Expertentreff zur Bioökonomie: Manifesto veröffentlicht
Mehr als 300 europäische Bioökonomie-Experten haben sich Mitte April in den Niederlanden zur BioEconomy Utrecht 2016 getroffen. Am Ende wurde ein Strategiepapier zur Weiterentwicklung der Bioökonomie in Europa veröffentlicht.
Jedes Jahr treffen sich europäische Bioökonomie-Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, um über die künftige Ausgestaltung der Bioökonomie in Europa zu diskutieren. In diesem Jahr wurde die Veranstaltung unter Schirmherrschaft der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft organisiert und zog mehr als 300 Teilnehmer aus 30 verschiedenen Ländern nach Utrecht. Am Ende wurde das Strategiepapier "European Bioeconomy Stakeholders Manifesto" (zum PDF-Download) dessen Empfehlungen in den weiteren Strategieprozess auf europäischer Ebene einfließen sollen.
Die Bioökonomie hat sich in Europa etabliert und ist in den Worten von John Bell, Direktor der Bioökonomie-Direktion der Europäischen Kommission, „nicht mehr Bestreben, sondern Realität.“ Europa sei auf den Wandel von fossilen zu nachwachsenden Rohstoffen angewiesen, betonte er, auch um seine selbst gesetzten Klimaziele zu erreichen. Welchen Herausforderungen die Bioökonomie in Europa gegenübersteht, darüber wurde in Utrecht ausführlich in mehreren Panels und Workshop diskutiert:
- Welche finanziellen Instrumente braucht es, um Unternehmen im Bioökonomie-Sektor zu stärken? Wie können Start-ups in diesem Bereich besser gefördert und mit der Industrie vernetzt werden? Gefordert wurde eine Stärkung der unternehmerischen Denkweise und eine Senkung des Investitionsrisikos für Banken. Durch internationale Fördermechanismen, Subventionen und Kredite sollen Vorreiter mit innovativen Ideen unterstützt und Finanzierungsverfahren vereinfacht werden. Auch die Banken sind aufgefordert, neue, innovationsfreundliche Finanzprodukte zu entwickeln.
- Welche Maßnahmen können getroffen werden, um die Nachfrage nach bio-basierten Produkten anzukurbeln? Der derzeit niedrige Ölpreis gibt wenig Anreiz in neue, innovative Produkte zu investieren. Um trotzdem Investitionen in diesem Bereich zu fördern, wird vorgeschlagen, in der öffentlichen Beschaffung verbindliche Zielvorgaben zu machen und bio-basierte Materialien und Produkte gezielt zu unterstützen. Konkrete Vorschläge hierzu wurden im Vorfeld von Expertengruppe der Europäischen Kommission für bio-basierte Produkte unterbreitet.
- Eine nachhaltige Umstellung der Wirtschaft von fossile auf nachwachsende Rohstoffe erfordert eine Verankerung der Bioökonomie in der Gesellschaft und eine grundsätzliche Veränderungen des Konsumverhaltens. Darüber waren sich die Experten in Utrecht einig. Aber wie kann die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werden?
Neben Vertretern der Europäischen Kommission und nationaler Ministerien kamen auch Experten aus der Zivilgesellschaft, der Industrie sowie der Forschung zu Wort. Aus deutscher Sicht sprach unter anderem Christine Lang, Biotech-Unternehmerin und Vorsitzende des Deutschen Bioökonomierates, über die Ergebnisse des Die dort formulierten Handlungsempfehlungen bildeten auch eine Basis für die Diskussionen in Utrecht. „Eine nachhaltige Entwicklung lässt sich nur in internationaler Abstimmung erreichen“, betonte sie und verwies auf eine vom Bioökonomierat veröffentlichte Studie, die einen Überblick über alle jene Länder, gibt die
Zu allen Punkten haben die Experten konkrete Handlungsempfehlungen in einem zehn Seiten umfassenden Strategiepapier zusammengefasst. Eine große Rolle spielt die bessere Vernetzung einzelner Sektoren. Unter anderem wird im Manifesto gefordert, den stärkeren Austausch zwischen Bildungsanbietern, Forschern und Innovatoren zu fördern und vorhandenes Wissen effizienter zu nutzen.
Während der Veranstaltung nutzte das Gastgeberland Niederlande die Gelegenheit, seine Stärken in der Bioökonomie zu präsentieren. Konferenzteilnehmer hatten die Möglichkeit, Unternehmen wie beispielsweise PaperFoam (bio-basierte Verpackungsmaterialien), Enza Zaden (Pflanzenzüchtung) oder Orgaworld (Weiterverwendung organischer Abfälle) kennenzulernen. Einblicke gab es auch in aktuelle Forschungsprojekte vor Ort an der Wageningen Universität. So erklärte Forscher Marinus van Krimpen beispielsweise, warum Algen und Insekten gute Alternativen in der Tiernahrung sein können.
Gerade am Standort Wageningen gibt es eine hohe Dichte an unterschiedlichen Forschungsaktivitäten mit Schwerpunkt Bioökonomie. Mitte April hatten Wissenschaftler um Christiaan Bolck über neuartige, umweltfreundliche Biomaterialien für den Einsatz als Bahnschwellen berichtet, die im Projekt MAGIC in Kooperation mit den Firmen Edilon, Sedra and Croda entwickelt werden. Hier geht es darum, ein gummiartiges Material auf der Basis von Biomasse-basierten Harzen zu finden, um Polymere auf Basis von Isocyanaten zu ersetzen.