenzahnsorten beschleunigt werden, die ernte- und anbautechnische Vorteile bergen“, so Voll weiter.

Julia Rinn, Mitglied des diesjährigen iGEM-Teams aus Marburg, studiert selbst Molekularbiologie zellulärer Systeme im Master und berichtet für uns über den Grant Jamboree in Paris: „Die Aufregung vor dem Jamboree war riesig, da wir nicht genau wussten, was uns erwarten würde. Besonders vor unseren Präsentationen stieg die Nervosität – wie würde unser Projekt ankommen? Insgesamt war der Jamboree eine einzigartige und bereichernde Erfahrung. Es war überwältigend zu sehen, was andere Teams erreicht haben, und sich mit ebenso wissenschaftsbegeisterten Menschen auszutauschen. Die allgemeine Stimmung war durchgängig spürbar: Lust auf Innovation und der Wille, die Zukunft zu gestalten.“ Das Team ist mittlerweile in Gesprächen mit verschiedenen Vertretern aus der Wissenschaft, um die Ergebnisse des Projekts für andere Forschende nutzbar zu machen. „Wir hoffen außerdem, dass zukünftige iGEM-Teams mit unserer Toolbox arbeiten werden, sei es in Löwenzahn oder anderen Pflanzenprojekten.“

Team Heidelberg mit umfunktionierter Genschere

Auch Studierende der Universität Heidelberg durften in Paris jubeln – das Team belegte den ersten Platz in der Kategorie „Undergraduate“. Die 20 Studierenden haben ihr Projekt „CRISPR/Cas-Mediated 3D Genome Engineering via Programmable DNA-DNA Interactions“ (PICasSO) über viele Monate hinweg am BioQuant-Zentrum im Labor und mithilfe von Computermodellen vorbereitet. Betreut wurde das Projekt „PICasSO“ von Professor Stefan Wölfl und Professor Dominik Niopek, Wissenschaftler am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie der Universität Heidelberg. Das Team konnte die internationale Jury gleich mehrfach überzeugen: Es erhielt auch Auszeichnungen in der Kategorie „Undergraduate“ für die beste grundlegende Innovation, die beste Kollektion genetischer Bausteine, das beste Computermodell und die beste Projektdokumentation.  

Medaillen der deutschen iGEM-Teams 2024

Gold: Heidelberg, Aachen, Bielefeld, Düsseldorf, Freiburg, Hannover, Marburg, München, Darmstadt, Münster, Frankfurt, Dresden, Straubing

Silber: Hamburg, Tübingen 

Aachener Team mit Onkologie-Projekt erfolgreich

Den zweiten Platz in der Kategorie „Overgraduate“ belegt das Team der RWTH Aachen mit dem Projekt „OncoBiotica – Microbiota-Directed Cancer Therapy“. „OncoBiotica“ stellt einen innovativen Ansatz für die Präzisionsonkologie dar, der auf tumorassoziierte Mikroben abzielt und eine Alternative zu herkömmlichen Krebstherapien bietet, die sich auf Biomarker von Krebszellen konzentrieren. Sie konnten außerdem die Preise Bestes Onkologie-Projekt, Beste Lehre und Beste Hardware erzielen.  

Neben den herausragenden Erfolgen der Teams aus Marburg, Heidelberg und Aachen haben es auch die Teams aus Freiburg und Straubing in die Top 10 des Finales geschafft. Das Team der Uni Freiburg punktete in der Kategorie Bestes Infektionskrankheiten-Projekt. Das Team aus Bielefeld gewann in der Wettbewerbskategorie Beste Präsentation sowie Sicherheit und Schutz. Die Studierenden der Uni Münster überzeugten die Jury in der Kategorie Bestes Software-Werkzeug.  

kh/pg