Hightech-Anlage PhänoSphäre: Ganze Anbausaison simuliert

Hightech-Anlage PhänoSphäre: Ganze Anbausaison simuliert

In der neuen „PhänoSphäre“ am IPK Gatersleben haben Forschende den Anbau von Maispflanzen im Jahresverlauf äußerst realitätsnah nachgestellt.

In der „PhänoSphäre“ simulieren Forschende feldähnliche Anbaubedingungen.
In der „PhänoSphäre“ simulieren Forschende feldähnliche Anbaubedingungen

Hitze, Trockenheit, Frost oder Starkregen: Wetterextreme stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen und erfordern die Züchtung klimaresistenter Pflanzen. Entscheidend dafür ist vor allem das Wissen über die molekularen Mechanismen einer Pflanze. Um realistische Ergebnisse zu erzielen, sind die Forschenden auf vergleichbare und reproduzierbare Anbaubedingungen wie im Freiland angewiesen. Die neue „PhänoSphäre“ am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben bietet die Möglichkeit, feldähnliche Umweltbedingungen reproduzierbar zu simulieren.

Neue Infrastruktur für Pflanzenforschung am IPK

„Mit der PhänoSphäre können wir der Pflanzenforschung eine neue Infrastruktur am IPK anbieten, in der nicht nur die Reaktionen der Pflanze auf verschiedene, variable Umweltbedingungen untersucht, sondern auch verschiedene Wetterszenarien für eine gesamte Saison durchgespielt werden können“, sagt Thomas Altmann, Leiter der Abteilung „Molekulare Genetik“ am IPK. Für die Pflanzenforschung bedeutet das: leistungsbezogene Pflanzenmerkmale sowie kausale biologische Mechanismen in den Beständen von Pflanzen können nun unter vorgegebenen Umweltbedingungen, die denen in Testparzellen bei Feldversuchen ähneln, analysiert werden. Auch künftige Klimaszenarien können simuliert werden.

Wachstum und Entwicklung der Maispflanze simuliert

Wie realistisch die Anbaubedingungen in der IPK-PhänoSphäre sind, zeigt eine erste Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen ist. Hier hat ein Team um den IPK-Forscher Marc Heuermann an Maispflanzen eine einzelne Anbausaison in der Anlage nachgestellt. Die Daten zur Pflanzenentwicklung in der PhänoSphäre wurden mit denen eines mehrjährigen Feldversuches und eines Anbaus im Gewächshaus verglichen. Wie das Team berichtet, kam das Wachstumsverhalten in der PhänoSphäre „sehr nahe“ an die Entwicklung der Pflanzen auf dem Feld heran.

„Der Mais im Feldanbau und die Pflanzen im Experiment benötigten die gleiche Zeit, um die maximale Wachstumsgeschwindigkeit, die Reife der Blätter und den Austrieb zu erreichen“, sagt Heuermann, Erstautor der Studie. Die Übereinstimmung zwischen der Wettersimulation und der Außenumgebung in Bezug auf Temperatur, thermisch normalisierte Zeit und Wasserdampfdruckdifferenz sei jedoch am höchsten gewesen, wenn reale Tage als Vorlage für die einjährige Simulation verwendet wurden.

Bessere Ergebnisse als im Gewächshaus

Der Studie zufolge brachte die Simulation auch bessere, dem Feld viel ähnlichere Ergebnisse als der Anbau im Gewächshaus. „Die Möglichkeit, in der dynamischen, aber auch kontrollierten Umgebung ein feldähnliches Wachstum und eine feldähnliche Entwicklung auszulösen, ist ein sehr wesentlicher und wichtiger Fortschritt und geht weit über die bisherigen Verbesserungen beim Anbau in standardmäßig klimatisierten Gewächshäusern hinaus“, betont Altmann.

In der PhänoSphäre können Temperaturprofile stündlich sowie Lichtqualität und -menge im Minuten- bis Sekundenbereich sowie die Bodentemperatur reguliert, Windgeschwindigkeit und -richtung und atmosphärischer CO2-Gehalt variiert sowie die Bewölkung mithilfe einer Lichtanlage simuliert werden. Die Bewässerung der Pflanzen erfolgt automatisch. Zudem können in den Anzuchtcontainern der Hightechkammer verschiedene Bodentypen und -zusammensetzungen verwendet werden.  

Simulationsprogramme werden erweitert

Mit der PhänoSphäre wird den Forschenden zufolge die Lücke zwischen den bisher etablierten Systemen zur Phänotypisierung unter kontrollierten Umgebungsbedingungen und den Feldversuchen zur Phänotypisierung geschlossen. Altmann ist daher überzeugt, dass damit künftig „systembiologische Analysen“ zur Erforschung der molekularen Mechanismen, die der Ausprägung agronomisch relevanter Merkmale wie der Widerstandsfähigkeit gegenüber ungünstigen Umweltbedingungen zugrunde liegen, unterstützt werden können. „Zudem können Hypothesen überprüft werden, die aus bioinformatischen Untersuchungen wie Netzwerkanalysen oder Modellierungen abgeleitet wurden“, sagt Altmann. Als nächstes wollen die Forschenden die Simulationsprogramme so weiterentwickeln, dass diese auch für Untersuchungen zur Ertragsstabiltät und Widerstandsfähigkeit wichtiger Kulturpflanzen mit Hinblick auf den Klimawandel genutzt werden können.

bb