Gene bestimmen Verhalten bei Bienen

Gene bestimmen Verhalten bei Bienen

Warum können sich Bienen unterschiedlichen Umweltbedingungen extrem gut anpassen? Die Ursachen dafür liegen offenbar in den Genen, wie Hohenheimer Forscher herausgefunden haben.

Ob im Regenwald oder der Savanne - Honigbienen haben ihr Verhalten ihrer Umwelt mittels einer speziellen Genstruktur angepasst.

Verschiedene Lebensräume erfordern unterschiedliche Lebensweisen. Im Laufe der Evolution haben sich über Jahrmillionen verschiedenste Tierarten an ihr jeweiliges Habitat angepasst. Und auch Honigbienen unterscheiden sich je nach Lebensraum in Form und Verhalten deutlich voneinander. Allein in Ostafrikas Savannen und den höher gelegenen Bergwäldern Kenias gibt es zwei sehr unterschiedliche Honigbienenpopulationen, die sich ihren jeweiligen Lebensbedingungen angepasst haben.

Welche Rolle spielen Gene beim Umweltverhalten?

Ein Forscherteam um Martin Hasselmann von der Universität Hohenheim und dem Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf aus Deutschland hat gemeinsam mit schwedischen Kollegen von der Universität Uppsala herausgefunden, dass das Erbgut dieser beiden Populationen zwar zu fast 98,6% identisch ist. Doch auf zwei Erbgutabschnitten unterscheidet sich die Information offenbar sehr deutlich. Dies gilt vor allem für solche Gene, die besonders wichtig sind, um die Umwelt wahrzunehmen und auf sie zu reagieren, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal PLOS Genetics.

„Uns hat interessiert, wie Lebewesen es schaffen, sich besonders an die Umwelt anzupassen“, berichtet Martin Hasselmann, Leiter des Fachgebiets Populationsgenomik bei Nutztieren an der Universität Hohenheim. „Und wir wollten wissen, ob sich diese Anpassung bei den beiden Bienenpopulationen in genetischen Unterschieden nachweisen lässt.“

Kleine Unterschiede mit großem Effekt

Untersucht wurden zwei unterschiedliche Populationen: Die dunklen ostafrikanischen Berghonigbienen leben in Kenia im kühlen und feuchten Regenwald oberhalb von 2000 Höhenmetern, und haben sich extrem gut an diese besonderen Umweltbedingungen angepasst. Nur wenige Kilometer entfernt, aber durch über 1000 Höhenmeter getrennt, leben wiederum die helleren Honigbienen in der kenianischen Savanne. Ihr Lebensraum ist deutlich trockenerer.

Für den genetischen Vergleich der Tiere haben die Forscher unter der Leitung von Hasselmann das Erbgut von insgesamt 39 Bienen mit Hochdurchsatzverfahren entschlüsselt, darunter 20 Bergbienen und 19 Savannenbienen. Dabei fanden sie zu ihrer Überraschung zunächst eine hohe Ähnlichkeit heraus: beide Populationen verfügen zu 98,6% über ein sehr ähnliches Erbgut. Dafür sind die Unterschiede in den restlichen 1,4% sehr stark. 

Gene mit Einfluss auf Lernverhalten extrem unterschiedlich

Nach Analyse der Forscher liegen diese extremen genetischen Unterschiede auf zwei Abschnitten auf zwei Chromosomen. Dort befinden sich vor allem Schlüsselgene, die das Sammel- und Lernverhalten der Bienen beeinflussen. Sie steuern, wie sich die Bienen bei der Nahrungssuche verhalten, und wie sie sich Informationen merken. „Die Bergbienen nehmen offenbar ihre Umwelt anders wahr“, erklärt Hasselmann. „Wir haben Hinweise, dass sie sich an diese besonderen Umweltbedingungen vor vielen Millionen Jahre anpasst haben, und vermuten, dass sie zum Beispiel beim Lernen oder Erinnern beim Futtersammeln den Bienen in der Savanne überlegen sind.“

Besondere Chromosomenstruktur sorgt für genetische Unterschiede

Auch der zugrundeliegende molekulare Mechanismus der genetischen Unterschiede sei sehr außergewöhnlich, fanden die Forscher heraus. „Wir haben einen interessanten Mechanismus entdeckt, der diese genetische Differenzierung am besten erklären kann“, sagt Hasselmann. „Die Struktur im Chromosom der Bergbienen ist anders als bei anderen Bienen. Sie sind zum Teil invertiert. Das heißt, durch diese Neukombination wurden einzelne Abschnitte von Genvarianten fixiert, die sich stark zwischen den Bienenpopulationen unterscheiden.“ Diese Anpassung sei einzigartig unter den Honigbienen – bisher wurden weltweit noch keine anderen Honigbienen  gefunden, die diese genetische Variante in dieser Form besitzen. Nun wollen die Forscher mit weiteren Experimenten herausfinden, ob sie mit ihren Vermutungen zum Verhalten der Bienen richtig liegen.

jmr