Gerste: häufiger Gentransfer zwischen Arten

Gerste: häufiger Gentransfer zwischen Arten

Genaustausch zwischen verschiedenen Pflanzenarten galt bisher als äußerst selten. In der Evolution der Gerste kam das häufig vor, wie ein deutsch-tschechisches Forscherteam entdeckt hat.

Hordeum comosum ist eine wilde Gerstenart, in der Sequenzen artfremder DNA aus der Unterfamilie der Panicoideae nachgewiesen wurden.
Hordeum comosum ist eine wilde Gerstenart, in der Sequenzen artfremder DNA aus der Unterfamilie der Panicoideae entdeckt wurden.

Pflanzen tauschen bei der Reproduktion Gene unter Artgenossen aus, doch ein Erbgutaustausch zwischen verschiedenen Arten ist in der Natur ein äußerst seltenes Phänomen. Dieser horizontale Gentransfer - so die Lehrmeinung - ist vorallem in der Welt der Bakterien und Parasiten verbreitet. Doch beim Blick auf die Evolution der Gerste haben Forscher vom Botanischen Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften und vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben eine Entdeckung gemacht, die diese Annahme ins Wanken bringt.

Gentransfer mit fünf Gräserarten

Wie das Team um Václav Mahelka und Frank Blattner im Fachjournal „PNAS“ berichtet, ist es gar nicht so selten, dass auch bei höheren, nicht kreuzungsfähigen Pflanzenarten, zu denen Gerste und Mais gehören, Gene aus der Kern-DNA übertragen werden. Mehr noch: Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der horizontale Gentransfer auch zwischen höheren Pflanzen ein „gewöhnliches biologisches Phänomen“ darstellt. „Im Rahmen unserer Studie untersuchten wir das genetische Material von 25 Pflanzenarten vor allem der Gattung Hordeum (Gerste) und konnten in 16 Arten Genmaterial aus fünf verschiedenen Arten der Panicoideae, einer Unterfamilie der Süßgräser nachweisen, die auch wichtige Kulturarten, wie Mais, Zuckerrohr und Hirse umfasst", erläutert die tschechische Forscherin Václav Mahelka.

Neue Untersuchsmethoden erkennen Gentransfer

Die identifizierten Süßgräser-Gene fanden danach bereits vor 1 bis 5 Millionen Jahren ihren Weg in die Gerstengattung Hordeum. Dass die  Wanderleidenschaft der Gene bei diesen bedeutenden Nutzpflanzen durchaus keine Ausnahme ist, beeindruckte selbst die Forscher. „Das hat uns überrascht, denn die Stammesgeschichte der betroffenen Gräserarten verläuft seit ca. 60 Millionen Jahren unabhängig voneinander. Wir gehen aber nun davon aus, dass die bisherige Annahme, dass horizontaler Transfer von Kern-DNA zwischen höheren Pflanzenarten nur extrem selten stattfindet, bisher nicht die tatsächlichen Verhältnisse in der Natur abbildete, sondern vor allem die limitierten technischen Möglichkeiten wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden“, sagt Leibniz-Forscher Frank Blattner.

bb/pg